»Aufstehen, Dornröschen, die Sonne scheint!«, drang eine tiefe Stimme in Garretts Bewusstsein und er streckte sich.
»Ist es schon 7?«, murmelte er schlaftrunken und Dionysos lachte.
»Schon Viertel nach. Auf, auf, deine Mutter wird durch die Tablette nicht mehr lange schlafen und dann solltest du zuhause sein.«
Garrett erhob sich aus der nestartigen Kuhle, die er in der Matratze hinterlassen hatte und streckte sich ausgiebig. Bis sein Rücken knackte.
»Dieses Episodenschlafen ist nichts für mich. Ich brauche mindestens 7 Stunden am Stück.«
Dionysos schmunzelte.
»Du hattest 7 Stunden... nur mit Unterbrechung.«
Garrett glättete sich die Haare und nahm dankend den Kakao entgegen, den der Vampir ihm hinhielt.
»Hast du was erreicht?«, murmelte er zwischen zwei Schlucken und deutete auf das Handy.
»Bleibt abzuwarten.«
»Und was, wenn nicht?«, flüsterte Garrett mit belegter Stimme.
»Dann verlassen wir die Stadt und du fängst mit deiner Mum irgendwo neu an, bis hier alles wieder im Lot ist. Wolltest du nächstes Jahr nicht eh auf die Uni nach London? Erzähl‘ mir nicht, du willst hier bleiben. So ohne Freunde und alles...«
Garrett setzte sich auf einen Stuhl und sein Schoß wurde sofort von Nikodemus in Beschlag genommen.
»Keine Ahnung. Aber hier ist mein Wald, verstehst du? Mir gefällt der Gedanke nicht, wegzugehen und verbrannte Erde zu hinterlassen. Damit würden wir alle hier, die ich kenne, seit ich laufen kann, im Stich lassen.«
Er leerte seine Tasse.
»Und ich bin nicht wie du. Ich kann mich nicht darüber freuen, wenn Leute von diesen Ungeheuern zerfetzt werden – auch nicht, wenn es sich dabei um einen Kyle Hastings oder einen Stephen Boyd handelt, die mir seit 5 Jahren das Leben zur Hölle machen.«
Dionysos lächelte und fuhr Garrett im Vorübergehen mit den Fingern durch die Haare.
»Und weil du so denkst, hol‘ ich uns die Stadt zurück. Es wird sicher nicht opferlos vonstatten gehen, aber sie wird am Ende wieder mir – und damit dir – gehören.«
Wenige Minuten später stapften die beiden durch den Wald, zurück zu Garretts Elternhaus. Dionysos trieb ihn zur Eile an, sagte, Garretts Mum wäre soeben aufgewacht.
»Mit einem Brummschädel wie ein Seemann«, kicherte der Vampir, warf sich den Jungen auf den Rücken und erklomm mit einem Satz die Hauswand, um Garretts Fenster hochzuschieben. Er schob ihn hinein und sich hinterher.
»Schnell, Pulli und Schuhe aus, rein ins Bett, sie ist schon an der Treppe«, zischte Dionysos.
Garrett riss das Sweatshirt runter, was immer noch komisch nach Ghoul roch und strampelte sich die Schuhe ab. Er deckte sich zu und der Vampir hatte sich gerade unter das Bett gerollt, als die Tür leise aufging.
»Guten Morgen, Schatz. Möchtest du mit mir frühstücken?«
Garrett tat so, als wäre er erst durch das Türenöffnen wach geworden. Nicht unüblich, diese Zeit. Normalerweise verließ er gegen Viertel vor 8 das Haus, um zur Schule zu radeln. Wenn er spät dran war.
Aber es war Donnerstag und er galt in der Schule als krank.
»Ja«, murmelte er deswegen. »Machst du Pfannkuchen?«
Seine Mutter nickte mit einem Lächeln und ihre Fürsorglichkeit kam Garrett komisch vor. Sie schloss die Tür und Dionysos guckte unter dem Bett hervor.
»So mütterlich ist sie sonst nie zu mir. Sie sagt nie Schatz...«, murmelte der Junge und Dionysos kam wieder aus seinem Versteck.
