Mantel
Der Winter stand bevor und Lena und Olli planten ihren Einkauf heute am Freitag. "Ja. Lena. Wieso weißt du sowas nicht im Winterschlussverkauf, dass du wieder einen neuen Mantel brauchst? Ich verstehe es nicht", jammerte Olli, der Stadtbummel hasste. Er wusste, dass seine Frau sich wieder schwer tat, welche Jacke es denn nun sein sollte. Im Schlussverkauf, war vieles runter gesetzt und oft gab es noch Prozente obendrauf. Doch bei solch speziellen Sachen, ahnte Lena im Jahr vorher noch nicht, dass ihr das entsprechende Kleidungsstück im nächstes Jahr entweder nicht gefiel, oder einfach nicht mehr passte.
"Och Olli. Jammer nicht. Außerdem haben wir da gestern Abend schon lang und breit diskutiert. Wir waren schon so lange nicht mehr shoppen. Du brauchst dich echt nicht zu beschweren." Was stimmte. Lena fuhr sogar oft selbst los oder machte es ganz einfach und bestellte im Internet. Aber diesmal wollte sie endlich nochmal in die Stadt.
Die Paulsens wohnten im Land der Maare und Vulkane und sie hatten zwei kleinere Kreisstädte zur Auswahl. Die nächst größeren waren Trier und Koblenz. Lena fuhr lieber nach Trier. Olli war es meistens egal. Heute sollte es dann nach Trier gehen. Nach einer längeren Diskussion am Abend zuvor, hatte sie sich durchgesetzt. Außerdem wollten sie danach chinesisch essen fahren. Olli liebte chinesisches Essen. Doch er jammerte gerne mal theatralisch rum.
"Ja. Du hast ja recht. Aber das schlimmste ist echt die Wartezeit, bis du dann wieder soweit bist. Wo willst du denn gucken?"
"Fangen wir bei C & A an, vielleicht habe ich da schon Glück."
"Na gut."
"Übrigens, Olli. Du könntest wieder mal ein paar Hemden ausmisten." Olli verdrehte die Augen. Wenn er selbst auch noch was aussuchen musste, war es doppelt so schlimm. Aber er vertraute da ganz auf Lena. Die fand immer etwas für ihn.
"Du machst das schon", meinte er deshalb nur und zwinkerte ihr zu. Lena quittierte die Aussage mit einem Lächeln.
"Na, komm. Lass uns fahren. Wir haben 8 Uhr, die meistens Geschäfte, öffnen in einer Stunde, da kommen wir hoffentlich gut durch und für einen Freitag sollten wir gute Chancen haben."
Lena sollte recht behalten. Sie kamen wirklich gut über die Autobahn. Und im Parkhaus das bei C & A war, bekamen sie schnell einen Parkplatz. Hand in Hand schlenderten sie ins Kaufhaus. Sie mussten in die zweite Etage.
Lena steuerte sofort in die Ecke mit den ganzen Jacken und Wintermanteln. Einer stich ihr direkt ins Auge. Ihr aktueller, eine gefütterte Steppjacke, lang, war ihr etwas zu eng, weshalb sie den Reißverschluss offen gelassen hatte. Daher wurde es dringend Zeit für einen neuen. Sie zog die weiße, dick gefütterte Jacke heraus und probierte sie an.
"Hm."
"Du Lena. Da ist nicht viel Unterschied, zu deiner jetzigen", bemerkte Olli.
"Es muss ja nicht unbedingt was ganz anderes sein. Sie muss einfach nur passen. Meine ist mir zu eng. Aber diese hier", sie zog den Reißverschluss zu und drehte sich zu dem Spiegel um, der rechts vor der Rolltreppe war, "sitzt ganz gut."
"Ganz gut, oder Passt?", Olli rollte mit den Augen. Das war es, was er so hasste.
"Könnte vielleicht ein bisschen größer sein." Motiviert und voller Hoffnung, dieselbe Jacke nochmal in dem Ständer zu finden, lächelte Olli. Er fand sie tatsächlich noch in Größe 44. "Hier."
"Oh. Danke." Olli wollte es wirklich schnell hinter sich haben. Lena zog die Jacke wieder aus und die, die Olli ihr reichte, wieder an. "Joar. Die Passt." Olli atmete erleichtert aus. "Steht dir auch gut."
