*Kapitel 1*
Seufzend klappte Harry die Akte zu und ließ sich tiefer in seinen Schreibtischstuhl sinken. Wieder eine Spur der Todesser, die ins Leere gelaufen war. Seit Wochen arbeiteten sie erfolglos an den Hinweisen, die bei ihnen eingingen. Doch es gab keine Beweise. Das meiste war Hörensagen, doch ihre Wachsamkeit stieg. Nie wieder durfte jemand die Chance bekommen, die Zauberwelt so ins Chaos zu stürzen, wie es Voldemort getan hatte.
Er hatte genug für heute. Es schlauchte ihn, den ganzen Tag am Schreibtisch zu sitzen. Die Einsatzberichte zu schreiben und Akten zu wälzen ermüdeten ihn mehr als die Einsätze selbst. Die gähnende Langeweile war eben nichts im Vergleich zu der Spannung und dem Adrenalinrausch, die er beim Einsatz hatte. Aber was nützte es, sich zu beschweren? Es war eben ein Teil seines Jobs. Er hatte vor der Ausbildung gewusst, worauf er sich einlassen würde und er hatte sich bewusst für diesen Job entschieden. Und er liebte ihn. Auch nach vier Jahren. Nachdenklich packte er seine Sachen zusammen, bis ihn ein Klopfen an seiner Bürotür aufsehen ließ.
„Was?“, rief er genervt. Er hatte keine Lust auf Besuch. Nicht mehr heute.
Hermine streckte den Kopf herein und sah ihn vorwurfsvoll an. „Du solltest dringend an deinen Manieren arbeiten, Harry. Es würde dir ganz gut tun.“
Er winkte Hermine herein, während er sich seine Tasche über die rechte Schulter schwang und ihr bedeutete, sich zu setzen. „Tut mir Leid, Mine. Der Tag war lang und nicht gerade ereignisreich. Was kann ich denn für dich tun?“ Damit ließ er sich selbst in einen der Sessel, die vor seinem Schreibtisch standen, fallen.
Hermine winkte jedoch ab, lehnte sich lieber mit dem Hintern an seinen Schreibtisch und sah sich ein wenig missbilligend um. „Du solltest hier wirklich Ordnung schaffen, Harry. Du bist kein Schuljunge mehr und du bist noch nicht so lange Auror als dass du es dir leisten könntest, hier solch ein Chaos zu hinterlassen. Kingsley wird das nicht gefallen.“
„Kingsley hat als Minister wohl wichtigeres zu tun als mich wegen meiner Unordnung zu tadeln, Hermine.“ Harry zog eine Grimasse und strich sich einen Fussel vom Hosenbein. Hermines Ordnungsfimmel war manchmal wirklich anstrengend.
„Nein, aber vielleicht wirst du dann nicht der Leiter der Aurorenabteilung. War das nicht eigentlich dein Ziel? Du stehst hoch im Kurs für die Stelle und der Tagesprophet scharrt schon mit den Hufen und fragt nach Terminen, um ein Interview mit dem jüngsten Leiter der Aurorenabteilung, den es je gab, zu führen.“ Sie schnaubte verächtlich, als sie an das Käseblatt dachte, welches es sich nicht nehmen ließ, Harry mindestens einmal pro Woche in die Schlagzeilen zu bringen. Meistens waren die Artikel positiv. Zwar total überzogen, mit Lügen durchtränkt und an den Haaren herbeigezogen, doch stellten sie Harry meist in einem recht positiven Licht dar. Von seinen Lieblingsgerichten bis zu seiner großen Liebe, die er endlich gefunden hatte, war alles vertreten.
Harry fuhr sich durch den Nacken. „Schon. Aber ich bin erst dreiundzwanzig, Hermine. Ich bin erst seit fast zwei Jahren vollwertiger Auror. Da werden sie mich garantiert nicht nehmen. Schraub mal einen Gang runter.“
Hermine schüttelte den Kopf und winkte ab. „Ich habe meine Ziele immer vor Augen, Harry. Und das solltest du auch. Wolltest du nicht etwas für die Zauberergemeinschaft tun? Es besser machen als die vorherige Generation?“
„Oh ja, ‚Belfer2.0‘, ich erinnere mich“, feixte Harry, stand auf und ging in Richtung Tür. „Du könntest die Aurorenabteilung auch übernehmen, wenn du dich nicht so exzessiv mit den Hauselfen beschäftigen würdest, Hermine.“ Es war nicht das erste Mal, dass Hermine ihm seinen Job erklärte. Er wusste, dass sie es nur gut meinte, doch hin und wieder wollte er keinen Moralapostel neben sich haben, sondern einfach nur jemanden, bei dem er sich entspannen konnte.