»Der Tod eines Menschen, den man gut kannte, macht den Leuten bewusst, wie vergänglich sie sind und löst in ihnen den Wunsch aus, ihre Liebsten um sich zu haben. Das Verhalten deiner Mum ist ganz normal.«
Garrett nickte nachdenklich, während er ein frisches T-Shirt aus dem Schrank zog. Sich bewusst, dass er nicht allein im Zimmer war, zog er das alte, nach Ghoulen und Angstschweiß müffelnde Shirt aus. Er hatte das neue gerade über den Kopf gezogen, als er die kühle Hand des Vampirs auf seiner Haut spürte. Diese Stelle kribbelte.
»Woher hast du diese Narbe hier?«, fragte dieser leise und rau.
»Da hat mich Kyle die Treppe runtergeschubst und ich hatte eine Platzwunde.«
»Und diese hier?«
»Ein... ein Stein...« Garrett wurde durch die sanften Fingerspitzen immer nervöser.
»Ich hätte den Bengel wohl in der Nacht schon aufhängen sollen, als er sein bereits am Boden liegendes Opfer noch weiter mit Füßen trat«, knurrte Dionysos und Garrett zog sich richtig an.
»Du weißt noch nicht mal die Hälfte von allem«, sagte er leichthin, doch Dionysos‘ Augen leuchteten bedrohlich auf.
»Erzähl‘ es mir!« Er hob die Nase und seufzte. »Nach dem Frühstück, ich rieche Pfannkuchen. Nach dem Erlebnis gestern wird sie sicher daheim bleiben. Überzeug‘ sie von dem Urlaub, dass sie wegfahren soll. Los, ab. Ich mache solange ein Nickerchen.«
Der Vampir schob Garrett mit sanftem Druck aus dem Zimmer und stieg anschließend in dessen Bett. Nach dieser Nacht brauchte selbst jemand wie er mal eine Stunde Schlaf.
Der Junge grinste und schloß vorsorglich die Tür hinter sich zu, damit seine Mutter den wildfremden Mann in seinem Bett nicht zufällig entdeckte.
Allein der Gedanke „Mann in seinem Bett“ brachte Garretts Wangen zum Glühen.
»Na, hast du gut geschlafen?« Mrs. Pinkerton saß am Küchentisch und rauchte.
»Episodenhaft«, erwiderte Garrett und das war nicht mal gelogen.
»Ich viel zu gut. Ich sollte Schlaftabletten in Zukunft lieber mit Wasser einnehmen statt mit Bourbon.«
»Besser wäre es. Alkohol und Tabletten, Mum. Keine gute Mischung.«
»Fühlst du dich denn wieder gesund? Schau mich mal an. Na, du hast immer noch so ein fiebrig-rotes Gesicht. Heute und morgen bleibst du noch zuhause, dann wird das schon wieder.«
Garrett nahm sich einen Pfannkuchen und begann zu essen.
»Was ist mit dir, Mum? Bleibst du heut‘ zuhause?«
Die Frau nickte und steckte sich eine neue Zigarette an.
»Dort ist alles abgesperrt. Gestern war bereits alles dicht und heute wird es nicht anders sein, wenn die Constables und die Tatortreiniger dort sind. Und dann zerreißen sich alle das Maul... niemand kannte Chester wirklich, aber alle sind sie plötzlich Experten.«
»Außer dir? Du kanntest ihn.«
»Ich kannte ihn doch schon, als ich noch ein Kind war. Er war ein Freund von Grandpa Regi, du weißt schon, vor dem du immer ein bisschen Angst hattest.«
Garrett nickte.
Regi oder Reginald war sein Urgroßvater mütterlicherseits, doch er starb, als Garrett 5 war, deswegen war die Erinnerung nicht sehr ausgeprägt. Doch der Mann erschien ihm schon damals fies und grimmig.
»Ich hab gute Erinnerungen an Chester und ich hab 15 Jahre lang fast jede Mittagspause mit ihm verbracht. Er ist ein Verlust, wirklich. Ich kann kaum klar denken. Wer immer das war, könnte noch immer in der Stadt sein. Was, wenn das nochmal passiert? Es ist zum Verrücktwerden.«
Garrett nahm einen Schluck seines Tees und dachte flüchtig, dass ihm eine Tasse von Dionysos‘ Kakao jetzt besser schmecken würde.
