Gähnend verließ Joe das kleine Privatflugzeug und folgte Hunter zu dem Auto, das in einiger Entfernung stand. Davor lehnte an der Fahrertür ein großgewachsener schlanker Mann mit verschränkten Armen.
Als sie fast da waren, kam dieser auf sie zu und nahm als erstes Hunter zur Begrüssung in den Arm. Danach wandte er sich Joe zu.
„Hallo, ich bin Alex“, stellte er sich kurz vor und reichte ihm die Hand, die Joe sofort ergriff.
„Joe", entgegneter er. „Freut mich, dich kennenzulernen und danke schon mal für deine Hilfe."
Alex grinste nur breit. „Zu solchen Aktionen bin ich immer bereit", meinte er mit einem Augenzwinkern. „Na, dann kommt erst einmal mit. Ihr seht ja ziemlich fertig aus. Sollen wir gleich losfahren oder wollen wir noch kurz einen Kaffee trinken und frühstücken?“
Ein Blick genügte und Joe und Hunter entschieden sich für das Frühstück, das sie in einem kleinen Café kurz hinter dem kleinen Privatflugplatz einnahmen.
Nach diesem ging es dann auch los. Laut Alex sollte die Fahrt nach Heßdorf auch nur eine halbe Stunde dauern. Dieses freute Joe besonders, da ihm die Augen schon fast im Stehen zu fielen. Während Hunter und Alex sich vorne unterhielten, schlief Joe hinten ein und wurde erst wach, als Hunter ihm an die Schulter fasste und ihn leicht daran rüttelte.
„Na komm Joe, wir sind da und du kannst dich gleich hinlegen.“
Kaum in der Wohnung angekommen reichte Alex ihm einen Autoschlüssel und wies auf einen dunklen Kombi, der in der Einfahrt geparkt war.
„Hier Joe, den habe ich für dich gemietet. Da du einige Zeit hier sein wirst, solltest du auch mobil sein.“
„Danke“, kam nur überrascht von diesem zurück. Damit hätte er jetzt wirklich nicht gerechnet.
Alex verabschiedete sich von den Beiden und verließ die Wohnung. Hunter zeigte Joe sein Zimmer und zog sich dann ebenfalls in seins zurück.
Joe stellte seinen Koffer ab und ohne sich großartig umzuschauen zog er sich bis auf die Boxershorts aus und legte sich schlafen.
Als er wieder wach wurde war es bereits dunkel. Joe brauchte einige Zeit um sich zu orientieren. Er setzte sich an die Bettkante und schaute sich in seinem Zimmer um.
Ein kurzer Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass er fast zwölf Stunden durchgeschlafen hatte.
Nach dem Anziehen verließ er sein Zimmer und schaute sich in der Wohnung um. Diese bestand aus drei Zimmern, einer kleinen Küche und einem Badezimmer mit Wanne und Dusche. Auf die Wanne freute er sich besonders. Nach dem was Hunter so erzählt hatte, könnte er die wohl in den ersten Tagen seines Trainings sehr gut gebrauchen.
Beim Betreten des Wohnzimmers drehte sich Hunter vom Sofa nach hinten und grinste ihn an.
„Sag mal, neben dir kann auch eine Bombe explodieren, ohne dass du etwas davon mitbekommst. Ich habe schon vor fast zwei Stunden an die Tür geklopft um zu fragen ob wir noch etwas essen gehen wollen. Alex hat zwar einiges in den Kühlschrank getan, aber mir wäre heute Abend eher nach was Warmen. Dann kann ich dir gleich mein Lieblingsrestaurant hier in der Nähe zeigen.“
Joe musste lachen und konnte erst gar nicht antworten. Nach kurzer Zeit hatte er sich soweit beruhigt, dass reden wieder möglich war.
„Super, ich habe einen Bärenhunger. Haben die da auch eine Speisekarte in Englisch oder muss ich extra noch Deutsch lernen, um hier einigermassen klar zu kommen?“, grinste er.
„Alles kein Problem, die Karte ist zweisprachig. Wenn wir gleich los gehen, können wir auch noch in Ruhe essen. Die haben bis 23 Uhr geöffnet. Ich hoffe du hast Lust auf asiatisch? Oder möchtest du lieber ein deutsches Restaurant ausprobieren?“
„Asiatisch klingt gut. Das andere können wir immer noch probieren. Schließlich muss ich für mich ja auch noch was finden. Ich denke mal, dass ich nicht immer Lust haben werde um selber zu kochen.“
Lachend und scherzend zogen sie sich fertig an und machten sich auf den Weg.
***
Zur selben Zeit war im Titan Tower in Stamford die Hölle los. Vince McMahon schmiss aufgebracht den Hörer auf seinen Schreibtisch und drückte auf den Lautssprecher. Er war kurz davor das Telefon rauszureissen und gegen die Wand zu werfen.
„Seit zwei Tagen rufe ich regelmäßig bei ihnen an und niemand weiss was los ist! Es kann doch echt nicht wahr sein! Was für ein inkompetenter Haufen sind sie eigentlich? Mein wichtigster Superstar wurde am Montag kurz vor der Übertragung von Raw entführt, und sie finden nicht einmal die Akte? Wenige Minuten später war hier die Polizei und hat das Video gesehen!“, donnerte er aufgebracht in Richtung Telefon.
