Nur wenige Tagesreisen von Andergast entfernt geschieht es. Als wir auf einem recht engen Waldweg unterwegs sind, brechen laut schreiende, waffenschwingende Leute aus dem Wald und greifen unseren Zug an.
Endlich weiß ich, wofür ich die langen Stunden Fechtübungen hinter mich bringen musste und warum meine Lehrerin sich oft bewusst nicht an die Regeln des sportlichen Fechtens hielt; hier geht es um Leben und Tod, Regeln interessieren niemanden.
Glücklicherweise sind die Räuber mehr auf unsere Waren als auf unser Leben aus, und so schnappen sie sich einen der Esel und zerren ihn davon. Ausgerechnet Alfons, dem ich mich so verbunden fühle!
Ich schlage alle Vorsicht in den Wind und setze ihnen wütend nach. Von ihren Opfern verfolgt zu werden, sind sie offenbar nicht gewohnt, denn nach wenigen Minuten, als Alfons stur die Beine in den Boden rammt und sich weigert, weiterzugehen, lassen sie von ihm ab und suchen ihr Glück in der Flucht. Braves Tier!
Schwer atmend erreiche ich ihn und schaue ihn genau an: Es ist ihm nichts geschehen. Erleichtert klopfe ich ihm auf den leeren Rücken - den Wein hat er unterwegs verloren. Was soll's, ich weiß ja ohnehin nicht, wie lange ich noch bei diesem Zug bleiben muss ...
In diesem Moment wird mir die Stille um uns bewusst. Wir sind alleine, um uns herum ist niemand zu sehen, nur ein paar aufgeschreckte Vögel flattern in den Bäumen. Erst, als ich angestrengt lausche, höre ich in der Ferne das Rufen der Händler.
Soll ich zum Zug zurückkehren? Sie werden keinesfalls nach mir suchen, dafür ist das Risiko zu groß, erneut überfallen zu werden. Die Sehnsucht nach Freiheit, die ich seit Jahren in mir trage, dehnt sich plötzlich weit aus, als würde ein Vogel seine Schwingen entfalten, und ich weiß genau, was ich zu tun habe! Sollen sie doch meinem Vater erzählen, ich sei im Kampf verloren gegangen, verschleppt von den Räubern, und die Waren selbst zu Münzen machen. Meine Börse trage ich bei mir, das Rapier habe ich, und mit Alfons auch einen treuen Gefährten. Phex wird mir schon zeigen, wohin es geht und wie ich ihm zu Diensten sein kann!
Links oder rechts weiter? Ich werfe eine Münze und lasse den Fuchs entscheiden, bevor ich voll neuem Tatendrang mit großen Schritten meinem neuen Leben entgegenschreite.