*Kapitel 3*
Malfoy seufzte und schnappte sich einen der Kekse, die Kreacher netterweise, und zweifellos um zu beweisen, dass ER wirklich an alles dachte, ohne dass Harry ihm alles sagen musste, hingestellt hatte. Er drehte den Keks skeptisch in der Hand, biss dann schließlich hinein und sah Harry mit einer hochgezogenen Augenbraue an.
„Also, um es ein für alle Mal klarzustellen, Potter: Ich bin erwachsen geworden und versuche die Zeit in Hogwarts hinter mir zu lassen. Bitte, wenn du auf alten Kamellen rumhacken willst, dann ist das nicht mein Problem. Ich habe mir was dabei gedacht, als ich dich verfolgt habe. Ich habe wirklich andere Sorgen als dich ständig zu beleidigen. Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, aber wir müssen unsere kleinen Streitereien verschieben, bis ich nicht mehr so knietief in der Scheiße stehe. Das wirst du sicherlich verstehen, oder?“, fragte er bissig.
Harry grinste und blickte ihn empört an. „Aber Malfoy, wo sind denn deine guten Reinblütermanieren?“
Zu seiner Freude grinste Malfoy, dieses Mal ehrlich und ohne eine Spur von Gehässigkeit, zurück. „Wer ist denn hier jetzt frech, kleiner Auror?“ Doch sein Gesichtsausdruck wurde wieder ernst. „So nett es auch ist, hier mit dir in einem alten muffigen Haus, in dem die Wiesel dauernd ein und ausmarschieren, zu quatschen, würde ich trotzdem gerne möglichst schnell anfangen. Je schneller du mir den Imperius beibringst desto schneller können wir wieder getrennte Wege gehen. Einverstanden?“
Nein, Harry war damit eigentlich gar nicht einverstanden, doch er nickte und stand auf. „Na dann komm mal mit, wir suchen uns einen Raum mit etwas mehr Platz. Nicht, dass du mir noch über den Wohnzimmertisch fällst.“
Er hatte sich für die Bibliothek entschieden, die gleichzeitig auch als Arbeitszimmer diente, aber von der Möblierung her mehr Platz bot als sein Wohnzimmer. Außerdem wollte er vermeiden, dass ein verwirrter, und gegen den Fluch ankämpfender, Malfoy kostbare Sachen, wie Bilder und die eine oder andere teure Trophäe, runterschmiss. Malfoy sah sich neugierig um und Harry musste sich zwingen, nicht zu grinsen. Das Malfoy wissensdurstig war und gerne las, das war nun wirklich kein Geheimnis. Eigentlich schade, dachte Harry. Würde Malfoy nicht so vehement auf seine Herkunft bestehen, würden er und Hermine sich sicherlich hervorragend verstehen und Harry gemeinsam belehren können, was er alles wie zu machen hatte. Vielleicht war das so gesehen also gut, dass die beiden sich hassten.
„Also? Wie läuft das nun ab?“, fragte Malfoy und riss ihn damit aus seinen Gedanken.
Wenn Harry ehrlich war, wusste er das selbst nicht so genau. Der DA einfache bis schwerere ‚normale‘ Zauber zu lehren, war eine Sache, doch einem Malfoy beizubringen, wie man einen Unverzeihlichen Fluch abwehrte, eine ganz andere. Er kratzte sich die Bartstoppeln am Kinn, die ihm einen leicht verwegenen, und trotzdem noch gepflegten, Look verliehen. Seine wirren Haare, die sich einfach weigerten, ordentlich zu liegen, taten ihr Übriges. Das hatte zumindest Ginny ihm immer wieder gesagt. Er selbst glaubte nicht so richtig daran, dass er so gut aussah, wie sie sagte, aber nun gut, man sah sich selbst schließlich immer ein wenig anders.
Harry sah, wie Malfoy erwartungsvoll eine Augenbraue hochzog und die Arme verschränkte.
„Hey, ich mach das auch zum ersten Mal, ja? Lass mich einen Moment überlegen.“ Er sah, wie Malfoy sich einen Kommentar dazu verkniff und stattdessen näher kam. „Okay, ich würde sagen, wir schauen erst einmal, ob du schon jetzt zumindest Ansätze zeigst, dich zu widersetzen.“
„Ich wurde schon mit Imperius-Flüchen belegt, Potter. Öfter als mir lieb ist. Ich kann mich nicht wiedersetzen.“
„Bei bösen Todessern vielleicht, die um jeden Preis an Informationen kommen wollen. Die gehen mit einer ganz anderen… Leidenschaft an die Sache ran. Ich bin aber ein lieber kleiner Auror, der dich schon nicht zu hart rannimmt.“ Er zwinkerte Malfoy zu, wohlwissend, dass dieser Satz gerade sehr zweideutig gewesen war.
