Im Jahr nach dem Jahr Null geschah jedoch auch etwas anderes: Eine Gruppe der mutigsten Pimpfe unter dem Zwerggebirge beschloss loszuziehen, um zu sehen, wie es den Dorfbewohnern im Jahr Null ergangen war. Sie wollten gerne wissen, ob die Dörfer noch so aussahen, wie sie sie zurückgelassen hatten, oder ob sie womöglich doch von den Vorboten der Monsterhorden gefressen worden waren. Womit sie nicht gerechnet hatten, waren die riesigen Baustellen, die sie vorfanden. Die Schafsherden der Dorfbewohner standen in sicheren Gattern, in die die Wilden Tiere nicht mehr hinein kamen, und die ehemaligen Stockkämpfer waren eifrig damit beschäftigt, Mörtel anzurühren und Lehm zu Ziegelsteinen zu brennen. Das Dorf, das die neugierigen Höhlenbewohner betraten, war kaum wiederzuerkennen. Als die Höhlenbewohner die Dorfbewohner fragten, was sie denn da täten, bekamen sie zu ihrer großen Überraschung die Antwort, man sei gerade mit dem Großen Umbau beschäftigt. Den Dorfbewohnern zufolge hatten diese im Jahr Null eine neue Prophezeiung erhalten, die eine genaue Anleitung für den Großen Umbau enthielt. Sie zeigten den Höhlenbewohnern die Baupläne für Häuser mit Ziegeldächern und gepflasterte Straßen. Die Höhlenbewohner staunten über die Erfindungen, die die Dorfbewohner in nur einem einzigen Jahr gemacht hatten. In neu gebauten Steinhäusern rührten Heiler Kräutermixturen gegen etliche Krankheiten an, die in den Höhlen noch immer als unheilbar galten. Kinder erzählten lange Geschichten scheinbar auswendig, während sie auf Papierbögen starrten, die über und über mit seltsamen kleinen Bildern bedeckt waren. Die Höhlenbewohner erfuhren, dass diese Bilder Schrift genannt wurden, und dass der sagenumwobene Überbringer der Alten Prophezeiungen die Dorfbewohner die Schrift gelehrt hatte, als er ihnen die neue Prophezeiung brachte. Dann nahmen die Dorfbewohner ihre Gäste mit zu einer Baustelle, auf der eine ganz besondere Technik zum Einsatz kam – das Rad. Staunend betrachteten die Höhlenbewohner die Karren, auf denen Dorfbewohner ganz mühelos riesige Mengen an Steinen und ganze Säcke voll Sand und Kies durch die Gegend zogen. Das Rad gefiel ihnen so gut, dass sie den Rest des Tages freiwillig auf der Baustelle mitarbeiteten. Als der Abend kam, waren alle bester Laune. Der Erkundungstrupp verabschiedete sich, um rechtzeitig vor der Schlafenszeit in die Höhlen zurückzukehren und den anderen Pimpfen dort Bericht erstatten zu können. Die Dorfbewohner ließen allen schöne Grüße ausrichten, und die Anführerin des Dorfes kam persönlich vorbei, um den Erkundungstrupp zu verabschieden. Die Dorfbewohner hatten nun nämlich allen Ernstes eine Pimpfin als Anführerin. Die Höhlenbewohner waren entsetzt. Auf ihre Nachfrage, wie es denn zu so einer Anomalie gekommen sei, erklärten die Dorfbewohner nur, die Neue Prophezeiung sehe nun einmal die Gleichberechtigung der Geschlechter vor, und bisher habe man nur gute Erfahrungen damit gemacht. Nach diesem wenig erbaulichen Gespräch waren die Höhlenbewohner mehr als froh, erst einmal aus diesem seltsamen Dorf wegzukommen. All die neuen Erfindungen der Dorfbewohner mochten ja schön und gut sein – aber war so ein praktisches Rad oder ein wasserdichtes Dach es wirklich wert, dass man dafür die ehrwürdigen Traditionen der Pimpfgesellschaft über Bord warf? Verwirrt kehrten sie nach Hause zurück und erzählten ihren Mitpimpfen von ihren Abenteuern jenseits der Berge. Die Höhlenbewohner beratschlagten bis tief in die Nacht darüber, was man von diesen seltsamen Ereignissen zu halten habe. Letztendlich kam man zu dem Entschluss, dass die Dorfbewohner ein wenig exzentrisch, aber harmlos seien. Immerhin zeigten sie keinerlei Interesse daran, mit ihren fragwürdigen neuen Traditionen in die sicheren Höhlen des Zwerggebirges zu kommen. Man wunderte sich über ihre Ideen, insbesondere darüber, dass sie den Begriff des Großen Umbaus auf einmal für etwas verwendeten, das so gar nichts mit der ursprünglichen Bedeutung des Wortes zu tun hatte. Immerhin war der Himmel noch da, ebenso wie die Erde. Es gab noch Schafe und Gemüse und Vögel, die durch die Luft flatterten, und kein einziges Monster hatte sich blicken lassen. Ganz eindeutig war also nichts in der Art eines Großen Umbaus geschehen.