Gemeinsam sitzen auf der Lichtung im Wald, fest ineinander verschlungen. Die Sonne ist bereits vor einiger Zeit untergegangen, doch das stört die Beiden nicht. Nur die Sterne und der Mond spenden noch Licht, sodass sie sich selbst nur mit Mühe erkennen können. Doch das müssen sie auch gar nicht.
»Ich bin froh, dass sich das alles so gut geklärt hat«, flüstert er. »Klar braucht sie noch Zeit. Das ist doch auch verständlich. Aber dennoch spüre ich, dass diese Freundschaft schon bald wieder erstrahlen wird.«
Sie nickt, was er nicht sehen, aber spüren kann. »Wie ein Stern am Sternenhimmel. So hell wird eure Freundschaft wieder erstrahlen.«
»Aber dann bist du der Mond«, erklärte er mit einem Blick zum Himmel. »All die Sterne sind natürlich wichtig. Schließlich bilden sie das Fundament des nächtlichen Himmels. Aber der Mond ist der zentrale Punkt.«
»Ich verstehe«, erwidert sie.
Sein Blick ist noch immer in den Himmel gerichtet. »Weiß du....mir ist in der letzten Zeit so vieles klar geworden.«
»Hm«
»Ich meine, schau dir die Sterne an. Jeder Stern hat seine eigene Geschichte, die es zu erzählen gibt. Jeder Mensch hat seine eigene Geschichte, deshalb ist jede Freundschaft so wichtig, so kostbar und so besonders.«
»Bin ich nicht die falsche Person dafür? Solltest du nicht eher ihr diesen Vortrag halten?«, fragt sie ihn.
Er zuckt mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Das waren spontane Gedanken.«
»Na los. Geht schon und halte ihr diesen Vortrag. Das lässt dich ja sonst nicht mehr los«, lacht sie.
»Aber um diese Uhrzeit?«
»Wann sonst kann man so wunderbar den Sternenhimmel betrachten?«
»Und wenn sie schläft?«, versucht er sie noch einmal zu überzeugen.
»Manchmal muss man Menschen wohl zu ihrem Glück zwingen« Sie zwinkert ihm zu, was er in der Dunkelheit aber nicht sieht. »Was hast du zu verlieren? Je länger du wartest, desto eher schläft sie bereits.«
»Hm«, brummt er, steht aber auf und marschiert aus dem Wald hinaus. Den Weg, den er in letzter Zeit so oft gelaufen ist, dass er ihn nun schon blind kennt.
Schließlich klopft er an ihrer Tür und sie öffnet ihm einige Minuten später.
»Habe ich dich geweckt?«, fragt er, als er ihre Kleidung sieht.
»Nein, ich wollte nur gerade...was gibt es?«
»Ich wollte dir etwas zeigen!«
»Ich ziehe mir nur gerade was vernünftiges an, dann komme ich«, erklärt sie und verschwindet im Inneren des Hauses.
Schließlich öffnet sie wieder die Tür und sieht in wortlos an. Doch er ergreift nur ihre Hand und führt sie durch die stillen Gassen des Dorfes, bis sie den Dorfplatz erreichen.
Sie setzen sich gemeinsam auf die Bank und er deutet in den Himmel.
»Was siehst du?«, fragt er sie.
»Ich...ich sehe den Mond.«
»Und was noch?«
»Sterne?«
»Das Leuchten der Sterne im Himmel. Ein wunderbares Phänomen. Die Sterne sind wichtig, sie sind besonders. Sie strahlen auf ihre wunderbare Art und Weise. Sie blicken auf uns hinab, sie beschützen uns. Halten uns im Auge. Sind da, wenn wir alleine sind, wenn wir sie am dringendsten brauchen. Weiß du....ich habe viel nachgedacht in der letzten Zeit. Dabei ist mir klar geworden, dass du ein heller Stern an meinem Sternenhimmel bist. Dass es dein Leuten ist, das mir so oft den Weg gezeigt das. Das mich begleitet hat. Das einfach da war, wenn ich jemanden brauche. Darauf will ich nur ungern verzichten. Schließlich ist das ein sehr zentraler Stern, besonders wichtig. Aber um ehrlich zu sein, wollte ich aus diesem Stern viel zu lange einen Mond machen. Ich wollte, dass dieser Stern so schön strahlt wie der Mond. So schön groß, so besonders. Ich wollte es wirklich. Bis mir in letzter Zeit aufgefallen ist, dass du kein Mond für mich sein kannst. Das passt einfach nicht. Ich kann einen Stern nicht zu einem Mond machen, selbst wenn ich es will.«
Er hört auf zu sprechen und sie starrt noch einige Sekunden in den Himmel hinauf, bevor sie ihm antwortet.
»Du brauchst deine Freiheit, das weiß ich. Du musst frei sein, darfst dich nicht einengen lassen. Doch mir ist klar geworden, dass ich das viel zu lange getan habe. Ich wollte deine Sonne sein, wollte immer an deiner Seite wissen. Doch je enger ich dich zu mir zog, desto stärker bist du mir entglitten. Es passte zwischen uns beiden nicht. Ich wollte die alten Zeiten zurück, weil mich das ganze immer mehr frustriert hat. Ich habe gesehen, wie du mir immer weiter entgleitest, doch ich konnte nichts tun. Eher im Gegenteil. Meine Versuche dich zu halten, sorgen bloß dafür, dass du noch weiter entglitten bist. Das war für uns beide nicht gut. Als du einfach gegangen bist, kam all dieser Schmerz hoch. Der ganze Verlust. Doch es hat mich auch so manches gelehrt. Vielleicht ist es manchmal wirklich egal, ob es Stern oder Mond ist. Wichtig ist doch nur, dass wir beide glücklich werden.«
Er legte seine Hand auf ihre. »Weißt du, ich bin froh so wie es jetzt gerade ist. Die Unterhaltung heute ist schöner als die ganzen letzten Jahre. Ich brauche einen anderen Mond, aber ganz sicher dich als Stern, denn sonst fehlt etwas am Sternenhimmel.«
»Ich weiß. Es wird seine Zeit brauchen, bis auch die letzten Narben verheilt sind. Aber sie werden mich daran erinnern, was einmal war. Das auch ich dich als Stern brauche.«
Wortlos sitzen sie nebeneinander und betrachten bloß den Sternenhimmel. Doch in beiden Augen spiegeln sich die Sterne wieder.
»Danke«, sagt er nach einiger Zeit.
»Danke« haucht sie, ohne den Blick von dem hellsten Stern am Sternenhimmel abzuwenden.