Malfoy sah ihn mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck an und kniff die Augen zusammen, sagte jedoch nichts.
Harry zog seinen Zauberstab und richtete ihn auf Malfoy, sah ihm fest in die Augen. „Bereit?“
Dieser zuckte mit den Schultern. „Muss ja, oder?“
Harry atmete einmal tief durch, fragte sich dabei aber immer noch, ob er hier grad das Richtige tat und weshalb er es eigentlich tat. Um einem Menschen zu helfen? Einem ehemaligen Schulkameraden? Oder tat er es, weil es Malfoy war? Hätte er ihn vielleicht doch lieber mit ins Ministerium nehmen sollen? Hätte man Malfoy dort geholfen oder ihn weggesperrt? Er beschloss, die Gedanken beiseite zu schieben, solange er hier mit Malfoy trainiert. Nun war er schon dabei und er hatte Malfoy versprochen, zu helfen und das würde er tun.
„Imperio“, sagte Harry leise, aber mit fester Stimme und schluckte hart, als die prickelnde Wärme, die er seit dem Krieg nicht mehr gespürt hatte und auch nie mehr hatte spüren wollen, durch seine Adern floss und sich mit dem Stab zu verbinden schien. Augenblicklich entspannten sich Malfoys Schultern und Harry trat näher an ihn heran. Wie sehr Willenlosigkeit einen Gesichtsausdruck doch verändern konnte. Es war Malfoy und dann auch wieder nicht. Seine Augen waren glasig, von dem typischen Spott, der Arroganz und Hochnäsigkeit, die Malfoys Gesichtsausdruck ausgezeichnet hatten, war nichts mehr übrig.
So richtig wusste Harry nicht, womit er anfangen sollte, also sagte er hilflos: „Dreh dich im Kreis.“
Malfoy zögerte nicht eine Sekunde und drehte sich brav einmal um sich selbst. Er musste aufpassen, Malfoy nicht zu allzu lächerlichen Sachen zu zwingen, denn er wusste nur zu gut, dass man alles mitbekam, was man unter dem Einfluss des Imperius-Fluches so machte. Doch es war verlockend. Ein Malfoy, der alles tat, was er ihm befahl… Harrys Gedanken drohten, abzuschweifen, doch er riss sich zusammen. Er würde sich vor Malfoy blamieren, wenn die Verbindung durch seine unanständigen Gedanken reißen würde und er sich erklären müsste.
„Spring auf der Stelle“, sagte Harry. Auch diesmal führte Malfoy. ohne zu Zögern. seinen Befehl aus. Vielleicht musste er ihn in Situationen bringen, die ihm so sehr widerstrebten, dass er gar nicht anders konnte als sich dagegen zu wehren.
„Quake, wie eine Ente.“ Harry biss sich auf die Lippe, um sich ein Lachen zu verkneifen, als Malfoy tatsächlich versuchte, eine Ente zu imitieren. Er war sich sicher, wäre Ron an seiner Stelle, hätte er schon so allerlei unangenehmere Dinge mit Malfoy angestellt. Aber er war nicht Ron. Doch was sollte er ihn tun lassen? Sollte er ihm Fragen stellen? Durfte er so in Malfoys Privatsphäre eindringen? Andererseits, was sollte Malfoy sonst dazu bewegen, sich gegen diesen Fluch zu wehren? Würde er es Harry übel nehmen, wenn er ihn über seine Vergangenheit befragte? Er musste es eigentlich drauf ankommen lassen.
„Warum hast du mir vor dem ersten Schuljahr deine Freundschaft angeboten?“
Harry hoffte, Malfoy würde zögern, doch er antwortete leider wieder sofort. „Mein Vater hat geäußert, dass du der neue Dunkle Lord sein könntest, weil du Voldemort besiegt hast.“
Harry war etwas enttäuscht, dass Malfoy ihn nicht angesprochen hatte, weil er Harry sympathisch gefunden hatte, doch wenn er ehrlich war, war er nicht überrascht. Er war immer noch Malfoy.
„Warum hasst du Hermine so?“
„Eifersucht“, antwortete Malfoy sofort und Harry war verzweifelt. Wie gering war Malfoys Widerstand wohl, dass er selbst das zugab? Einen Moment lang spielte er mit der Versuchung, die Frage auszuweiten und Malfoy zu fragen, wieso er eifersüchtig auf Hermine war, doch er ließ es bleiben.
