Der Himmel über Illutia war verdunkelt, etwas schien auf sie zuzukommen. Finn blickte beunruhigt zu den sich über ihnen strudelnden Wolken auf.
Der kleine Wald vor den Gärten des alten Tempels wippte und tanzte in dem immer stärker werdenden Wind und machte dabei knarrende Geräusche.
Finn schloss das Tor des Tempels wieder und wandte sich seiner Ziehmutter zu. Ladira schien ebenfalls beunruhigt zu sein, sie hatte ihren besorgen Blick aufgesetzt.
„Ich habe keine Ahnung was hier vorgeht.“, beantwortete sie Finns unausgesprochene Frage, „Aber den Verdacht das es mit dem Auftauchen von Hannibal Cash zu tun hat.“
Finn musste ihr Recht geben, seit Hannibal Cash hier ohne Vorwarnung und tief schlafend aufgetaucht war stürmte es.
Und sie schienen, egal wo sie ihn hinbrachten, der Mittelpunkt des Sturms zu sein.
„Ich gebe ihm keinesfalls die Schuld, ich weiß es war falsch wie ich ihn behandelte...“, sprach Ladira weiter, „Aber das kann wohl kaum ein Zufall sein.“
Finn musste ihr Recht geben: „Ich wollte dir nichts unterstellen, tut mir leid falls ich den Anschein erweckt habe. Sag, wie geht es Celles?“
Finn versuchte das Thema zu wechseln, was auch Ladira gerade recht war.
„Sie benimmt sich seltsam, wirkt, als würde sie etwas verbergen, dass ihr zu schaffen macht. Vielleicht redest du einmal mit ihr, Finn!“, schlug Ladira vor, „Immerhin weißt du, wie es sich anfühlt ein Monster in dir zu tragen.“
Finn nickte, er war der eigentliche Träger des Nachtschattes gewesen. Und er hatte sich nicht immer nicht vollständig davon erholt das Suma und Treplew ihm den Nachtschatten aus dem Körper gerissen hatten. Darum unternahm er keinen Versuch ihn aus Celles Körper zu extrahieren, zumal er nicht vollständig war. Mindestens die Hälfte der dunklen Energie steckte in Silas, welcher verschwunden war.
"Der Nachtschatten kann ein ziemliches Ekel sein, ich werde mit ihr reden!", meinte Finn dann und winkte Ladira zum Abschied. Sie würde in den Wald der 1000 Gefahren zurückkehren und sich ihrem gewohnten Tagesablauf widmen.
Plötzlich durchbrach ein grelles Licht die Wolkendecke und schoss auf den Platz vor dem Tempel zu.
Die Erde bebte bei seinem Aufprall.
"Was war das?", fragte Ladira beunruhigt.
"Ich wünschte ich wüsste es.", Finn schnellte aus dem Tempel darauf zu.
Aus dem Rauch um den kleinen Krater, der sich gebildet hatte, stieg eine große Gestalt empor. Eine weißes Kleid verhüllte den Körper der Frau, eine Krone, welche durch eine goldene Engelsmaske das Gesicht verbarg, leuchtete auf dem Haupt der Kreatur. Aus den Schlitzen für die Augen kam grelles Licht und langsam breitete die Gestalt die Flügel aus.
"Ein Engel", Ladira klang wenig begeistert, "warum schickt man ihn wohl zu uns!"
Allister und Celles kamen nun ebenfalls hinzu, knapp gefolgt von Ation.
"Das ist nicht einfach nur ein Engel!", erklärte Ation, der für die Bewachung des Tempels eingeteilt war, überrascht, "Das ist die himmlische Inquisition!"
Celles fixierte das Wesen mit ihren neuerdings grauen Augen: "Was auch immer eine Inquisition ist, es klingt nach nichts gutem!"
"Hüterin, und die Kinder des Lichts, Allister und Ation", sprach das Wesen dann mit glockenheller, gütig klingende Stimme, "Ich bin gekommen, um den Erben des schwarzen Throns seiner gerechten Strafe zuzuführen. Wer ist es, und wo kann ich ihn finden?"
