Dicht nebeneinander standen sie vor dem geöffneten Kühlschrank, Joe dabei halb hinter Jon, da er um einiges breiter war als sein Bro. Gleichzeitig griffen sie hinein, schnappten sich jeder ein paar Sachen und legten sie auf die Anrichte. Ein kurzer Blick über alles reichte und sie schauten sich lachend an. Ja, es war doch echt von Vorteil, wenn man sich so gut kannte und einen ähnlichen Geschmack hatte. Alle Zutaten passten einwandfrei und sie konnten sich ein schönes Sandwich mit Hähnchenfleisch machen. Dazu noch Obst und Gemüse.Jeder mit seinem Teller und einer Flasche Bier bewaffnet schlenderten sie zum Balkon zurück und machten es sich dort gemütlich.
Die ersten Minuten verbrachten sie schweigend, genossen einfach ihr Essen und die Ruhe. Erst als beide fertig waren, griffen sie zum Bier und lehnten sich zurück. Jon trank einen Schluck, fuhr sich mit der linken Hand durch seine ohnehin zerzausten Haare und beobachtete Joe, als dieser seine Flasche ansetzte. Kaum einen Schluck genommen verzog dieser das Gesicht und starrte zum ersten Mal auf das Etikett. Bei dem ungläubigen Blick, den er ihm zuwarf, konnte Jon sich nicht mehr halten und fing lautstark an zu lachen.
Joe schnaufte angewidert, konnte sich aber ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen. „Boah, sag mal, seit wann kaufst du denn Light Bier? Ist ja ekelhaft. Das hat ja fast gar keinen Geschmack.“
Sich schüttelnd stellte er die Flasche weit von sich weg.
Jon gluckste immer noch und versuchte langsam wieder zu Atem zu kommen. Breit grinsend lehnte er sich wieder zurück. „Ja so ging es mir auch beim ersten Schluck. Grauenhaft oder? Ich wollte mal was neues probieren, aber da glaub ich bleiben wir doch lieber beim Altbewährten. Außerdem musste ich zu dem Zeitpunkt noch Tabletten nehmen und durfte ja nix Alkoholisches.“
„Ja klar, das versteh ich, aber da wär ich lieber bei Wasser und so geblieben. Das Zeug geht ja mal gar nicht. Hast du denn noch ein Anständiges im Kühlschrank?“ Joe lehnte sich zurück und schaute Jon hoffnungsvoll und fast flehend an.
Dieser erhob sich sofort und mit einem „logisch“ verschwand er in der Wohnung. Kurz darauf hatte Joe schon sein Bier in der Hand und genoss sichtlich den ersten Schluck.
Jon setzte sich wieder auf seinen Platz und sah ihn mit gerunzelter Stirn an. „Oh man, was du da vorhin erzählt hast, hört sich ja echt nicht gut an. Da kann ich mir sehr gut vorstellen, dass einige frustriert und genervt sind. Na ja und du sowieso. Ich weiß ja, wie sehr du deinen Job liebst, gleichzeitig aber auch die Schiene hasst, auf die Vince dich drängt. Bei dem redet man echt gegen eine Wand. Wenn ich bedenke, wie viele Leute ihm schon versucht haben ins Gewissen zu reden und die meisten waren derselben Ansicht wie wir auch. Alle sprachen von Heelturn, oder?“
„Oh ja“, konnte Joe ihm nur beipflichten. „Wieso sieht Vince das nicht? Es ist doch echt zum verrückt werden! Die Leute werden mich so nie akzeptieren. Vor allem was soll das, alles immer schnell-schnell! Die ganzen Fehden der letzten Zeit waren doch echt Mist. Nicht nur bei mir, sondern fast bei allen. Tagteams einfach zusammengewürfelt, viele sehr gute Leute müssen sich für andere, die nicht mal die Hälfte von ihnen drauf haben, hinlegen und so weiter! Unsere Reunion und das auch nur, um mich weiter over zu bringen. Ok, das lief mal ziemlich schief. Erst war ja ich krank und dann deine Verletzung. Aber bei dem, was so Backstage gemunkelt wird, stellen sich mir die Nackenhaare auf. Dazu kommt noch, dass die Hallen immer leerer werden. Viele Fans kommen schon gar nicht mehr. Aber nein, das alles ist dem Herren egal! Ich will und kann langsam nicht mehr. Entweder es ändert sich was oder ich gehe. Ich bin fertig, schließlich bin ich auch nur ein Mensch mit Gefühlen.“
Joe merkte selber gar nicht wie er immer lauter wurde und sich in Rage redete. Es tat so gut, einfach mal alles raus zu lassen und frei zu reden. Vor allem wusste er, dass Jon ihn verstand und dafür in keinster Weise verurteilte.