Hermine sah ihn beleidigt an, stieß sich vom Schreibtisch ab und ging an ihm vorbei. „Du wirst dich noch wundern, Harry. Wenn du dich nur ein bisschen zusammenreißen würdest, könnten wir viel erreichen. Das, was das Ministerium bei uns versäumt hat, könnten wir ändern.“
Harry lachte auf und sah sie an. „Hermine, wir mögen gegen Voldemort gewonnen haben, ja und vielleicht sind wir so was wie ‚Helden‘, aber deswegen ändern wir noch lange kein ganzes System. Du kennst doch diese blöden Gesetze, an die sich die Auroren halten müssen, genauso gut, wie ich. Denkst du, wenn ich walten könnte, wie ich wollte, hätten wir schon viel mehr erreicht? Ich will aber auch nicht in Askaban landen.“
„Du sollst ja auch nichts Illegales machen. Irgendwo muss man aber anfangen, wenn auch nur in kleinen Schritten.“
So entschlossen, wie Hermine aussah, bezweifelte er nicht, dass sie später gute Chancen auf das Amt des Zaubereiministers hatte, doch vorerst beschloss Harry, dass es nun wohl besser wäre, nicht zu antworten, sondern einfach nur zu nicken. Sonst müssten sie hier wohl übernachten. Wenn Hermine sich erst einmal in Rage geredet hatte, konnte sie nichts so schnell aufhalten. Dabei wollte er noch in die Winkelgasse apparieren und ein Geschenk für Teddy besorgen.
Harry schloss seine Bürotür ab, nachdem sie zusammen auf den Gang getreten waren und lief dann mit Hermine zu den Aufzügen.
„Sag mal, weshalb hast du mich eigentlich besucht? Du hast doch schon seit 14 Uhr Feierabend.“
Hermine zuckte die Schultern. „Ach, du kennst das ja, hier und dort war noch etwas zu tun. Das Übliche halt.“
„Ja…“, antwortete Harry gedehnt. Er war wirklich kein schlechter Auror, das wusste auch Hermine. Im Gegenteil sogar, er war einer der Besten. Zumindest bei den Einsätzen, die er in den meisten Fällen sogar anführte. Was den Schreibkram anging, tat er nur das Nötigste, das zwar für diesen Moment noch reichte, doch Hermine hatte Recht. Wenn er wirklich Leiter der Aurorenabteilung werden wollte, dann musste er sich zusammenreißen und mehr Leistung im Büro erbringen, wenngleich Kingsley ihm auch sehr zugetan war.
„Nein, ich wollte dich eigentlich fragen, ob du am Wochenende mal wieder Zeit hast. Ron treibt mich in den Wahnsinn. Ich glaub, er braucht seinen besten Freund mal wieder für ein Wochenende. Und ich brauche ein Wochenende Ruhe. Seit der Hochzeit klammert er doch ziemlich und dabei hab ich doch so viel zu tun.“
„Ron ist doch kein Hund, Hermine. Der kann sich schon gut selbst beschäftigen“ Harry lachte. „Aber ja, ich wollte ihm sowieso noch ein paar Filme zeigen. Sagen wir 15 Uhr?“ Es kam ihm ganz gelegen, dass Hermine Ron aus dem Haus haben wollte. Zeit zu zweit hatten er und Ron schon lange nicht mehr zusammen verbracht. Harry wollte dem frisch verheirateten Paar nicht unnötig im Weg rumstehen und wenn sie sich trafen, dann war eigentlich stets auch Hermine mit von der Partie. Gespräche unter Männern waren seitdem nicht mehr möglich.
„Ich frage ihn“, antwortete Hermine zufrieden und zusammen betraten sie einen der Aufzüge.
Die Winkelgasse war an diesem Spätnachmittag gut besucht. Wirklich wundern tat es Harry nicht. Es war das Ende der Sommerferien und viele Familien schlenderten durch die Straßen und arbeiteten die Listen ihrer Kinder für Hogwarts ab.