»Nimm dir doch einfach zwei Wochen frei. Das wolltest du doch eh. Und dann fahr Tante Imogen in Brighton besuchen, das versprichst du ihr seit einem Jahr.«
»Und dich hier allein lassen?« Mrs. Pinkerton klang sehr skeptisch.
»Mum! Ich bin 18, ich habe keine Freunde, mit denen ich das Haus zerlegen könnte und ich kann kochen, werde also nicht verhungern. Lass mir 80 Pfund da und du wirst sehen, dass ich noch lebe, wenn du wiederkommst.«
Seine Mutter paffte wortlos eine halbe Zigarette, bevor sie wieder sprach.
»Aber hier läuft ein Irrer rum...«
»Das glaube ich nicht. Entweder ist der längst über alle Berge oder er hatte nur mit Chester ein Hühnchen zu rupfen. Meinst du nicht, das hatte etwas... Persönliches?«
Mrs. Pinkerton nickte langsam. »Möglich. Und Urlaub klingt gut. Brighton auch... Ich werde Wiggins nachher mal anrufen und dann Imogen. Aber vorher lege ich mich noch etwas hin. Ich habe ziemliche Kopfschmerzen. Räumst du die Teller ab, wenn du fertig bist?«
Garrett nickte und aß seinen Pfannkuchen auf. Ob Dionysos sowas wohl essen konnte? Denn er musste sicher Hunger haben.
Der Junge legte die letzten drei Pfannkuchen auf seinen Teller, stellte das restliche Geschirr in den Spüler und legte eine saubere Gabel zu dem Essen. Zusammen mit dem Marmeladenglas trug er alles nach oben und öffnete leise die Tür.
Der Vampir lag ohne seine schweren Schuhe auf dem Bett, halb zugedeckt. Der Mantel lag auf dem Sessel. Dionysos‘ Gesicht war in dem Kissen vergraben, der Mund leicht geöffnet, seine linke Hand lag mit der Handinnenfläche nach oben da, ein Zeichen für Sicherheit und Vertrauen. Die rechte Hand hatte sich leicht in dem Kissen verkrallt. Das ganze Zimmer hatte den einzigartigen Geruch angenommen, den er Vampir ausstrahlte.
Er roch nicht wie Garrett hauptsächlich nach dem Weichspüler seiner Klamotten. Sein ganzer Körper roch anders und seine Kleidung duftete nach Seife und Vampir.
Garrett stellte das Essen auf den Nachttisch und beobachtete den schlafenden Mann eine Weile. Wovon er, der schon alles erlebt haben musste, wohl träumte?
Denn er träumte ganz offensichtlich. Seine Augen bewegten sich unter den geschlossenen Lidern und er seufzte hin und wieder, wie Babies es taten.
Garrett zog seine Kamera an sich ran und klickte gedankenverloren durch seine Fotos, als ihm die Idee kam, den schlafenden Vampir zu fotografieren.
Doch er kam nicht weit. Schon als er sie ansetzte, hörte er das leise Knurren.
»Untersteh‘ dich, Pinkerton, einen schlafenden Mann zu fotografieren«, raunte Dionysos durch den Stoff des Kissens und öffnete ein Auge.
Garrett ließ die Hände mit der Kamera sinken und zog eine Schnute.
»Schade, das wäre ein Meisterwerk geworden. Das Licht ist perfekt.« Er grinste und stellte die teure Kamera ins Regal zurück. Dionysos drehte sich auf den Rücken und lächelte beim Anblick der Sterne an der Decke.
»Du hast ein gutes Auge für solche Dinge. Aus dir wird mal ein richtiger Fotograf.«
»Bin ich jetzt ein Frosch?«
Dionysos lachte. »Du weißt schon, was ich meine.« Er hielt die Nase in die Luft.
»Rieche ich hier Pfannkuchen und Pflaumenmarmelade?«
Garrett nickte und zeigte auf das kleine Tablett.
»Ich wusste nicht, ob... Vampire nur Blut und Fleisch zu sich nehmen...«
Dionysos sah ihn überrascht an. »Das ist für mich?«
Garrett nickte wieder. »Ich hatte meine schon, also... wenn du willst, bedien‘ dich bitte.«
Der Vampir ließ sich nicht zweimal bitten und vertilgte die noch heißen Pfannkuchen mit Genuß. Garrett musste grinsen.
