Ein Dramentext ist dafür gedacht, für eine Aufführung auf einer Bühne verwendet zu werden. Daraus ergeben sich für den Autor einige Schwierigkeiten, denn die Geschichte wird eigentlich nur in Dialogen erzählt – die Gedanken der Charaktere, Ereignisse außerhalb der Handlung und vieles mehr ist schwieriger umzusetzen.
Zudem gibt es im Grunde unendliche Möglichkeiten, um ein Drama umzusetzen, hier und heute konzentriere ich mich vor allem auf das klassische, aristotelische Drama, für das es sehr strenge Vorgaben gibt. Viele dieser Vorgaben lassen sich aber brechen.
Ein klassisches Drama hat fünf Akte mit mehreren Szenen. Diese fünf Akte folgen der Spannungskurve. Der erste Akt ist die Exposition, hier werden alle Charaktere, der Ort der Handlung und existierende Konflikte eingeführt. Im zweiten Akt findet das erregende Moment statt: Die Konflikte verschärfen sich, die Handlung kommt ins Rollen. Im dritten Akt kommt es zum Peripetie, zum Wendepunkt der Geschichte. Glück schlägt in Unglück, Unglück in Glück um und das Ende rückt in greifbare Nähe. Wäre das nicht der vierte Akt, das retardierende Moment, das die Auflösung der Konflikte verzögert. Neue Entwicklungen scheinen dem Ende entgegenzuwirken, bis schließlich Akt 5, die Katastrophe, folgt – welche sowohl das unglückliche wie auch das glückliche Ende bezeichnet.
Dramen werden nach ihrer Stimmung unterschieden: Eine Tragödie behandelt eine Geschichte mit unglücklichem Ausgang für die Hauptcharaktere, eine Komödie eine Geschichte mit glücklichem Ende. Das heißt nicht unbedingt, dass die Dramen traurig oder witzig sind, obwohl dies häufig der Fall ist. Zudem gibt es die Tragikomödie, die sich am ehesten als eine Art Komödie mit schwarzem Humor beschreiben lässt: Zwar geht es um ernste Themen und das Bühnenstück hat auch nicht unbedingt ein glückliches Ende, doch wird dieses oft humorvoll dargestellt.
Des weiteren werden Dramen oft nach ihrem Inhalt unterschieden: Es gibt Götterdramen, Schicksalsdramen, Bürgerliche Trauerspiele und vieles mehr.
Dramen bestehen überwiegend aus Dialogtext mit wenigen, kursiven Anmerkungen, die auf der Bühne umgesetzt, aber nicht ausgesprochen werden. Besonders häufig werden Dramen in Versform, oft auch in Reimform geschrieben, dabei ist besonders der fünfhebige Jambus weit verbreitet (Rhythmus: betonte Silbe – unbetonte Silbe; fünfmal pro Zeile).
Die Handlung in klassischen Dramen erstreckt sich oft nur über einen Zeitraum von höchstens einem Tag (oder einer Nacht), und bleibt auf einen Schauplatz und dessen Umgebung konzentriert.
https://de.wikipedia.org/wiki/Drama
https://de.wikipedia.org/wiki/Kom%C3%B6die
https://de.wikipedia.org/wiki/Trag%C3%B6die
Die Planung:
Was passiert und wann passiert es?
Zu Beginn musst du dir überlegen, was für ein Drama du schreiben willst. Überlege dir auch einen Ort für deine Handlung und einen Zeitraum (idealerweise nicht mehr als 24 Stunden). An dieser Stelle kannst du Zeitpunkt und Ort vom Anfang deines Dramas bereits notieren und ebenfalls eine kurze Liste mit allen handelnden Personen erstellen. Unterscheide dabei zwischen Hauptfiguren, Nebenfiguren und Randfiguren: Hauptfiguren sind die Träger der Handlung, Nebenfiguren ihre dauerhaften Begleiter, Randfiguren haben nur einen Auftritt oder spielen als Statisten im Hintergrund mit.
Wenn die Handlung in groben Umrissen steht, musst du sie auf die fünf Akte verteilen.
Im ersten Akt stellst du jeden (Haupt-)Charakter vor.
Im zweiten Akt entfaltet sich die Handlung. Sie interagieren und es kommt zu ersten Konflikten.
Im dritten Akt kommt es zu einer Wendung. Alles wird dramatisch.
Im vierten Akt wird der Wendung entgegengewirkt und das Ende verzögert.
Im fünften Akt werden alle Handlungen zu Ende geführt.