„Du hast es gleich geschafft, Malfoy. Es tut mir leid, aber ich muss dich das fragen. Hast du mir über deine derzeitige Situation die absolute Wahrheit erzählt?“ Und tatsächlich konnte Harry zum ersten Mal plötzlich etwas sehen. Ein Zögern. Einen Funken von Unwillen in den schönen grauen Augen. Malfoy schien mit sich zu kämpfen. Drei Sekunden, sieben Sekunden… zehn. Harry rutschte das Herz in die Hose. Das bedeutete, Malfoy hatte ihn belogen und er hoffte inständig, dass es nur eine Kleinigkeit war. Doch würde er dann so zögern?
„Hast du mir die Wahrheit über deine derzeitige Situation erzählt, Malfoy?“, wiederholte Harry seine Frage und bellte strenger als er beabsichtigt hatte: „Sag es mir!“
Malfoy schien sich wirklich zu wehren, doch der der Imperius war zu stark als dass er sich Harrys Befehl wiedersetzen konnte. „Nein“, antwortete Malfoy und Harry überlegte, ob er noch weiter nachhaken sollte, was Malfoy ihm verschwiegen hatte, doch er sah die Schweißperlen auf Malfoys Stirn. Der Kampf mit dem Fluch hatte ihn angestrengt.
Harry hob den Fluch auf. Malfoy würde ihm antworten, auch ohne Fluch. Er sah, wie die grauen Augen wieder klarer wurden, wie Malfoy erst verwirrt und dann wütend auf Harry hinab starrte.
„Geht’s noch, Potter? Ich bin doch kein Gefangener, den man zum Verhör schickt! Hast du sie noch alle? Ich dachte, ich kann dir vertrauen!“, fauchte Malfoy erbost und machte einen drohenden Schritt auf Harry zu, doch dieser ließ sich nicht von ihm beeindrucken, wenngleich Malfoy mehrere Zentimeter größer war als er.
„Ach? Wir reden nun also von Vertrauen, Malfoy? Nun, ich dachte ebenso, dass ich dir vertrauen kann und dass du mir alles erzählt hast“, antwortete Harry lässig und ließ sich in einen der weinroten Ohrensessel sinken.
Malfoy sah ihn erst fassungslos an, doch dann seufzte er geschlagen und ließ sich in den Sessel gegenüber von Harry sinken. „Fein…“, sagte er resignierend und sah Harry direkt in die Augen. „Ich glaube, wir müssen noch ein paar neue Regeln aufstellen. Sonst bringen wir uns noch gegenseitig um.“
Harry war erstaunt ob der Vernunft Malfoys. Mit dem Alter kam offenbar wirklich die Reife. Er nickte zustimmend und rief dann Knox zu sich. Der junge Hauself, voller Tatendrang breit grinsend, sah ihn so begeistert an als sei Harry das faszinierendste Tier in einem Zoo.
„Was kann Knox für Master Harry Potter tun, Sir?“, quiekte der Elf aufgeregt.
Harry lächelte freundlich. „Geh bitte einkaufen und sag Kreacher, dass ich heute gerne Hackbraten hätte. Bei den Beilagen kann er sich gerne austoben. Und wir essen zu zweit“, fügte er mit einem Blick auf Malfoy hinzu. Der Elf nickte eifrig und verschwand.
„Aufgedrehtes kleines Kerlchen“, meinte Malfoy und schlug lässig ein Bein über. „Wie kommst du übrigens darauf, dass ich mit dir zu Abend esse? Weil wir uns so gut verstehen?“
Harry zuckte die Schultern. „Ich hab das jetzt so beschlossen. Wenn es dir nicht passt, musst du dir leider einen anderen suchen, der für dich das Gesetz bricht.“
Malfoy schwieg und sah ihn mit einem so eisigen Blick an, der sicherlich selbst dem Blutigen Baron alle Ehre machte.
Malfoys Gesichtsausdruck ignorierend stand Harry auf, um sich die Hände am Kaminfeuer zu wärmen. Sie fühlten sich seltsam klamm an und er rieb sie aneinander, um wieder ein wenig Wärme zu erzeugen. „Du musst leider deiner Frau sagen, dass du erst nach dem Abendessen kommst.“
Hatte er sich damit zu weit aus dem Fenster gelehnt? Hatte Malfoy überhaupt eine Frau? Oder einen Mann? Harrys Herz klopfte ein wenig schneller, als er sich wieder zu Malfoy umdrehte, der nun ebenfalls aufgestanden war und langsam auf Harry zuschritt.
