Kaum hatte Sol am nächsten Morgen ihren Blumenladen aufgeschlossen, stand der Junge wieder vor ihr. Seine Wangen waren gerötet, sein Atem ging keuchend. Offenbar war er schell gelaufen.
"Kakao?" fragt sie ihn freundlich.
"Nein … nein. Ich … muss … gleich wieder gehen. Mein Papa hat gesagt … bitte … noch mehr … gelbe … "
In seiner Aufregung verhaspelte er sich, verlor den Faden. Unruhig wanderte sein Blick umher.
"Ich soll … schnell machen … Papa sagt … "
Sol stellte sich neben den aufgeregten Jungen, legte ihm eine Hand auf die Schulter. Versuchte, ihn mit ihrem eigenen Atem zu beruhigen.
Der Junge klaubte aus seiner Hosentasche einen zerknitterten Geldschein und drückte ihn Sol in die Hand.
Dann konzentrierte er sich sichtlich und sagte mit bebender Stimme:
"Bitte geben Sie mir einen ganzen Strauss von diesen gelben Blumen. Mein Papa sagt … die helfen meinem kleinen Bruder … Und ich soll Sie schön grüssen lassen."
Sol nickte bewegt und band dann dem Jungen einen grossen Strauss gelber Blumen. Innerlich bat sie ihre Geschwister und IHN um Hilfe für das junge Menschenwesen.
"Ich denke an deinen kleinen Bruder! Und grüsse mir deinen Papa und deine Mama zurück."
Sie drückte dem Jungen den Blumenstrauss in die Hand, strich ihm kurz über den Kopf, dann war er weg.
Tief atmete Sol durch und bat dann im Stillen ihre Geschwister um Nachschub gelber Blumen.
Von nun an kam der Junge jeden Morgen. Jedesmal zog er einen Geldschein hervor und bat um einen Strauss gelber Blumen.
Nach ein paar Tagen fiel Sol auf, dass er ruhiger wirkte. Entspannter.
Und dann kam der Tag, an dem der Junge mit einem Mann den Laden betrat.
Sol erkannte ihn sofort.