Ich flüchte immer und überall vor der Realität. Wieso?
Das ist schwer zu sagen.
Vielleicht, weil ich sie einfach nicht ertrage.
Es ist schwierig, in der Wirklichkeit zu bleiben, wenn alles zu einer Last wird.
Beim Essen zähle ich die Kalorien und alles, was ich esse, fühlt sich in meinem Mund an, als würde ich auf Dornen beißen und das schlechte Gewisse frisst sich immer mehr in mich hinein - mit jeder Nudel, mit jedem Stück Apfel, mit jedem Reiskorn.
Gleichzeitig habe ich genau in diesen Momenten das Gefühl, mich und mein Leben unter Kontrolle zu haben.
Ich kontrolliere, wie viel ich esse.
Ich kontrolliere, was ich esse.
Ich kontrolliere, wie ich aussehe.
Es hilft mir dabei, nicht in der Realität bleiben zu müssen. Oder gehört das doch zur Realität?
Darauf habe ich noch keine Antwort gefunden.
Aber jedesmal, wenn ich auf die Waage steige und sehe, dass die Zahl kleiner geworden ist, macht sich Stolz in mir breit. Dann glaube ich für einen kleinen Moment daran, dass ich schön sein kann. Genauso schlank sein kann, wie die anderen Mädchen.
Und dann keimt erneut der Ehrgeiz auf, noch mehr abzunehmen, noch weniger zu wiegem. Am wenigstens zu wiegen. Das Fett an meinen Beinen und meinem Bauch vollständig verschwinden zu lassen.
Ich allein habe die Kontrolle.