„Siehst du einen Ring an meinem Finger, Potter? Ich bin nicht verheiratet und es gibt auch niemanden, der auf mich wartet, traurig aber wahr“, sagte er kalt und trat zu ihm ans Feuer.
Harry schluckte. „Tut mir leid, das war dumm. Es geht mich nichts an. Manchmal vergesse ich, dass wir nicht mehr in der Schule sind.“ Er lächelte verlegen und fuhr sich mit der erwärmten Hand durch den Nacken. Wieso machte ihn Malfoy nur so nervös? Er war erwachsen, verdammt! Und er war Auror! Er hatte schon mit zweifellos schlimmeren Menschen zu tun gehabt als Malfoy.
Doch Malfoy zuckte die Schultern und sah ihn schief an. „Man gewöhnt sich dran.“ Dann schmunzelte er plötzlich und der spöttische Gesichtsausdruck, den Harry während des Fluches so vermisst hatte, fixierte ihn. „Aber sag mal, erst willst du wissen, ob ich dich hässlich finde und erwähnst dann eine Ehefrau. Also Auror Potter, wenn ich es nicht besser wüsste, würde sich das fast so anhören als würdest du auf mich stehen.“
Harry wurde unwillkürlich rot, doch der flackernde Schein des Feuers kaschierte seine heißen Wangen hoffentlich ausreichend. Er schnaubte verächtlich und winkte ab. „Dein Selbstbewusstsein hätte ich gerne, Malfoy. Das kennt echt keine Grenzen.“
„Bist du es denn?“
„Was?“
„Schwul“, antwortete Malfoy schlicht und Harry verschluckte sich kurz an seiner eigenen Spucke. Auch wenn dies Antwort genug war, schien Malfoy auf seine Bestätigung zu warten und warum eigentlich auch nicht? In der Zaubererwelt war Homosexualität natürlicher als in der Muggelwelt. Nun gut, wenn man genau war, hatten sie mit der Frage des Blutes immer noch genug zu tun. Vielen reinblütigen Zauberern war es egal, ob ihre Kinder Mann oder Frau mit nach Hause brachten, solange dieser Partner reinblütig war und im Idealfall noch aus einer angesehenen Familie stammte.
„Bi. Warum? Bist DU denn interessiert?“
So einfach war es, den Spieß umzudrehen. Nun war es an Malfoy, rot zu werden und Harry war froh, dass er viel gebräuntere Haut hatte als Malfoy, sodass sich die Röte nun schön auf dessen blassen Wangen abzeichnete.
„Quatsch nicht, Potter“, ranzte er Harry an und entfernte sich einen Schritt von ihm. „Lass uns lieber die Regeln für das nächste Mal absprechen, damit du mich nicht wieder in so eine peinliche Lage bringst.“
Harry nickte ergeben, blieb wo er war und überlegte. „Also schön, du nennst mir Sachen, die ich nicht befehlen darf und dafür sagst du mir alles, was du mir verschwiegen hast.“ Er streckte Malfoy plötzlich die Hand hin. „Keine Geheimnisse mehr, okay, Malfoy?“
Der ehemalige Slytherin schien zu zögern, doch dann ergriff er Harrys Hand und schüttelte sie leicht. Seine Hand fühlte sich warm an und Harry hatte das Bedürfnis, herauszufinden, ob er auch am Rest des Körpers so warm war. Hatte er das gerade wirklich gedacht? Verdammt.
Malfoy ließ ihn wieder los und legte leicht den Kopf schief, sah ihn fragend an. „Okay, also ich will weder zu Granger noch den Weasleys befragt werden. Ich kann sie nicht leiden. Mehr musst du nicht wissen. Dinge aus meiner Vergangenheit sind tabu. Ich mache lieber den halben Tag den Ententanz als dir zu sagen, mit wem ich meinen ersten Sex hatte oder was bei den Todessertreffen unter Voldemort abging.“ Er sah Harry fest in die Augen, fast eindringlich. „Ich vertraue dir, Potter. Mir bleibt nichts anderes übrig.“
Harry nickte verstehend. „Es ist bloß sehr schwierig, Dinge zu finden, gegen die du wirklich ankämpfen willst. Ein Ententanz scheint wohl nicht blamabel genug zu sein.“ Harry grinste und Malfoy grinste, zu Harrys Überraschung, zurück. „Aber in Ordnung, ich werde mir zum nächsten Mal alternative Befehle einfallen lassen. Keine persönlichen Fragen mehr.“
Malfoy nickte zufrieden, runzelte dann die Stirn und sah Harry von der Seite her an. „Potter? Was musstest du eigentlich machen, als du mit dem Fluch belegt wurdest?“ Sein Blick war fast schon neugierig und Harry konnte nicht anders als es niedlich zu finden. Diese Offenheit in Malfoys Blick… sie war eine willkommene Abwechslung.
