"Habt ihr eine Ahnung wo Yosha sein könnte?", fragt Conni, nachdem sie ihre Freundinnen darauf aufmerksam gemacht hat, dass das Auto wieder im Hof steht.
"Keine Ahnung. Vermutlich oben in seinem Zimmer oder bei den Pferden oder er ist mit dem Motorrad weg", zählt Dina auf.
"Also wenn er mit dem Motorrad weg wäre, hätten wir das mitbekommen.", meint Billi.
"Stimmt. Also bleiben nur noch sein Zimmer und die Pferde", fasst Conni zusammen.
"Ich wette er ist bei den Pferden", überlegt Anna.
"Lasst uns nachsehen! Ich bin sehr gespannt, ob und wenn ja, wen er mitgebracht hat."
"Aber bald gibt es Abendessen", wendet Dina ein.
"Das macht doch nichts. Wir gehen doch nur kurz zu den Pferden und schauen mal. Und wenn Yosha nicht dort ist, wird er wohl mit seinem Gast dort auftauchen."
"Falls er einen Gast hat", fällt Anna Conni ins Wort.
"Aber gut, lasst uns nachsehen", gibt sie nach.
Sie schlendern über den Hof in Richtung Weide. Und tatsächlich! Da sind zwei Gestalten, die gerade die Koppel betreten. Obwohl sie die Beiden nur von hinten sehen, erkennen sie in Einem von ihnen eindeutig Yosha. Den zweiten Mann kennen sie nicht.
"Das muss der mysteriöse Unbekannte sein", sagt Billi in einem so ernsten Tonfall, das sie ihre Freundinnen damit sofort zum Lachen bringt.
Die jungen Männer scheinen sie dennoch nicht zu bemerken.
Sie gehen Seite an Seite auf auf die Pferde zu.
Little Joe hebt den Kopf und trabt auf seinen Besitzer zu und noch ein anderes Pferd reagiert auf die Anwesenheit der Beiden.
Ein dunkles Pferd hebt den Kopf und spitzt die Ohren in die Richtung von Yosha und seinem Begleiter.
"So interessiert habe ich Arachi noch nie gesehen", meint Conni.
"Was meinst du damit?", fragt Billi.
"Nun, Arachi hat nie wirklich auf uns reagiert, wenn wir kamen. Selbst für Karotten kam er nicht zu uns und wirkte auch sonst eher in sich gekehrt, fast apathisch. Und jetzt, schau ihn dir an, geht er sogar interessiert auf einen Fremden zu. Das macht doch keinen Sinn."
"Stimmt. Das ist seltsam", meint Anna.
"Aber da gibt es sicher Gründe", ergänzt Dina.
Der Fremde geht nun auf Arachi zu und streicht ihm vorsichtig mit der Hand über den Kopf. Er sagt auch etwas zu dem Pferd, doch die Freundinnen sind zu weit entfernt um es hören zu können.
Die Männer stehen noch für einen kurzen Moment bei den Pferden, dann drehen sie sich um und kommen direkt auf die Mädchen zu, die am Koppelzaun lehnen.
"Ohoh! Das gibt Ärger", prophezeiht Anna.
"Na Mädels, was gibt es?", fragt Yosha lässig, während sein Begleiter die Mädchen skeptisch mustert.
"Nichts besonderes!", antwortet Conni viel zu schnell.
"Aha", Yosha glaubt ihnen nicht, das sieht man ihm an, doch er sagt nichts weiter.
"Möchtest du uns nicht vorstellen?", fragt Anna nun, um das Thema zu wechseln.
"Klar. Mädels, das ist Alex, ein Freund von mir. Alex, dass sind ein paar unserer Gäste. Anna, Billi, Conni und Dina. Sie haben, mit ihren Freunden, mir und Sina bei der Sache mit Xenia Struve geholfen und die Beweisbilder auf dem Hof der Tierquälerin gemacht."
