»Bist du bereit, Nikko?«, fragte Marc ihn. Sie standen (beziehungsweise er sass in einem Rollstuhl) vor dem Eingang zum MRI-Raum.
Er nickte, schluckte den Kloss in seinem Hals hinunter. Er hatte nicht Angst vor dem MRI an sich, sondern viel eher von den Ergebnissen.
»Ganz ruhig«, sagte Marc mit einem Lächeln zu ihm. Nikko atmete tief durch. »Bringen wir es hinter uns.«
Der Pfelger schob ihn durch die Flügeltüren. Dahinter warteten bereits das Röntgen-Gerät und der MRI.
»Guten Tag, Nikko. Ich bin Doktor Grand und dein zuständiger Arzt. Wir werden zuerst dein Knie röntgen und dann machen wir noch den MRI.« Der Arzt setzte sich auf den Stuhl vor die Bildschirme, welche die Resultate der Untersuchung anzeigen würden.
Marc schob ihn zu der Pritsche des Röntgengeräts. Er hievte ihn hoch, legte ihn darauf. Dann deckte er die um sein Knie liegenden Körperteile mit der Bleischürze ab. Bevor der Pfleger den Vorhang zog, lächelte er ihm noch einmal beruhigend zu.
Der Vorgang dauerte höchstens eine Minute, schon zog Marc den Vorhang wieder auf.
»Auf dem Röntgenbild ist nichts zu sehen. Deswegen werden wir jetzt gleich noch den MRI durchführen«, erklärte Dr. Grand ihm.
Nikko nickte wieder, denn sein Mund war viel zu trocken, um auch nur einen Ton herauszubringen.
Marc hob ihn wieder hoch und trug ihn zum MRI. Dort legte er ihn auf die Barre. »Das hier ist ein Notfall-Ball. Falls dir unwohl wird und du nicht mehr liegen bleiben kannst, kannst du ihn zusammendrücken. Dann wird die Untersuchung sofort abgebrochen. Du wirst immer wieder verschiedene Geräusche hören. Das ist ganz normal, das sind die Arbeitsgeräusche des Gerätes. Die Untersuchung dauert etwa 30 Minuten. Wichtig, ganz wichtig ist, dass du ruhig liegen bleibst und dich nicht bewegst«, erklärte Marc ihm und drückte ihm einen kleinen Ball in die Hand.
Danach schon der Pfleger ihn langsam in die Röhre hinein. Zuerst war es ganz ruhig, dann fing die Maschine an zu arbeiten und die Geräusche entstanden. Sie waren unterschiedlich schnell und intensiv.
Er versuchte nicht zu viel zu denken, sich auf die Töne zu konzentrieren. Solche Fragen wie Wie schlimm ist es? und Kann ich je wieder Sport machen? zu verdrängen. Er liess den Blick durch die helle weisse Röhre wandern, atmete tief ein und aus.
Er wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, aber irgendwann wurden die Geräusche schwächer, die Maschine hörte auf zu surren. Ratternd wurde die Barre nach vorne gezogen, bis er wieder den Untersuchungsraum sah. Er setzte sich auf, sah den Arzt fragend an.
Doktor Grand kam mit zwei Bildern auf ihn zu. Er zeigte ihm das erste der beiden. Es war eine Grossaufnahme seines rechten Beines.
»Hier sind deine Innenbänder. Wir haben festgestellt, dass du dir die Bänder leicht angerissen hast. Du bekommst eine Schiene, die du für ein paar Wochen tragen musst.«
Der junge Eishockeyspieler nickte, die Kehle trocken. Das war noch zu verkraften, er hatte schon einmal eine Bänderüberbelastung an seinem rechten Fuss gehabt. »Und was ist mit meinem Knie?«, wagte er die Frage.
Der Arzt zog eine zweite Aufnahme hervor. »Um dein Knie steht es schlecht Nikko.«
Sofort rutschte sein Herz in seinen Magen. »Deine Kreuzbänder sind beide gerissen, so wie dein äusseres Seitenband. Dein Meniskus ist ebenfalls gerissen. Dadurch hast du grosse Knorpelschäden«, fuhr Herr Grand fort.
Nikko wurde fast schlecht bei dem, was er da hörte.
»Ich will dich nicht anlügen, Nikko. Die Wahrscheinlichkeit, dass du deine Karriere als Hockeyspieler fortsetzen kannst, ist nicht sehr gross. Sie ist da, aber es wird ein langer und harter Weg.«
In seinem Hals bildete sich ein Kloss. Der immer grösser und grösser wurde, mit jeder Sekunde.
»Wir müssen warten bis dein Knie die Schwellung verloren hat. Wir werden schauen, dass du in spätestens fünf Tagen operiert werden kannst. Bis dahin solltest du hier bleiben.« Der Arzt versuchte ihn anzulächeln, aufmunternd, aber es sah mehr nach einer Grimasse aus.
In diesem Moment, als er merkte, dass selbst der Chefarzt für Orthopädie die Hoffnung aufgegeben hatte, fühlte Nikko sich, als ob die Welt zusammenbrach.
All seine Träume waren in einem einzigen Moment ausgelöscht worden.