In Celles Kopf ratterte es, sie wusste, wen der Engel suchte. Ations Blick verriet ihr, dass es sich um ein mächtiges Wesen handelte, welches in der Lage war, einige von ihnen zu töten. Finns Blick sprach Bände, er war immer noch geschwächt, darum konnte er den Nachtschatten nicht wieder aufnehmen. Ladira schien abzuwägen, ob sie den Kampf gegen das Wesen gewinnen konnte. Aber Celles würde das nicht zulassen.
"Ich bin der Erbe des schwarzen Throns!", rief sie dann aus, "Du suchst nach mir!"
Das Wesen schien mit der Antwort nicht zufrieden sein: "Nur ein Mann..."
Celles hob die Arme und aus dem Nichts, aus einer dunklen Ecke, sprangen die löwenähnlichen Bestien, die der Dunkle immer beschworen hatte.
Mit Leichtigkeit wehrte der Engel der Inquisition den Angriff ab, Celles Augen erstrahlten wieder in den Farben ihres Vaters, was auch Ladira nicht verborgen blieb.
"Exsilium!", Ation stach sein Schwert neben Celles in den Boden, woraufhin dieser in einem großen Radius golden glänzte.
"Was für ein netter Zaubertrick", hallte die Stimme des Nachtschattens durch Celles Kopf, "Aber die Inquisition wird zurückkehren, und ich habe keine Lust in deinem toten Körper festzusitzen."
"Warum habe ich nur den sprechenden Part von diesem Ding abbekommen!", fluchte Celles, "Aber wenn du versprichst die Klappe zu halten, dann verspreche ich am Leben zu bleiben!"
Die Blicke der anderen sprachen Bände, Celles war bewusst, dass es nicht gut wirkte, wenn man mit sich selbst sprach.
Finn hatte das nie getan, wahrscheinlich hatte die lästige Titanenseele ihn in Ruhe gelassen.
Oder er war nicht so impulsiv wie sie.
Delina schien zwar von der Inquisition nichts mitbekommen zu haben, trotzdem wirkte ihr Blick verzweifelt.
"Finn, sag mir bitte das du schon...", begann sie, aber Finn deutete ihr zu schweigen. Er schien angestrengt zu grübeln.
"Das hast du wieder toll gemacht, Celles!", fuhr er seine Halbschwester dann an, "Du musstest dich gleich mit dem erstbesten himmlischen Wesen anlegen, bravo! Wir wissen immer noch nicht warum die hohen Himmel sich aktuell so stark einmischen. Warum Erzengel sterben und all dieses verrückte Zeug passiert."
Celles winkte ab: "Ich kann auf eine Reise gehen, sie werden mich nicht finden, aber mich jagen. Ihr habt also genug Zeit euch um Cash zu kümmern und euch etwas zu überlegen!"
Delina sah fragend in die besorgten Gesichter: "Was ist bitte passiert?"
Finn antwortete ihr und berichtete die Kurzfassung: "Die himmlische Inquisition denkt dank Celles jetzt das sie der Erbe des schwarzen Throns ist, Ation konnte sie kurzfristig verbannen und jetzt sitzen wir in der Patsche!"
Delina schüttelte den Kopf: "Das muss nicht sein!"
Ladira und Ation wendeten sich ihr nun auch interessiert zu, während Allister sie kritisch beäugte.
"Ich kann alles verbergen, in meiner Nähe werden sie Celles nicht so schnell finden!", erklärte Delina und grinste.
Ihre Fähigkeiten schienen endlich gebraucht zu werden.
"Ich kann die Engel von ihr fernhalten, falls sie uns doch finden!", schlug Ation vor.
"Oder ich gehe einfach alleine irgendwo hin?", schlug Celles mit gespielter Begeisterung vor.
Mit der seit Church verschwunden war leicht depressiv verstimmten Delina und dem heiligen Ation würde sie bestimmt nirgends hingehen.
"Täusche dich da nicht, Celles Dunkler!", der Nachtschatten schien belustigt zu sein, "Sie werden dich um jeden Preis beschützen wollen!"
Celles wusste das der Nachtschatten Recht hatte.
Die nächste Zeit würde keinesfalls einfach werden.