Sezuna folgte nicht den anderen Frauen, die ausgewählt wurden, sondern lediglich der schwarzhaarigen Schönheit.
Diese führte sie einen Weg entlang, der einen guten Einblick in die Umgebung gestattete.
Sie befanden sich in einem Teil, der komplett vom Rest des Palastes abgetrennt war.
Hier gab es einen Innenhof, mehrere wunderbar, exquisite Räumlichkeiten und einen Bereich an dem sich die schönsten Frauen sammelten, die Sezuna je gesehen hatte.
Sezuna wagte es gar nicht diese anzusehen, doch die Erscheinungen, die fast schon Illusionen glichen, verführten selbst ihren Blick dazu sie anzusehen.
Die edle Frau, die in weißen Samt gekleidet war, lief jedoch grazil an ihnen vorbei, als wäre sie es bereits gewohnt.
„Wie ist dein Name?", erklang die melodische Stimme der Frau vor ihr, was Sezuna den Blick zu ihrem Hinterkopf heben ließ.
„Sezuna", erklärte sie leise und ein wenig heißer.
Der kalte Wind, der von draußen kam, als jemand eine Tür öffnete, streifte Sezunas nackte Haut. Man hatte ihr kein Kleid angeboten, daher lief sie noch immer nackt der Frau hinterher. Es gefiel ihr nicht und so senkte sie sofort wieder den Blick. Sie würde sich niemals daran gewöhnen, auch wenn es nicht das erste Mal war, dass sie gezwungen war so jemanden hinterher zu laufen.
Die Schwarzhaarige führte sie einen Gang entlang, ehe sie ein Zimmer öffnete.
Warmer Dampf stieg der Rothaarigen entgegen und sie hob vorsichtig den Blick.
„Gut, Sezuna. Das hier ist das Badehaus. Ich werde dich jetzt waschen und dir dabei erklären, was du tun musst. Präge es dir ein, ich werde es dir kein zweites Mal zeigen", erklärte die Frau mit ihrer melodischen Stimme.
Sezuna nickte mit gesenktem Blick und trat vorsichtig ein.
Der heiße Dampf schien fast schon auf ihrer gefrorenen Haut zu brennen.
Die schwarzhaarige Schönheit blieb am Eingang stehen und legte vorsichtig ihr Kleid ab, um es auf eine der Holzbänke zu legen.
Dabei konnte Sezuna nicht anders, als ab und an ihren Blick zu ihr schweifen zu lassen.
Seidig-weiche Rundungen, gekennzeichnet durch fast perfekte Kurven. Eine bildhübsche Puppe auf die bestimmt so manche Frau eifersüchtig war.
Elegant lief diese auf sie zu und deutete Sezuna sich auf einen Hocker zu setzen, während sie begann warmes Wasser in einen Eimer zu schöpfen.
Sezuna tat, wie ihr geheißen und spürte kurz darauf, wie ihr das fast schon heiße Wasser über die Schultern gegossen wurde.
Wahrscheinlich war es nur warm und nicht heiß, doch für Sezuna fühlte es sich auf ihrer kalten Haut kochend heiß an und sie schrie auf, ehe sie aufsprang, um sich vor den Schmerzen in Sicherheit zu bringen.
Die Frau musterte sie erschrocken, ehe sie Sezunas Haltung musterte und dann das dampfende Wasser.
„Das tut mir leid. Ich hatte vergessen... du musst dich vermutlich vorher aufwärmen", entschuldigte sich die Frau und stand auf, um Sezuna zu beschwichtigen. „Ich werde dir zuerst die Regeln erklären und danach werden wir dich reinigen. In Ordnung?", fragte sie nach und begann mit den Fingerspitzen in der Wanne herum zu plätschern.
Sezuna, die nun am Boden saß, nickte ruckartig und versuchte nicht mehr zu schreien, denn auch der Wasserdampf fühlte sich auf ihrer Haut wie kleine Nadeln an.
