Ein großes Portal öffnet sich über dem Deck. Ich hebe hoffnungsvoll den Blick, doch es fällt nur jemand aus dem Portal heraus. Als ich sehe, wer es ist, springe ich auf. Genau wie alle anderen.
„Ben!“
Unser dunkler Lord rappelt sich von den Planken auf und sieht sich an Bord um. „Hier seid ihr! Geht es allen gut?“
„Ja, das schon.“ Alle reden wild durcheinander. „Aber was ist denn passiert?“
„Wir haben gemerkt, dass einige User weg sind“, sagt Ben, der ebenfalls noch ratlos wirkt. „Sebi ist der Sache auf der Spur. Wir vermuten, dass es ein Buggo ist. Keine Angst, wir kriegen das schon hin.“
Tatsächlich scheint sich etwas zu tun, denn immer mehr User haben Erfolg damit, einen Portpotion zum Festland zu nehmen oder durch ein Portal zu springen. Andere werden immer wieder ausgespuckt, darunter Eunomia und ich. Der Sumpfmann schafft es schließlich eine Art dauerhafter Verbindung herzustellen und steht schattenhaft sowohl an Bord als auch am Festland. Offenbar kommen diejenigen vom Festland auch nicht mehr zurück auf die Bellestern, jedenfalls nicht von selbst. Immer wieder landet jemand mit einem entsetzten Stöhnen auf dem Deck.
„Ben kennt jetzt die Übeltäter!“, teilt der Sumpfmann, unser Sprachrohr zur Realität, uns mit. „Es ist ein Schwarm DNSirenen!“
„Ein Schwarm was?“, frage ich.
„DNSirenen. Sie leben vor der Küste und offenbar hat unsere Ankunft mit einem ganzen Kontinent sie aufgescheucht. Ihr Gesang ist äußerst gefährlich. Offenbar habt ihr sie singen gehört und seid wie in Trance auf's offene Meer gesegelt. Jetzt halten die Portkräfte im Gesang der Sirenen euch hier fest und zerren auch alle, die auf dem Festland sind, immer wieder hierher.“
Was für eine Vorstellung! Wir sitzen hier also fest, und selbst, wenn wir entkommen, können wir immer wieder hier landen. Und erneut feststecken.
Der Sumpfmann gibt Anleitungen, wie man verschiedene Portale öffnen und mit für Sirenen unknackbaren Zahlenschlössern sichern kann. Andere versuchen, mit den Rettungsbooten fortzurudern.
Nach Ryevs Erklärung kommt allerdings meine Erinnerung langsam wieder. Jedenfalls sehe ich ganz nebelhafte Bilder von mir selbst, wie ich das Bellebad ins Meer schiebe und damit lospaddele, einem ätherischen Gesang hinterher, der mir von Brotchips und unendlichen Streicheleinheiten in einem Land ohne Badezwang erzählt.
Verbissen befolge ich eine von Ryevs Anleitungen. Nach gefühlt einer halben Stunde Beschwörungenmurmeln und Rechnen konzentriere ich mich auf den Kontinent. Ich kneife die Augen zusammen und denke nur an Bellestristica … Belletristica …
Ein Portal erscheint vor mir und ich springe hinein. Die Welt färbt sich grau und verblasst.
Dann kehren Farbe und Geräusche zurück. Ich stehe immer noch an Bord.
„Mist!“ Wütend versuche ich es direkt wieder mit einem Portal, ohne jede Beschwörung.
Und stehe in Communica.
„Marv!“ rufen mehrere Stimmen erstaunt, als ich mitten in der Taverne erscheine. Ich drücke meine Lippen auf den Boden. „Endlich wieder Zuhause!“
Loki rennt auf mich zu. Mein Bro hat es also schon wieder auf den Kontinent geschafft!
„Ich höre nie wieder auf Sirenen!“, verspreche ich, als mein Bro gerade die Arme um mich schließen will …
Ich höre die Sirenen singen. Und ich kann mich gegen ihre Macht nicht wehren.