Harry lächelte. In ein paar Jahren würde er mit Teddy die Sachen für Hogwarts kaufen. Vielleicht sogar seinen ersten Besen. Andromeda würde sicherlich nichts dagegen haben. Außer seine Großmutter hatte Teddy ja nur noch Harry. Seine Eltern waren Tod, sein Großvater auch. Harry wollte nicht, dass es ihm so erging, wie ihm selbst damals. Teddy sollte ein glückliches Leben haben und sich jederzeit gewiss sein können, dass immer jemand für ihn da war und ihn liebte. Der Gedanke an Remus und Tonks versetzte ihm einen kleinen Stich. Sie wären gute Eltern geworden, da war er sich sicher. Am liebsten würde er Teddy viel mehr schenken, Andromeda unterstützen, doch sie war viel zu stolz, um dieses Angebot anzunehmen. Dafür spannte sie Harry regelmäßig als Babysitter ein, wenn sie arbeiten musste, um sich und Teddy zu versorgen und Harry genoss jede Sekunde, die er mit dem Jungen verbringen konnte.
Harry schlenderte an den Läden vorbei, blieb ab und an stehen und sah durch eines der Schaufenster. Kurz überlegte er, ob er bei Ron und George hineinschneien sollte, doch er befürchtete, dass Andromeda ihn in die nächste Woche hexen würde, falls er ihrem erst vierjährigen Enkel einen weiteren Scherzartikel der Weasleys schenken würde. Teddy jedenfalls war jedes Mal ganz begeistert, wenn etwas Klebriges in einer undefinierbaren Form durch das Haus hüpfte und das eine oder andere gute Stück zerdepperte. Vielleicht sollte er Hermine fragen, ob sie ein gutes Kinderbuch kannte, welches er seinem Patensohn schenken konnte.
Vor ‚Qualität für Quidditch‘ blieb er dann plötzlich stehen und sah fasziniert durch das große Schaufenster. Bei den ausgestellten Besen schwebten mehrere goldene Schnatze, ein wenig größer und sehr viel flauschiger als die normalen, um ein Preisschild herum. Neugierig geworden betrat Harry den Laden.
„Guten Tag, Sir. Kann ich Ihnen helfen?“ Der freundliche Besitzer des Ladens eilte auf Harry zu. Normalerweise hegte Harry eine tiefe Abneigung gegen aufdringliche Verkäufer, doch er war so oft in diesem Laden, sodass er den Besitzer inzwischen doch recht gut kannte und es ihm nicht übel nahm.
„Mr Paulsen, schön, Sie zu sehen. Ja, heute können Sie mir tatsächlich helfen. Diese Schnatze im Schaufenster sehen sehr interessant aus.“
Mr Paulsen nickte wissend, ging zum Schaufenster, schnappte sich einen der Schnatze und hielt ihn Harry hin. Der Schnatz protestierte ob dieser Behandlung vehement, denn er schlug hektisch mit den Flügelchen.
„Ja, die haben wir gerade erst reinbekommen. Für die jüngeren unter den Quidditch-Fans. Deshalb sind sie auch etwas größer und so kuschelig. Ideal zum ins Bett nehmen. Vollkommen ungefährlich. Verschluckungsgefahr und so.“ Er zwinkerte Harry zu und Harry wusste sofort, dass er auf Harrys erstes Quidditch-Spiel anspielte, bei dem er den Schnatz mit dem Mund gefangen hatte. Manchmal verfluchte er, dass nach seinem Sieg über Voldemort so viele Geschichten aus Hogwarts an die Öffentlichkeit gedrungen waren. Glücklicherweise nicht nur über ihn.
Der Ladenbesitzer grinste, als er hinzufügte: „Außerdem sind sie natürlich langsamer und die Flügel sind nicht so scharfkantig, sodass sich die Kinder nicht schneiden können.“
„Das klingt nach einem perfekten Geschenk. Ich nehme es.“
Als Harry wenig später den Laden verließ, fühlte er sich besser als zuvor. Er hatte ein Geschenk für Teddy und er hatte Feierabend. Zuhause wartete schon das Essen auf ihn und am Wochenende würde er sich mit Ron treffen. Er gönnte es Ron und Hermine, dass sie so glücklich waren, doch Harry würde den Teufel tun und dem frisch verheirateten Paar im Wege stehen. Auch die beiden, so gern sie Harry doch hatten, brauchten ihren Freiraum. Und dennoch war er hin und wieder eifersüchtig. Sie hatten einander. Jemanden, der einen abends im Bett wärmte, jemanden, der einfach da war.
Seit er sich vor einem Jahr von Ginny getrennt hatte, war er alleine. Die One-Night-Stands, die er ab und an hatte, erfüllten zwar ihren Zweck, etwas Langfristiges war aber nie dabei. Die meisten, egal ob Mann oder Frau, hatten ohnehin nur das Ziel, durch seinen Heldenstatus ein wenig Ruhm abgreifen zu können. Hin und wieder erwähnte Ron wie beiläufig, dass Ginny noch immer Interesse an Harry hatte, doch jedes Mal erklärte Harry ihm erneut, dass er Ginny nicht mehr liebte und er keinen Sinn darin sah, weiterhin eine Beziehung mit ihr zu führen.