"Danke. Aber Olli. Ich würde gerne noch weiter gucken. Ich glaube hier ist sonst nichts. Ich könnte mir die Jacke zurücklegen lassen." Ollis noch zufriedenes Lächeln fiel in sich zusammen.
"Och nö. Oder? Und ich habe mich schon gefreut."
"Olli. Lass uns noch bei S-Oliver in der Trier Galerie schauen. Aber erst zur Kasse und diese Jacke reservieren. Es war kein Problem, die Jacke für zwei Stunden reservieren zu lassen. Wenn sie bis dahin nicht wieder da waren, würde sie jedoch wieder zum Weiterverkauf zur Verfügung stehen.
Sie schlenderten die paar Meter zur Galerie, wo in direkter Nähe auch ein S-Oliver Store war. Lena schaute weiter. Sie probierte eine schwarze, Jacke, eine braune, alle in 44. Ja, die passten sogar, doch irgendwie war nicht das Richtige dabei.
"Und?", fragte Olli, dessen Motivation wieder weg war. Er hatte sich auf den Hocker bei den Umkleidekabinen gesetzt und spielte an seinem Smartphone. "Ich will wenigstens noch kurz durch die Galerie." Olli seufzte. Ihm blieb heute nichts erspart.
Auch in der Galerie probierte Lena die verschiedensten Jacken. Bei einer, die rose war, verspürte Olli neue Hoffnung. Lena drehte sich und beobachte sich im Spiegel. Sie schüttelte den Kopf.
"Nein. Olli, ich glaube, ich will doch die Jacke von C & A."
"Ganz sicher? Eine gute Stunde ist sowieso schon wieder um. Dann sollten wir los."
"Ja. Komm." Zusammen gingen sie wieder zurück. Draußen war es zwar kalt, aber für Mitte November nicht zu kalt. Wieder in C & A holten sie reservierte Jacke ab. Olli hoffte, dass Lena über ihre Freude, eine Jacke gefunden zu haben, nicht mehr an die Hemden dachte, die er noch bekommen sollte, doch nix da.
"So, Olli. Dann schauen wir jetzt noch nach deinen Hemden." Lena grinste, als sie sein Gesicht sah. "Olli, du bist süß. Ich komme mir gerade vor, wie ein altes Ehepärchen. Wie siehst du das?" Lena lachte und Olli stimmte mit ein.
"Ich habe das wohl von meinem Vater. Meine Mutter schimpft auch immer, dass sie mit ihm keine Ruhe beim Einkaufen hat und es immer schwierig ist, auch für ihn was zu finden." Grinsend marschierte Lena voran und zog Olli an der Hand mit sich.
"Und ich komm mir vor, wie ein kleines Kind", platzte es aus ihm heraus. Verwundert sah Lena ihn an.
"Wieso das denn?"
"Na, weil du mich hier durch den Laden schleifst, als sei ich ein kleiner Junge." Nun prusteten sie beide los und Lena lies Ollis Hand los.
"Entschuldige", sie lachte auf. Ja. So seid ihr Männer eben. Aber guck mal", sie waren in der richtigen Abteilung angekommen und Lena steuerte auf die Hemden zu. "Hier. 5 Euro. Das reicht als Arbeitshemd." Ein schickes, grün, kariertes Hemd hing am Ständer. Olli drehte den Bügel ein paarmal und zog noch ein blau, weiß kariertes Hemd heraus. Für 7 €. Das war wirklich günstig und wenn es ein paar Jahre hielt, war doch alles in Ordnung. Letztendlich hatte Olli drei Hemden und Lena fand noch zwei günstige Oberteile.
"Mein Schatz du bist gleich erlöst. Wir müssen uns jetzt nur noch in die lange Schlange von der Kasse stellen und alles bezahlen. Dann fahren wir zum Chinesen."
Olli warf einen Blick auf seine Uhr. Kurz vor 12. "Hoffentlich ist da nicht die Hölle los."
"Hast du heute noch was vor?", fragte Lena und grinste ihn verschmitzt an.
"Nee, ich habe alle Zeit der Welt", meinte Olli und gab seiner Freundin in der Schlange der Kasse einen Kuss. "War doch alles halb so wild." Lena verdrehte die Augen. Typisch Mann. Dachte sie und freute sich über ihre Schnäppchen. Ihr knurrte allmählich der Magen und auch sie freute sich auf den Chinesen.
(c) Sonne79
23.02.2020