So langsam platzte ihm wirklich der Kragen. Egal wann er anrief, mit wem er verbunden wurde - niemand wusste etwas.
„ Mr. McMahon jetzt reissen sie sich langsam mal zusammen! Sonst ist es mir egal wie bekannt und wichtig sie sind! Dann haben sie eine Anzeige wegen Beleidigung am Hals!“ , kam mit scharfem Ton aus dem Lautsprecher zurück.
Genau in diesem Moment betraten Stephanie und Shane das Büro. Bei der Aussage des Detectives schauten sie sich nur erstaunt an, konnten sich aber gleichzeitig ein Grinsen nicht verkneifen. Shane schielte zu seinem Vater hinüber und gab nur ein leises „Oh oh " von sich.
Ruhig drehten sie sich zum Schreibtisch und warteten darauf, dass Vince das Telefonat beendete.
Die Stimme des CEO flachte zwar wieder etwas ab und er versuchte sich am Riemen zu reissen, aber der Ton blieb weiterhin schärfer. Nach weiteren 5 Minuten knallte er den zuvor beiseite gelegten Hörer auf die Anlage und schimpfte weiter über die Unzulänglichkeit der Polizei. Aufgebracht durchquerte er immer wieder sein Büro und sah immer noch aus, als wenn er am liebsten irgendetwas gegen die Wand schmeissen würde.
„Jetzt beruh dich doch mal. Die machen dort auch nur ihre Arbeit.“, kam gleichzeitig von Stephanie und Shane.
„Ich will mich nicht beruhigen! Es kann doch nicht sein, dass die gar nichts finden! Sie haben doch das Video gesehen. Es muss doch eine Akte vorhanden sein“, murrte Vince zurück und fuhr sich mit der Hand durch die Haare.
„Ich fahre da jetzt hin. Ist mir alles egal. Das geht so nicht. Es geht hier schließlich nicht um irgendjemanden, sondern um meinen Hauptstar.“
Mit wenigen Schritten ging Vince an seinen Schreibtisch zurück, zog die Schublade auf und griff zum Schlüssel. Kaum diesen und seine Jacke in der Hand war er bereits auf dem Weg zur Tür. Schnell stellte sich Shane ihm in den Weg und griff zu seinen Schultern.
„Dad! Du fährst nirgendwo hin. Schon gar nicht in deinem Zustand.“, zischte Shane scharf und drückte seinen Vater an die Wand.
Sprachlos über dessen Unverfrorenheit schaute dieser ihn nur kurz an. Gerade als er wieder loslegen wollte, klopfte es an der Tür.
„Herein“ antwortete Stephanie ruhig und ging ebenfalls Richtung Tür. Der Hausbote betrat langsam den Raum und reichte ihr einen Umschlag.
„Den haben wir im Briefkasten gefunden und er soll Mr. McMahon persönlich ausgehändigt werden. Steht extra drauf.“
„Danke sehr.“, antwortete Stephanie und legte den Brief auf den Schreibtisch.
Da Vince sich inzwischen so weit beruhigt hatte, dass Shane ihn loslassen konnte, ging er sofort zu seinem Tisch und schaute auf den Umschlag.
„ Was soll das denn jetzt sein? Da ist kein Absender und kein Stempel drauf.“
Sofort griff er zu und riss ihn auf. Kaum entfaltete er den Zettel , ließ er sich auf den Stuhl fallen und starrte nur auf das Blatt. Steph und Shane konnten zusehen wie sein vorher noch leicht gerötetes Gesicht, von der Aufregung, immer blasser wurde und er nach Luft rang. Heftig den Kopf schüttelnd stammelte er nur „ Das ..kann.. doch ..nicht ..wahr ..sein“ und schaute geschockt zu seinen Kindern. Diese konnten bis jetzt nur erkennen, dass dort Zeitungsschnipsel aufgeklebt waren. Es waren nicht viele, aber das was dort stand, schien zu reichen um Vince gleich wieder auf 180 zu bringen.
„Schaut euch das an! Die verlangen das ich mein Amt niederlege und in den Ruhestand gehe! Sonst würden wir Joe nie wiedersehen.“
Mit Schwung stieß er seinen Stuhl nach hinten und wollte aufstehen. Da sich alles leicht drehte und er nicht wirklich Luft bekam, stützte er sich am Tisch ab und versuchte tief durchzuatmen.
„Dad was ist los?“, leicht besorgt ging Stephanie auf ihn zu.
„Geht schon wieder, mir war nur etwas schwindelig.“ Er richtete sich auf und wollte einen Schritt gehen. Genau in diesem Moment wich das letzte bisschen Farbe aus seinem Gesicht und er knallte torkelnd gegen die Wand, wo er langsam in die Hocke rutschte. Sofort war Stephanie bei ihm, hockte sich hin und sprach ihn besorgt an.
„Dad, was ist mit dir? Shane, ruf einen Arzt!“
Dieser war bereits am Handy und wählte den Notruf. Er erklärte was los war und wo sie waren. Dann ging er zum Schreibtisch, holte etwas zu trinken und ging zu Vince.