„Alle Frauen des Harems tragen unterschiedliche Halsbänder", erklärte die Schwarzhaarige, deren Namen Sezuna noch immer nicht kannte. „An ihnen erkennst du, welchen Rang wir inne haben", damit zeigte sie auf ihr eigenes Halsband, das Sezuna erst jetzt auffiel. Vorher war es unter dem weißen Kleid nicht zur Geltung gekommen, denn es war ebenfalls weiß. „Meines steht für die Favoritin. Ich habe hier das Sagen", erklärte sie freundlich, wenn auch bestimmt. Sezuna nickte. „Da du zu jung bist, um im Harem zu dienen, dienst du mir als meine Kammerzofe. Ich werde dir erklären, was du für mich tun wirst."
Mit diesen Worten begann sie ihre Haarklemmen zu lösen und sich selbst zu waschen. „Früh morgens wirst du mich wecken, noch vor Sonnenaufgang. Da ich die Favoritin bin, muss ich immer perfekt aussehen, sobald der Highlord nach mir ruft, oder er mich besuchen möchte", erklärte sie, ohne Sezuna anzusehen und griff sich einen Lappen, um ihre Haut zu schrubben. „Es wird deine Aufgabe sein mich herzurichten. Sowohl, für den Alltag, als auch für den Augenblick, wenn ich in die Gemächer des Highlords gerufen werde. Es ist mir mehr als wichtig gut auszusehen, wenn ich ihm gegenübertrete. Daher wird auch das deine höchste Priorität sein. Verstanden?", nun wandte sie den Blick direkt auf Sezuna und sah sie erwartungsvoll an.
Diese senkte den Kopf und nickte leicht. „Wie Ihr wünscht", sagte sie. Sie hatte es auf den Weg hier her mehrmals gehört und sie war sich sicher, dass es richtig war, so ehrfürchtig zu sein. Sie wollte nichts falsch machen.
„Zudem wirst du dich um meine morgendliche und abendliche Massage kümmern. Ich will, dass alle meine Kräuterkuren bereitstehen", sagte sie weiter und begann sich die Haare einzuseifen.
Der Geruch von Lavendel verbreitete sich im gesamten Raum. „Damit du auch nichts falsch machst, wird dich jemand in der Kunst der Massage und Kräutermixtur einweisen", erklärte die Frau weiter und Sezuna erwähnte nicht, dass sie sich mit Kräutern auskannte.
„Es ist dir nicht gestattet mit anderen zu sprechen, es sein denn, ich erlaube es dir", hier hielt sie kurz inne und kippte sich einen Eimer Wasser vorsichtig über den Kopf. „Nun zu den anderen Frauen im Harem. Die gelben Halsbänder stehen für die Dienstmädchen. Sie putzen und versorgen den Palast unter anderem, auch den Harem. Mit ihnen darfst du dich meinetwegen unterhalten, doch sei gewarnt. Viele von ihnen sind gewieft und scheuen vor nichts, um ihre Ziele zu erreichen. Die Grünen dienen zur Unterhaltung unseres Herrschers. Ob Tanz, Musik oder Gesang. Sie sind dafür verantwortlich ihn bei Laune zu halten, sollte ihm nach Abwechslung sein. Die blauen Halsbänder kennzeichnen die Schreiber und Gelehrten. Über diese musst du nicht viel wissen. Sie verbringen viel Zeit mit Studien und versuchen den Highlord durch Intelligenz von sich zu überzeugen. Die Roten sind meist die Tückischsten. Die wärmen das Bett des Herrschers und begehren meist mehr, als ihnen zusteht. Nimm dich vor ihnen in Acht. Sie werden es auf dich abgesehen haben, ebenso wie auch auf mich. Zum Schluss kommt das weiße Halsband, welches die Favoritin besitzt. Es existiert nur einmal im ganzen Harem und viele Frauen wollen es. Es steht für die potenzielle spätere Ehefrau, des Highlords. Je nachdem wer ihn am meisten Vergnügen schenkt und sein Herz für sich gewinnt", ihre Stimme schien immer verträumter zu werden, ebenso wie ihr Blick ins Leere ging. Während sie ihre Haare auswrang, umspielten die nassen Strähnen ihre perfekten Rundungen und ließ ihre Hand zu ihrem weißen Halsband gleiten, wobei sich ein Lächeln auf ihren zarten Lippen ausbreitete.