Dieser ließ ihn einfach mal reden und hörte stumm zu. Er spürte, dass Joe das grade brauchte und es ihn befreite. Zu lange hatte er schon alles in sich hineingefressen und das setzte ihm innerlich immer mehr zu. Es tat Jon zwar weh zu sehen, wie fertig sein Bruder war, aber sie würden schon eine Lösung finden, da war er zuversichtlich.
Als Joe seine Rede beendet hatte, erschrak Jon dann doch ziemlich. Sein Gegenüber schien regelrecht in sich zusammengefallen zu sein und saß wie ein Häufchen Elend im Sessel.
[style type="italic"]Oh man scheiße. Da muss unbedingt 'ne Lösung her. So fertig wie Joe ist, dauert es nicht mehr lange und ich kann ihn einweisen lassen. Ich muss nachher unbedingt mal mit Hunter telefonieren.[/style]
Als wäre es Gedankenübertragung, klingelte just in diesem Moment Jons Handy im Wohnzimmer. Er stand auf, ging rein und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als er sah wer ihn da anrief. Schnell machte er sich auf den Weg in sein Schlafzimmer und verschloss die Tür. Erst hier nahm er den Anruf entgegen.
„Hallo Hunter. Sag mal, kannst du Gedanken lesen? Grade habe ich dran gedacht, dich nachher anzurufen! Und schon meldest du dich.“
„Hi Jon. Nein, Telepathie kann ich nicht. Ich wollte eigentlich nur kurz fragen, ob Joe gut angekommen ist und wie es ihm geht. Wir machen uns echt Sorgen um ihn. Col hat auch schon gefragt, ob wir was wüssten.“
„Joe ist gut angekommen. Wie es ihm geht, kannst du dir ja bestimmt vorstellen. Der ist total fertig. So habe ich ihn noch nie gesehen. Haben grade gegessen und er hat sich einfach mal alles von der Seele geredet. Der sitzt hier wie ein Häufchen Elend. So kann das echt nicht weiter gehen, sonst kündigt er, wenn ich ihn nicht vorher einweisen lassen muss. Es muss sich unbedingt was ändern. Ich hoffe wir finden eine gute Lösung.“
„Ja das hoffe ich auch. Was meinst du, wie wir uns schon den Mund fusselig geredet haben, aber Vince blockt total ab. Er will partout seinen Willen durchsetzen. Wir müssten uns echt was ganz krasses einfallen lassen, ohne dass er davon weiß, und es einfach durchziehen. Es wäre ein Spiel mit dem Feuer und könnte uns Kopf und Kragen kosten, aber scheinbar geht es nicht anders. Verbündete würden wir dafür bestimmt genug finden. So wie hier die Stimmung zur Zeit ist, würden bestimmt einige was riskieren. Im Endeffekt könnte es auch für sie vielleicht von Vorteil sein. Wenn ich bedenke, wie es hier mal war und was jetzt draus geworden ist, könnte ich nur heulen. Er ist echt auf dem besten Weg die WWE zugrunde zu richten.“
Jon hielt erstaunt sein Handy etwas auf Abstand und schaute es total perplex an. So hatte er Hunter noch nie erlebt. Dass dieser mal so emotional und offen redete, hatte wahrscheinlich außer Steph noch niemand erlebt. In ihm hatten sie wohl den besten Verbündeten, den sie kriegen konnten. Ok, wenn Steph auch dabei war, noch besser! So hörte es sich zumindest an und er hoffte sich nicht zu täuschen.