Alex Gesicht hellt sich für einen Moment auf.
"Ah! Ich habe schon einiges von euch gehört", sagt er.
Conni nimmt sich jetzt die Zeit um sich Alex etwas genauer anzusehen. Er ist in etwa so groß wie Yosha und hat ebenso schwarze Haare, die aber im Gegensatz zu Yoshas glatt sind. Alexs Haut ist blass und damit deutlich heller, als Yoshas, der durch die viele Arbeit draußen braun gebrannt ist. Der gravierendste Unterschied zwischen den Beiden ist eindeutig die Farbe ihrer Augen. Während Yosha hellblaue Huskyaugen hat, sind Alexs Augen dunkelbraun.
In diesem Moment beginnt Billis Magen lautstark zu knurren.
"Wollen wir nicht reingehen und etwas Essen?", fragt sie.
"Ich habe nämlich Hunger!"
"Gute Idee! Lasst uns gehen!", sagt Yosha.
"Ist es okay für dich wenn wir mit den anderen Feriengästen essen oder willst du lieber erst später alleine etwas haben?", wendet er sich an Alex.
"Ist schon okay, lass uns mit den anderen essen. Ich brauche keine Sonderbehandlung. Außerdem habe ich ebenfalls Hunger."
Yosha lacht.
"Also gut! Gehen wir!"
Auch dieses Mal duftet es verführerisch aus der Küche.
Dennoch ist alles anders. Der Speiseraum ist viel voller als am Vortag.
Alle Gespräche verstummen, als sie zu sechst den Raum betreten. Vorallem Alex und Yosha werden von oben bis unten gemustert, als sie sich zu zweit an einen freien Tisch setzen.
Conni, Anna Billi und Dina gesellen sich zu einer kleinen Gruppe, bestehend aus zwei Mädchen. Es sind nicht die beiden modebewussten Mädchen von eben. Die sitzen nähmlich an einem anderen Tisch und checken die Jungs weiterhin ab.
"Auffälliger geht´s wohl nicht!", kommentiert das braunhaarige Mädchen am Tisch und deutet unauffällig auf die Mädchen, die sie bereits als Tussis bezeichnet hatte.
Während des Essens erfahren Conni und ihre Freundinnen, dass das braunhaarige Mädchen, an ihrem Tisch, Franziska heißt. Ihre dunkelblonde Freundin und Zimmerkameradin, Clara, ist deutlich zurückhaltender. Sie sagt wärend des gesammten Gesprächs nicht viel mehr als ein paar Sätze, was aber nicht wirklich auffällt, denn Franzi ist umso gesprächiger.
Von ihr erfahren sie auch, wie die beiden Tussis heißen, nähmlich Katharina und Andrea.
Dann entbrennt eine Diskusion über Pferde. Franzi und Clara sind sehr aufgeregt und gespannt, welches der vielen Reiterhofpferde sie für die Woche als Pflegepferd bekommen werden.
"Ihr habt es gut", sagt Clara, "ihr wisst schon welche Pferde ihr reiten dürft"
"Ja, aber bei unserem ersten Besuch hier war es ähnlich. Constanze, also Frau Mikesch wollte uns erst ein bisschen kennenlernen, bevor sie uns eines ihrer Pferde zugeteilt hat", erklärt Anna.
"Ich hoffe ja, dass ich diesen Arachi bekomme. Er sieht mit seinem Stern und der kleinen Schnippe total süß aus und ich denke, dass der auch richtig gut springen kann", sagt Franzi.
Aus dem Augenwinkel beobachtet Conni, wie Alex bei dem Wort Arachi, leicht zusammenzuckt und den Kopf in ihre Richtung dreht. In seinen Augen ist ein Ausdruck, den Conni nicht deuten kann. Irgendwas zwischen Erschrecken, Angst und Misstrauen.
Und wieder hat sie das Gefühl, dass hier irgendetwas ganz und gar nicht stimmt. Was haben sie übersehen?