„Warum sollte man versuchen in sein Bett zu gelangen?", wollte Sezuna vorsichtig wissen. „Wir sind Gefangene und Sklaven. Ich verstehe das nicht", merkte sie an und blickte die Schwarzhaarige fragend an.
Diese schüttelte ein wenig belustigt den Kopf. „Je näher man dem Highlord steht, desto einflussreicher ist man. Trägt man sein Kind aus, erhält man sogar eine besondere Stellung. Doch Vampire sind nicht sonderlich fruchtbar und in den zwei Jahrzehnten ist noch kein Kind zur Welt gekommen", erklärte die Frau und wickelte sich sachte ein Handtuch um die Haare. „Aus diesem Grund ist der Titel der Favoritin auch so begehrt. Diese genießt das Privileg, die meiste Aufmerksamkeit des Highlords auf sich zu ziehen", seufzte sie und ging nun auf Sezuna zu, ohne jede Scheu ihren Körper anzupreisen, dem sie es vermutlich zu verdanken hatte, als die jetzige Favoritin bekannt zu sein.
Sezuna zuckte die Schultern. „Ich wäre viel lieber draußen in Freiheit, als hier. Auch wenn man hier eine Menge zu bekommen scheint, ist man doch ein Vogel in einem goldenen Käfig", sagte sie leise, doch die Schwarzhaarige schien sie zu ignorieren.
Stattdessen nahm sie sich ein Handtuch und begann sich sanft abzutupfen.
„Jetzt bist du an der Reihe und gut aufpassen."
Die Frau drückte Sezuna wieder auf den Hocker und begann ihr einzelne Schritte zu erklären und sie dabei an ihr vorzuführen.
Wie sie ihren Körper zu schrubben, ihre Haare zu waschen, ihren Körper abzuspülen und ihre Haare zu kämmen hatte. Jeder Schritt wurde von Erklärungen begleitet und einer detaillierten Beschreibung wieso es so sein musste.
Sezuna kam es beinahe so vor, als würde die Frau immer wieder bei jedem Thema zu dem Highlord abdriften und nur sagen, dass er es nun mal mochte und es deswegen so gemacht wurde.
Wenn Sezuna an den Highlord dachte, hatte sie immer das Bild eines dicken, verwöhnten Mannes vor Augen, der sich von allen bedienen lies und selbst nicht in der Lage war ein Schwert zu halten.
Wie konnte man nur so für jemanden schwärmen?
Schließlich wurde Sezuna erlöst, als die Schwarzhaarige ihr erklärte, wie sie richtig abzutrocknen hatte.
„Oh, Chiana ist das dein neuer Schützling?", erklang eine hohe und nicht sehr angenehme Stimme und Sezuna hob den Kopf.
Eine Frau mit wunderschöner Schokoladenhaut und dunklen Locken betrat das Bad. Ihre Haut war zwar seidig, aber nicht annähernd so wie Chianas. Dennoch trug sie ein rotes Halsband.
„Sie wird meine neue Kammerzofe sein. Als Favoritin, hat man so manche Vorteile", erklärte sie unnachgiebig und hielt dem Blick der Frau stand. Langsam stand sie auf und strich über Sezunas Arm, als Zeichen, dass sie aufstehen konnte. „Die Neuankömmlinge sollten bereits im Harem sein", fügte sie hinzu, da diese vermutlich dachte, dass Sezuna womöglich eine von den neuen Frauen war. Das war wohl auch der Grund, weshalb sie mit skeptischem Blick gemustert wurde, während die Frau sich ebenfalls entkleidete.
„Sie ist ein sehr schönes, junges Ding. Nicht so wie deine andere Zofe, die du hast hinrichten lassen, weil sie dich vergiften wollte. Angeblich", sagte die blonde Schönheit und Sezuna hatte das Gefühl ihr würde der Magen in die Zehen rutschen. Hinrichten? Was sollte das denn bedeuten?
„Komm", sagte Chiana sanft und schob Sezuna in Richtung Ausgang. „Hör nicht auf sie. Sie will sich nur aufspielen."
Auch wenn Sezuna am liebsten geflüchtet wäre, so ließ sie sich dennoch von der Frau namens Chiana leiten. Hoffentlich lief sie nicht gerade einem Raubtier hinterher.
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