Vertieft in sein Selbstmitleid bog er in eine etwas weniger belebte Gasse ab. Ein unangenehmes Gefühl im Nacken ließ ihn aufhorchen. Seine Sinne waren geschärft. Unauffällig wanderte seine Hand zu seinem Zauberstab, seinen Schritt jedoch beschleunigte er nicht. Aus dem Augenwinkel sah er tatsächlich, wie ihm eine, in einen dunklen Umhang gehüllte, Gestalt folgte. Harry ging seine Möglichkeiten durch, aber da er nicht wusste, mit welcher Intention ihm dieser Mensch folgte und ob er vielleicht sogar eine Gefahr für die anderen Zauberer und Hexen um sie herum darstellte, entschloss er sich für einen recht drastischen Schritt. Er eilte zur nächsten Seitengasse, ließ seinen Verfolger so ein Stück hinter sich und lehnte sich dort an die kalte Steinwand. Er hörte die Schritte der Person näherkommen, die ihn ganz sicher nicht aus den Augen verlieren wollte. Einmal atmete er noch tief durch und als die Person fast in ihn reinrannte, zweifellos besorgt dass Harry ihr entkommen könnte, griff Harry denjenigen fest am Umhang und disapparierte.
Unsanft knallten sie auf den Boden, seine Füße gaben unter dem Druck nach und er viel auf die Knie. Diese Landung hatte er sich eindeutig weniger schmerzhaft vorgestellt. Spontanes Apparieren lag ihm auch nach Jahren noch nicht. Hustend und keuchend rappelte Harry sich auf, sah sich sofort nach seinem Verfolger um und richtete seinen Zauberstab, den er die ganze Zeit fest umklammert gehabt hatte, auf ihn. Mit einem stummen Aufrufezauber machte er sich des Zauberstabs des anderen habhaft und steckte ihn sich in die Innentasche seiner Lederjacke. Doch dieser schien sich dafür im Moment recht wenig zu interessieren. Der schlanke Mann hielt sich stöhnend die Seite und fluchte leise.
„So, wen haben wir denn da? Einen Todesser? Einen verrückten Fan?“ Harry rückte etwas näher, den Zauberstab auf das Herz des anderen gerichtet, zog ihm die Kapuze herunter und als ein hellblonder Haarschopf zum Vorschein kam, stockte er. „Malfoy?“
Die sturmgrauen Augen des ehemaligen Slytherins sahen ihn finster an und Harrys Herz machte einen kleinen Hüpfer. Verdammt. „Bist du irre, Potter? Ich hätte zersplintern können!“, fauchte Malfoy wütend und rappelte sich ein wenig auf.
Harry legte den Kopf schief. „Keine Sorge, ich bin Auror. Ich weiß, wie man richtig appariert.“
„Kein besonders Guter offenbar. Dafür, dass du angeblich apparieren kannst, war die Landung recht unsanft, Auror Potter.“ Malfoy brachte sich vorsichtig in eine sitzende Position und rieb sich verärgert die Seite, den Blick ließ er dabei unablässig auf Harry gerichtet. „Du siehst gut aus, Potter. Das Heldendasein steht dir.“
Harry umklammerte seinen Zauberstab fester und ignorierte das leise Ziehen in seinem Bauch. War das etwa ein Kompliment gewesen? Von einem Malfoy? Von DEM Malfoy? „Schluss jetzt.“ Und er war sich nicht sicher, ob er damit Malfoy oder seine eigenen Gedanken meinte. „Wieso bist du mir gefolgt, Malfoy?“
„Ich habe mich nach dem Helden verzehrt“, hauchte der Blonde theatralisch und legte sich die Hand an die Stirn, doch als Harry ihn nur zornfunkelnd ansah, wurde er wieder ernst. „Ich wollte dich nicht ermorden, falls du darauf hinaus wolltest.“
„Sag schon. Sonst führe ich dich ab und befrage dich unter Veritaserum.“
Malfoy zog spöttisch eine Augenbraue hoch. „Ach? Weswegen? Weil ich hinter dir gegangen bin? Ist das neuerdings ein Verbrechen? Wenn du mich fragst, macht dich das nicht gerade zu einem guten Auror.“
Harry lief rot an. Wie schaffte es Malfoy nur immer wieder, ihn bis zum Äußersten zu reizen? Das hatte er damals in Hogwarts schon bis zur Perfektion beherrscht. Er packte den ehemaligen Slytherin hart an der Schulter und zog ihn auf die Füße.