Harry schürzte die Lippen. „Also bei Moody… der ja eigentlich Barty Crouch Jr. war, musste ich auf einen Tisch springen, so lange, bis ich mich komplett dagegen wehren konnte. Ich habe mir dabei beide Kniescheiben zertrümmert, weil mein Geist mit sich selbst uneins war. Und damals auf dem Friedhof… Voldemort wollte, dass ich ihn anbettle, mit dem Cruciatus-Fluch aufzuhören.“ Harry hatte gar nicht gemerkt, wie sein Gesicht einen grimmigen Ausdruck angenommen hatte, doch Malfoys Augen weiteten sich anerkennend.
„Du hast so kurz nach einem Cruciatus einen Imperius abgewehrt? Wow, vielleicht bist du doch nicht so falsch in deinem Beruf, Auror Potter.“ Er nickte anerkennend und lächelte Harry ehrlich an.
Harry schnitt eine Grimasse. „Ich nehme das mal als Kompliment.“
„Wie lange hat es gebraucht, bis du zum ersten Mal während des Fluches dachtest, es stimmt was nicht?“
„Direkt beim ersten Mal. Kurz, nachdem der Crouch-Moody mich zum ersten Mal mit dem Fluch belegt hat.“
Diese Antwort schien nicht nach Malfoys Zufriedenheit zu sein, denn er murmelte ein „Das war ja klar“. Zweifellos hatte er gehofft, Harry hätte auch seine Zeit gebraucht, um den Fluch abschütteln zu können. Harry hatte das unwillkürliche Bedürfnis, ihn aufzuheitern, also sagte er: „Naja, in irgendwas muss ich ja auch mal besser sein als du.“
Zu Harrys Erstaunen blieb Malfoys Miene hart und unergründlich. „Bescheidenheit steht dir nicht, Potter. Wir beide wissen, dass du immer der Held sein wirst, der den Dunklen Lord besiegt hat, drei Mal… oder waren es vier Mal? Der Held, der einen gestaltlichen Patronus seit dem dritten Schuljahr beherrscht und eben jenen einer Gruppe tumber Schüler beigebracht hat. Und genauso werde ich immer der ehemalige Todesser sein, der zu viel Angst vor dem Tod hatte, um sich gegen den Dunklen Lord zu stellen.“
Harry kaute auf seiner Unterlippe herum. Da hatte Malfoy tatsächlich ziemlich gut zusammengefasst, was die Medien in aller Ausführlichkeit ausgeschlachtet hatten. Gut, er selbst würde die DA-Mitglieder nun wirklich nicht als tumb bezeichnen. Kurz überlegte er, ob er Malfoys Bild von ihm richtig stellen sollte, entschied sich dann aber dagegen und schritt stattdessen auf Malfoy zu und legte ihm zögerlich eine Hand auf die Schulter. Der ehemalige Slytherin sah ihn verwirrt und ein wenig skeptisch an.
„Angst vor dem Tod ist keine Schande, Malfoy und Angst vor Voldemort auch nicht. Du warst noch ein Kind. Ich kann mir nicht einmal vorstellen, was für ein Druck auf die gelastet haben muss. Du hast dich aber letztendlich richtig entschieden, das ist alles, was zählt. Du hast mehr Menschen damit geholfen, als du vielleicht glauben magst.“
Malfoy wirkte ertappt und zog leicht den Kopf ein. „Was meinst du? Ich war bis zum Schluss auf seiner Seite.“
Harry lächelte. „Du hast im Raum der Wünsche damals viel zu viel Aufstand für jemanden gemacht, der mich nur zu Voldemort bringen wollte.“ Harry versuchte, die schrecklichen Momente, die unmittelbar nach dem Raum der Wünsche geschehen waren, aus seinen Gedanken zu verbannen. Sie waren in diesem Moment fehl am Platz. „Und du hast mich im Malfoy Manor gerettet. Du hast dich bewusst gegen ihn entschieden und gegen deine Familie gestellt. Seien wir ehrlich, es war ein bisschen zu leicht, dir bei dem Kampf den Zauberstab abzunehmen. Du hast dich ja nicht mal richtig bemüht.“
Nun lachte Malfoy, herzlich und ehrlich und wuschelte dann, zu Harrys großem Erstaunen, durch seine schwarzen Haare. „Ach kleiner Held, so wie du das sagst, klingt es fast, als wäre ich der Held in dieser Geschichte.“