Wie normal er aussah, wenn er aß und sich Marmeladenreste von Lippen und Fingern leckte.
»Ich dachte, Vampire sind reine Bluttrinker«, murmelte der Junge und warf einen Blick auf das Essay, was er einen Tag zuvor zu dem Thema abgefasst hatte und was nun zusammen mit Büchern und Notizen auf einem Stapel am Boden lag. Die Informationen darin waren also falsch!
Dionysos unterdrückte ein Aufstoßen und schüttelte dann den Kopf.
»Blut und Protein sind überlebenswichtig. Aber natürlich sind auch Vampire Genießer, die gern mal etwas anderes essen. Solange es schmeckt und sattmacht.«
Er stellte auf dem Tablett alles ordentlich zusammen.
»Aber an sich hast du natürlich Recht. Hauptnahrung ist Blut und Fleisch, roh oder zubereitet.«
Garrett hockte in dem Sessel, hatte die Beine hochgezogen und betrachtete den Mann, der sich auf dem Bett wieder zurückgelehnt hatte.
Henry St. John, den Fischerssohn aus Irland. Einst ein liebender, großer Bruder, zu einer der schlimmsten blutsaugenden Killermaschinen des Mittelalters aufgestiegen.
»Sag mal, Henry...« Dionysos knurrte unwillig. »... warum „Dionysos“? Warum hast du dir ausgerechnet diesen Namen gegeben?«
Der Vampir blickte an die Decke und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
»Das war ich nicht. Also nicht als erstes. Im Kloster gab es nur einen Mann, dem Lachlan und ich vertrauen konnten und den wir mochten, ja, liebten wie einen Großvater. Sein Name war William, er war der Herbalist. Betreute den Kräuterkarten und mischte Arzneien. Bei ihm verbrachten wir viel unserer knappen freien Zeit. Er war es, der mich mit Dionysos verglich. Weil ich immer dafür sorgte, dass Lachlan glücklich war. Wie Dionysos es für seine Anhänger tat. Er sagte mir damals nicht viel mehr als das und aufgrund des Namens konnte ich nur vermuten, dass es kein irischer Heiliger war. Ich wusste nichts über fremde Mythologien und man sprach im Kloster nicht über “andere Götter“. Erst zwei oder drei Jahre später, als ich lesen konnte und mein Latein gut genug war, las ich über die griechische Mythologie und erfuhr, mit wem William mich seinerzeit verglichen hatte. Lachlan konnte ich es da schon nicht mehr erzählen und ich fand immer, zu ihm hätte der kleine, pausbäckige Gott mit den blonden Haaren viel besser gepasst.«
Garrett nickte leicht.
»Ok, aber warum der Name des Gottes, der den Menschen Freude und Kunst brachte, währenddessen du alles in Flammen und Blut hast aufgehen lassen?«
»Mir ging es um die Ironie darin. Dionysos gilt als Freudenbringer, ich tat das Gegenteil. Dass ich unter diesem Namen all die Menschen Lügen strafte, die von sich behaupteten, besonders fromm zu sein. Die Legenden über brennende Klöster sind beinahe alle wahr. Mir wurde auch allerhand angehängt, doch wann immer ein Kloster brannte, dessen Obrigkeit die Landbevölkerung terrorisierte, ihnen das letzte abpresste oder absurde Schauprozesse abhielt, um Demonstranten abzuschrecken, dann ging das auf meine Kappe. Ich konnte Scheinheiligkeit und falsche Frömmigkeit noch nie ertragen. Die Mönche und Pfaffen predigten Bescheidenheit, während in ihren Hallen der Messwein gesoffen wurde. Die fraßen sich fett an den Lebensmitteln, die sie den Bauern abpressten und bezeichneten die verrotteten Reste, die sie den Menschen zukommen ließen, als “milde Gaben“. Sicher waren nicht alle Klöster so. Ebenso habe ich auch nie ein Nonnenkloster angegriffen. Was hätten mir brennende Weiberröcke gebracht. Obwohl es auch da genügend Gründe für gegeben hätte.«
Dionysos schnaubte und eine zornige Röte hatte sich bei den Erinnerungen auf sein Gesicht gelegt.