„Vielen Dank, Sir“, sagte Malfoy und es war unverkennbar, dass er einen Hauselfen nachäffte.
„Meine Geduld ist am Ende, Malfoy. Sag, was du willst. Willst du mich entführen? Bist du wieder bei den Todessern?“
Mafloys Miene verfinsterte sich, sein Gesichtsausdruck wurde hart. „Nein und ja, wenn du es genau wissen willst.“
Harry stockte und runzelte die Stirn. „Dir ist klar, dass eine Mitgliedschaft bei den Todessern ein Verbrechen ist und geahndet wird? Besonders bei jemandem, der schon einmal Todesser war.“
„Ja, das ist mir wohl bewusst, Potter.“
„Und trotzdem erzählst du es mir.“
„Messerscharf kombiniert. Ich bin stolz auf dich, Auror Potter.“
„Hör auf mit den Witzen, Malfoy. Warum hast du mir das erzählt? Du bist doch eigentlich zu intelligent als dass du so etwas Dummes tun würdest.“
„Danke für das Kompliment erstmal. Ich erzähle dir das, weil ich deine Hilfe brauche, Potter.“ Malfoy leckte sich nervös über die Lippen. „Und weil ich hoffe, dass du noch immer diesen Heldenkomplex hast.“
Harry war baff. Mit allem hätte er gerechnet, doch nicht damit. Ein Draco Malfoy bat ihn um Hilfe? „Wieso sollte ich dir helfen, Malfoy? Wegen unserer positiven Vergangenheit? Den wunderschönen gemeinsamen Erinnerungen?“
Malfoy schloss die Augen und atmete tief durch. „Bitte, Potter. Ich brauche deine Hilfe, um zu überleben. Ich bin nicht freiwillig zu den Todessern zurückgekehrt. Sie haben mich quasi in ihrer Gewalt.“
„Wenn du in Gefahr bist, komm mit mir mit und das Ministerium beschützt dich. Dafür ist die Aurorenabteilung da.“
„Nein, Potter. So einfach ist das nicht. Der neue Anführer der Todesser… du hast ja keine Ahnung, wie er ist. Wenn er will, kann er mich finden. Überall und jederzeit. Wenn er auch nur den kleinsten Verrat spürt, tötet er mich, oder wenn er an mich nicht rankommt, die anderen jungen Todesser.“
„Wie findet er euch?“
„Ich weiß es nicht. Viele der alten Anhänger, die nicht gefangen wurden oder inzwischen wieder frei sind, sind zu ihm übergelaufen. Vielleicht haben sie unsere Adressen preisgegeben. Ich bin nicht der Einzige, der Angst hat, Potter.“ Malfoy fuhr sich verzweifelt durch die Haare und Harry kaute auf seiner Unterlippe herum. Konnte er Malfoy Glauben schenken? Andererseits, wieso sollte er ihn anlügen? Die Art, wie er sich durch die Haare fuhr, die perfekte Frisur zerstörte, wirkte nicht so, als wolle er ihn in eine Falle locken.
„Und was soll ich deiner Meinung nach jetzt tun?“ Harry sah ihn abwartend an.
„Ich brauche deine Hilfe. Nur deine!“
„Sag schon, was du willst, Malfoy. Oder ich gehe wieder.“
„Du nimmst mich also nicht fest? Schön“, höhnte Malfoy.
Harry verdrehte genervt die Augen und verschränkte die Arme. Was sollte Malfoy auch groß gegen ihn ausrichten? Harry hatte ja noch seinen Zauberstab. „Malfoy!“
„Jaja, schon gut.“ Malfoy seufzte und fuhr sich erneut durch die, nicht mehr ganz so perfekt sitzenden, Haare. Doch es stand ihm, fand Harry. Diese ernste Strenge, die ihm die zurückgegelten Haare stets verliehen hatten, stand ihm einfach nicht. „Schon damals in Hogwarts hieß es, dass du den Imperius sehr gut abschütteln kannst.“
Harry hob erstaunt eine Augenbraue. Was sollte das jetzt werden? „Ja, das ist richtig. Moody hat es uns beigebracht… Wieso? Wolltest du mich mit einem belegen? Tut mir leid, dann wirst du keinen Erfolg haben.“
„Nein, natürlich nicht. Ich will, dass du mir beibringst, wie man ihm widersteht“, entgegnete Malfoy ruhig und ohne einen Hauch von Sarkasmus in der Stimme, den Harry aber verzweifelt suchte.