Überlege dir jeweils, wie du die einzelnen Punkte umsetzen kannst. Für den ersten Akt musst du dir beispielsweise überlegen, wie jeder Charakter zu Wort kommen kann – Charaktere können miteinander reden oder einen Inneren Monolog (Der Schauspieler steht auf der Bühne und erzählt in der Ich-Form, was sein Charakter fühlt und denkt) führen. Es ist auch möglich, dass zwei Charaktere gleichzeitig reden, obwohl sie an unterschiedlichen Orten sind, aber die Sätze des anderen ergänzen.
Der Inhalt der Dia- oder Monologe sollte auf natürliche Weise den Grundkonflikt wiedergeben, der zur weiteren Handlung deines Dramas führt. Die Personen können sich auf dem Marktplatz treffen und über einen laufenden politischen Konflikt reden oder zwei Liebende können voneinander schwärmen und dann darüber klagen, dass die Eltern einer Heirat niemals zustimmen würden.
Nun solltest du die Akte geplant haben und außerdem eine Übersicht über die Szenen haben, die innerhalb eines Akts vorkommen müssen. Das gibt dir einen recht detaillierten Plan, was du wann schreiben sollst. Lies dir diesen Plan ruhig mehrmals durch und verschiebe notfalls einige Szenen, sodass ein guter Handlungsfluss entsteht und keine seltsamen, großen Lücken bleiben.
Das Drama verfassen:
Formalitäten der Niederschrift
Nun kannst du anfangen und dein Drama schreiben! Jede Szene ist dabei nach gewissen Formalitäten aufgebaut.
Zuerst schreibst du den Titel deines Dramas. Darunter oder auf der nächsten Seite folgen die Angaben zu Ort, Zeitpunkt und die Liste aller Charaktere (Statisten eingeschlossen).
Nun beginnst du mit „Akt 1, 1. Szene“. Dies schreibst du fett, unterstrichen und formatierst es zentriert.
Darunter folgt kursiv eine kurze Beschreibung der Umgebung, wie sie im Bühnenbild umgesetzt werden soll. Denke dabei daran, dass größere Veränderungen am Bühnenbild nur zwischen den Akten möglich sind, und dass das Bild übersichtlich und schlicht gehalten werden sollte. Gehe außerdem nicht zu sehr ins Detail, denn ein starker Reiz der Dramen geht davon aus, dass diese immer mit neuen Kostümen und veränderten Bühnenbildern dargestellt werden können.
Hier beschreibst du auch, wo die Charaktere am Anfang stehen oder wie sie die Bühne betreten. Wann immer du den Namen eines Charakters zum ersten Mal erwähnst, druckst du ihn fett. Alle Anmerkungen dieser Art werden im Präsens geschrieben.
Wenn du die Beschreibung abgeschlossen hast, folgt der eigentliche Text. Schreibe zuerst den Namen (oder Kurzform des Namens) der Figur, die gerade spricht. Den Namen verfasst man für gewöhnlich in Kapitälchen, das heißt, alle Buchstaben sind groß geschrieben, der erste jedoch etwas größer gedruckt. Da diese Darstellung oft schwierig umzusetzen ist, reichen auch nur Großbuchstaben oder ein normal geschriebener, fettgedruckter Name.
Nach einem Doppelpunkt folgt der Text, den der Charakter spricht – möglicherweise in Reimen und fünfhebigem Jambus, allgemein bietet es sich an, einen durchgehenden Rhythmus für das Drama zu haben. Auf jeden Fall wird dieser Teil typischerweise in Versen verfasst, nicht in Fließtext.
Der Text wird nicht mit Anführungszeichen markiert. Wann immer der Sprecher wechselt, machst du einen Absatz und schreibst erneut den Namen mit Doppelpunkt.
Sprecher können einander auch innerhalb einer Zeile „ins Wort fallen“, in diesem Fall wird die Zeile auf beide Sprecher aufgeteilt:
Theo: Was haltet ihr von einem Kompromiss?
Wir bleiben hier die Nacht und werden sehen,
wie sehr ist Hilfe möglich, angebracht.
Thomas: Das ist zu wenig Zeit!
Frieda: Nein, viel zu viel!
Wenn während des Dialogs wichtige, unausgesprochene Handlungen geschehen, fügst du diese in kursiver Schrift ein. Wichtig: Du solltest nur elementare Informationen schreiben: Charaktere, die die Bühne betreten (Auftritt) oder verlassen (Abtritt), große Ortswechsel oder Informationen über die Stimmlage, die nicht aus dem Text hervorgehen.
Henry: (ironisch) Wir können geh'n und fragen, wie sie heißt,
doch eher noch wird sie uns mit Fragen quälen!