»Ich dachte immer, ein Kloster war ein sicherer Hafen in einer stürmischen Zeit, ein Ort des Friedens und der Gelehrsamkeit...?!« Garretts Stimme klang enttäuscht, als hätte er eine liebgewonnene Illusion verloren.
»Das waren sie. Zumindest nach außen. Aber im Inneren ging es um Intrigen, Machtspielchen, Status und verbotene Gelüste. Wann immer mal jemand dahinter kam, wurde ein Sündenbock bestimmt, hingerichtet und der „erhabene Friede“ war wieder hergestellt. Wobei hinter den Mauern weiter gesündigt und herumgehurt wurde.«
Dionysos schwieg einige Minuten.
»Ah und von wegen sicher: Sicher war ein Kloster meist nur dann, wenn du Geld oder Reichtümer oder einen adligen Namen mitbrachtest. Denn Klöster waren im Mittelalter den Adligen vorbehalten. Dass Lachlan und ich damals in einem aufgenommen wurden, war nur dem Umstand geschuldet, dass mein Vater uns als billige Arbeitskräfte hergeschenkt hatte. Er meinte es sicher gut, aber genauso gut hätte er uns in die Hölle stoßen können.«
Beide verfielen in Schweigen. Dionysos schloss die Augen, während Garrett versuchte, sich eine andere, in vielen Dingen leichtere, aber andererseits auch viel schwerere Zeit vorzustellen. In der man zu Fuß oder zu Pferd seine Wege bestritt, wo man sein Essen mühsam anbaute und Mehl selbst mahlen musste. Und wo es einem Fest gleichkam, wenn Fleisch auf dem Tisch stand. Wo ein Schnupfen oder eine Grippe schnell den Tod bedeuten konnte und wo Trauer oder Freude von dem Glück abhingen, in welchen gesellschaftlichen Stand man hineingeboren wurde.
»Ich bin froh, damals nicht gelebt zu haben!«, sagte Garrett nach einigen Minuten und Dionysos schmunzelte.
»Kluge Entscheidung. Allein der Gestank... ich bin froh, dass es vorbei ist.«
Dionysos setzte sich wieder auf und griff nach seinen Schuhen.
»Hast du deine Mutter von einem Urlaub überzeugt?«
»Ich glaube schon. Sie wollte nachher ihren Chef anrufen und dann vielleicht nach Brighton fahren.«
»Gut. Je schneller, desto besser. Ich werde jetzt zur Hütte zurückgehen und noch ein wenig herumtelefonieren. Du schlaf dich aus. Genieß die Ruhe, solange wir sie noch haben.«
»Vielleicht gehe ich morgen in die Schule. Nach den Ghoulen ist Kyle doch nichts mehr«, kicherte Garrett und Dionysos‘ Blick maß ihn sorgfältig.
»Ich habe nicht vergessen, dass du mir erzählen sollst, was diese Kröte schon alles mit dir angestellt hat. Ich verschiebe es auf das nächste Mal.«
Der Vampir sprang aus dem Fenster und landete geräuschlos auf den Terracottaplatten der Terrasse. Garrett streckte den Kopf heraus und sah ihm nach, wie er auf die Bäume zusteuerte.
»Lass von dir hören«, sagte der Junge in normaler Lautstärke. Er wusste, der Vampir würde ihn hören. Der drehte sich um und deutete eine Verbeugung an, als wäre er Garrett zu Diensten.
Der Junge wusste, er würde auf ihn aufpassen, auch wenn er nicht da wäre.
Trotzdem fühlte er sich merkwürdig allein, als er das Fenster schloß. Wie ein einsamer Krieger, stehend gegen einen unbezwingbaren Gegner, der sich als seine eigene Angst herausstellte.
Diesmal hatte er nichts zum Festhalten von Dionysos bekommen außer seinen Duft auf Garretts Kopfkissen. Davon würde dieser zehren müssen, bis er ihn wiedersah.
Er wusste noch nicht, dass bis dahin einige Tage mit neuen Erkenntnissen ins Land ziehen würden...