„Ok Hunter, lass uns fürs Erste mal Schluss machen, und ich versuche mit Joe zu reden. Obwohl - wie ich uns kenne, sind unsere Ideen mal wieder ähnlich. Danach melden wir uns bei dir und dann können wir weiter sehen. Bye und Gruß an Stephanie.“
„Bye Jon und meldet euch so schnell wie möglich.“
Schon war das Gespräch beendet und Jon machte sich auf den Weg zurück auf den Balkon. Spontan bog er noch schnell ab und schnappte sich zwei Bier aus dem Kühlschrank. Hiermit bewaffnet trat er nach draußen und stellte eins Joe schwungvoll vor die Nase.
„So, jetzt lass mich doch mal hören, was du dir so ausgedacht hast. Da bin ich schon total neugierig, seit du mir davon geschrieben hast. Außerdem bin ich gespannt, ob unsere Ideen mal wieder ähnlich sind.“
Allein mit seiner letzten Aussage schaffte er es, dass Joe ihn ansah und müde lächelte. Leicht angespannt lehnte er sich zurück und sah Jon ernst an.
„Tja, also am besten wäre es glaube ich, wenn Roman Reigns für eine Weile ganz verschwindet. Dann sollte einiges an dem Gimmick geändert werden. Ich wäre für andere Musik, Outfit abändern, meine Moves erweitern und teilweise austauschen. Außerdem wäre ein Heelturn vielleicht wirklich nicht das schlechteste.“
„Als grobes Konzept hört sich das schon mal ganz gut an, Joe. Ungefähr so ähnlich waren auch meine Gedanken. Allerdings sollte auf dich dann in der Zeit, wo du nicht da bist, jede Menge Arbeit und Training zukommen. Ich wär ja dafür, dass du eine Zeit lang in verschiedene Wrestlingschulen gehst, dir deren verschiedene Trainingsarten aneignest, allgemein dein Move Set dadurch erweiterst, dazu noch Mic Training von verschiedenen Wrestlern bekommst. Allein in der WWE haben wir ja mehrere sehr gute. Vielleicht findet sich sogar noch der ein oder andere außerhalb der WWE. Als erstes müssten wir aber eine gute Möglichkeit finden, um dich auf lange Zeit aus der WWE zu schreiben. Und damit meine ich nicht nur zwei bis drei Monate.“
Jetzt bekam Joe doch große Augen und schaute Jon ziemlich geschockt an. „Was meinst du damit: sehr lange Zeit?“
„Also so sechs Monate auf jeden Fall, wenn nicht sogar noch länger“, kam nur grinsend von Jon. Sein Gegenüber schluckte und machte sich schon auf einiges gefasst. Er ahnte Schreckliches, denn wenn Jon anfing zu planen, dann richtig heftig, und um mindestens zehn Ecken!
„Vielleicht wäre es erst mal ganz gut, wenn wir uns alle Ideen aufschreiben. Schließlich wollen wir auch noch mit Hunter reden. Außerdem muss dazu noch geschaut werden, was im Rahmen des Machbaren ist. Wir können nicht wild drauflos planen und dann klappt das alles nicht. Am besten wäre es vielleicht, wenn wir uns mal direkt mit Hunter treffen würden. Dann könnten wir alles genau besprechen und uns anhören, was er und eventuell auch Steph davon halten.“
Sofort sprang Jon auf, holte Block und Stift, und Joe fing an alles aufzuschreiben. Inzwischen schrieb Jon eine SMS an Hunter.
Als alles erledigt war lehnten sich beide zurück, prosteten sich zu und redeten über alles mögliche.