Theo: Mein Freund, welch wunderbarer Plan, doch eins:
Lass sie nicht wissen, warum wir wirklich fragen.
(er stürzt aus dem Haus, Henry folgt nach kurzem Zögern)
Beschreibungen wie „Sie stricht sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.“ sind hier fehl am Platz (nicht nur, weil die Zeitform in diesem Beispiel nicht stimmt). Halte dir immer vor Augen, dass ein Theater für eine große Bühne gedacht ist, wo man auch nur große Gesten sehen kann. Dabei können solche Gesten, besonders in Komödien, gerne übertrieben sein.
Außerdem verfasst du nur eine Richtlinie für die Schauspieler, die dein Drama umsetzen (würden). Diese werden deine Anweisungen immer variieren. Wenn beispielsweise ein Charakter stolpert, reicht „XY stolpert“ vollkommen aus. Lass ruhig offen, ob derjenige fällt oder nicht, solange es nicht absolut wichtig ist, dass die nächsten Zeilen stehend oder auf dem Fußboden liegend gesprochen werden.
In diesem Schema fährst du fort und schreibst das Drama nieder.
Weitere Tricks:
Wie stelle ich Dinge dar, die sich auf der Bühne nicht darstellen lassen?
Das Drama erlegt seinem Autor viele Beschränkungen auf, die man jedoch oftmals lösen kann.
Zeugenbericht: Ein großes Ereignis, das sich auf der Bühne nicht darstellen lässt – eine Schlacht, eine Naturkatastrophe oder etwas ähnliches – wird oft über einen Zeugenbericht vermittelt. Ein Charakter (oder mehrere) stehen auf einem erhöhten Punkt und beobachten das fiktive Ereignis, um ihre Beobachtungen allen anderen laut zuzurufen. Oder ein Bote läuft auf die Bühne und berichtet von dem Ereignis, wenn es etwas länger zurückliegt.
Parallele Szenen: Da dir eine große Bühne zur Verfügung steht (stehen würde), kannst du auch mehrere Dinge auf der Bühne geschehen lassen, denke dabei daran, dass die Zuschauer wissen müssen, worauf sie sich konzentrieren sollen, um der Handlung zu folgen. Aber die Schauspieler könnten beispielsweise in mehreren „Räumen“ stehen, und zwar nicht miteinander interagieren, aber sich die ganze Zeit über bewegen; während ein Schauspieler redet, machen die anderen in der Zeit pantomimisch mit ihrer Handlung weiter, dann wechselt der Redner. Die Pantomime sollten hierbei aber keine für die Geschichte relevanten Aktionen machen, da der Zuschauer diese leicht übersehen könnte.
Der Rhythmus: Ein durchgängiger Rhythmus macht ein Drama mitreißender und spannender, aber auch anspruchsvoller zu schreiben. Allgemein gilt, dass du die „Melodie“ in deinem Kopf hören musst. Bei dem fünfhebigen Jambus wäre das in diesem Fall zehn „Schläge“ pro Vers, wobei jeder zweite Schlag etwas schwächer ist: X – X – X – X – X –.
Du kannst diesen Rhythmus auch nebenbei klopfen, bis du dich eingefunden hast. Danach merkst du schnell, an welche Stelle eine betonte, wo eine unbetonte Silbe hin muss.
Musikalische Elemente: Für gewöhnlich besäße das Drama einen großen Chor, der singen oder sprechsingen würde – Musik, selbstgeschriebene Lieder oder ähnliches einzubauen, liegt also im Rahmen deiner Möglichkeiten, genauso kannst du auf Soundeffekte wie Donner, Regen oder Melodien zurückgreifen.
Weiterführende Arbeiten: Du kannst dir ebenfalls überlegen, das Bühnenbild oder Kostüme für dein Drama zu überlegen. Diese kannst du als Zeichnungen erstellen, oder eine kurze Beschreibung deiner Charaktere in die Liste der Figuren am Anfang deines Dramas einbauen.
Und das war’s auch schon für heute – dein Drama ist fertig! :D
Wie bereits erwähnt: Diese Anleitung bezieht sich vor allem auf klassische Dramen. Es gibt auch Dramen mit drei oder zwei Akten, mit Dialog in Fließtext und viele andere Variationen. Wenn überhaupt, sollen dich die festen Vorgaben, die hier vorgestellt wurden, zum Experimentieren anregen: Wie weit kann man gehen, ohne, dass aus dem Drama eine ganz andere Textsorte wird? Oder wir stark kann man die Regeln innerhalb des aristotelischen Dramas dehnen?
Das ist das Schöne an der Kreativität – sobald man Regeln aufstellt, finden sich auch schon Leute, die diese wiederlegen.