Die Hauptreligion von Lirhajn ist schon seit Jahrhunderten der thyrmalische Glaube, der sich ursprünglich aus dem castianischen Mbube-Glauben entwickelt hatte. Vor diesem waren die Galtai und ihr Brauchtum dominierend, und Hinweise auf eine noch ältere Religion, deren Name verloren ist, finden sich in den Höhlensystemen unter dem Land.
Die ursprüngliche Kultur stammt noch aus dem Wilden Zeitalter nach der Ära der Finsternis. Archäologische Funde wie eine Himmelsscheibe mit Darstellungen der Gestirne, Beilagen in Gräbern und Ansammlungen von Bärenknochen deuten auf eine naturverbundene Religion hin, die vermutlich wilde Tiere und Himmelskörper verehrte, insbesondere wohl Sternschnuppen. Die Grabbeilagen bestehen aus Pflanzen, verschiedenen Gebrauchsgegenständen und wohl auch Strängen aus geflochtenem Haar. Wenn die Spuren richtig gedeutet wurden, handelt es sich um die älteste Tradition von Lirhajn, denn noch heute werden Verstorbenen 'Seile' aus dem Haar der Angehörigen ins Grab gelegt, die als Verbindung über die Grenze von Leben und Tod hinweg dienen sollen. Aus den Haaren der Familienmitglieder wird eine Kette geflochten, die dem Toten umgehängt wird, damit immer erkenntlich bleibt, von wem sie oder er kommt.*
Diese ursprüngliche Kultur wurde von den Galtai verdrängt, eine ebenfalls sehr naturverbundene Religion, die aber besser dokumentiert ist. Neben mehreren Göttern gab es rituelle Bräuche, die stark an heilige Orte - sogenannte Kraftzentren - und Tageszeiten gebunden waren. Gebete wurden oft mit Opfern begleitet, die von Pflanzen über Tiere zu Erdwesen reichen konnten. Weissagungen der Orakel - sogenannten Omde-Priestern - gehörten ebenfalls zum Kulturgut der Galtai und waren wohl sehr zutreffend, wenngleich manche Quellen nahelegen, dass die Voraussagungen zu großen Teilen auf Statistik und Berechnungen beruhen.
Inzwischen ist der thyrmalische Glaube am weitesten verbreitet. Dieser monotheistische Glaube entstammt dem mburischen Glauben von Casta. Thyrmalisten verehren Thyrmal als höchsten Gott, den Heiligen Geist und Kieran als Sohn Thyrmals, den der Mbube- und der Vorax-Glaube nur als einfachen Prediger anerkennen. Damit ist der thyrmalische Glaube nur teilweise monotheistisch. Thyrmal, der Heilige Geist und Kieran gelten als sogenannte 'Dreieinigkeit' oder 'Dreifaltigkeit' und sind somit eine wirkende Kraft, jedoch drei getrennte Wesen.
Der thyrmalische Glaube sieht Erdwesen als grundsätzlich sündhaft und dreht sich vor allem um die Suche nach Erlösung. Nur ein gottgefälliges Leben kann zu Erlösung im Leben nach dem Tod führen, wo die Seelen in die Verzückung oder die Verdammnis (beides war wohl als Zustand gemeint, wird heute mehr als Ort verstanden) kommen und je nach ihren Taten glücklich fortdauern oder für alle Ewigkeit gefoltert werden. Zwischenstufen gibt es in der Form im irdischen Leben, wo die Erdwesen freien Willen haben und sowohl Sünden begehen als auch gottgefällig leben können.
Sünden kann man mit der Beichte und Abbitte vergeben lassen (gelegentlich für einen Geldbetrag). Neben Messen und Gebeten ist auch Missionierung eine Möglichkeit, Sünden vergeben zu lassen. Die Seelen der Ungläubigen vor der ewigen Verdammnis zu retten gehört zu den zentralen Bestrebungen des Glaubens. Aus diesem Grund wurden auch häufiger Heilige Kriege geführt, um Ungläubige notfalls durch den Tod zu bekehren.
Feiertage
Lirhajnische Feiertage sind oft aus den älteren Glaubensrichtungen entstanden und wurden im Sinne der neueren Religion - nun also des thyrmalischen Glaubens - umgedeutet.
Die wichtigsten Feiertage sind die Kar im Frühjahr, das Erntedankfest und das thyrmalische Winterfest oder Navirat.
Die Kar ist eine längere Fastenzeit zum Gedenken an den Tod des Gottessohns Kieran und die mit dem Fest seiner Auferstehung enden. Ursprünglich ist dieses Fest wohl aus einem Fruchtbarkeitsritus im Frühling entstanden.
Das Erntedankfest ist ein eher bäuerlicher Brauch im Erntemonat, der mit Tänzen und einem Festmahl begangen wird, außerdem gibt es Dankesgebete für ein erfolgreiches Jahr.
Im Winter, während der dunkelsten Zeit, findet das ehemalige galtairische Lichterfest statt, nun Navirat genannt. Die Thyrmalisten feiern hier die Geburt von Kieran über drei Tage, zu denen es Geschenke und reichhaltige Mahlzeiten gibt. Außerdem werden Haus und Hof mit Lichtern geschmückt, um die Dunkelheit des Winters (und der Ungläubigen) symbolisch zu vertreiben.
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*Den Satz habe ich von Limayeel geklaut, deren Charakter Dhunya (aus Lirhajn) die Beerdigungstradition im P&P entwickelt hat. Und sie kann sich nicht dagegen wehren!
(Omde war ein Vertipper von Doro aus dem gleichen P&P, und die Idee, Seher mit Statistik zu verknüpfen, stammt aus einer lustigen Runde "Werwölfe".)