Die Wolken verdunkelten sich und es begann wie aus Eimern zu gießen. Severus hatte noch einen weiten Weg zurück zum Schloss. Er betete und hoffte, dass er vorher im Schloss war und sich verstecken konnte.
Keiner sollte seine Angst sehen. Sie würden sich nur noch mehr über ihn lustig machen. Schniefelus, der Feigling, der panische Angst vor einem dummen Gewitter hatte. Wie erbärmlich war das bitte?
Als der erste Blitz sich zeigte konnte sich Severus noch zusammenreißen, aber als der laute Donner folgte sprang er in den nächsten Busch und machte sich ganz klein. Ihm war schlecht. Er presste die Lippen zusammen, um das Schluchzen nicht zuzulassen.
Sein starkes Zittern, welches fast in ein Beben überging, war nicht zu bändigen. Tränen sammelten sich in seinen Augen. Als ein Blitz dicht in seiner Nähe zu sehen war schluchzte er laut auf und umarmte sich noch fester. Machte sich noch kleiner.
Die Tränen waren nicht mehr aufzuhalten. Sein Magen brannte. Ihm kam die Galle hoch wegen seiner eigenen Unzulänglichkeit. Wie dumm er war. Er zuckte zusammen, als ihm jemand einen trockenen Umhang um die Schultern legte und in die Arme zog.
„Nein! Nein! … Lass mich los!... Bitte!“, rief er aufgebracht.
Er wurde nur fester gehalten. Konnte nicht entkommen. Aber er gab nicht auf. Irgendwie musste er doch entkommen können.
„Keine Angst, Sev! Ich bin da! Ich bin da!“, flüsterte eine nur allzu bekannte Stimme in sein Ohr. Er versteifte sich. Regulus fand ihn verängstigt wegen eines dummen Gewitters, das war so erbärmlich. Jetzt hielt er ihn sicher für einen Feigling.
„Nein! D... du darfst mich nicht so sehen!“ Seine Stimme war brüchig.
Er schluckte schwer. Jetzt hielt Regulus ihn bestimmt für einen Feigling.
„Rede keinen Blödsinn! Ich lass dich bestimmt nicht allein, wenn es dir so schlecht geht.“
Das Donnern ließ sein unterdrücktes Schluchzen laut ausbrechen. Er wurde dichter an Regulus Körper gedrückt. Sein Kopf lag auf dessen Brust, sodass er den Herzschlag des Anderen hören konnte. Ein wenig lichtete sich sein Gemüt.
„Wieso machst du das immer mit dir alleine aus?“, fragte er kopfschüttelnd.
Severus schloss die Augen, aber antwortete nicht. Es kam ihm einfach dumm vor. Er war einfach dämlich. So war das eben.
„Sev, was grübelst du!“
„Nicht wichtig!“ Seine Stimme klang zwar jetzt besser, aber immer noch brüchig.
„Wenn es nicht so wichtig wäre, würde es dich nicht beschäftigen.“, erwiderte Regulus fest.
„Es ist dumm!“, gab Severus nach.
„Was dir Sorgen macht ist nicht dumm. Und wenn du dich wieder in was verrennst bin ich da, um dich wieder raus zu holen.“
Severus war es sehr unangenehm. Was sollte er ihm denn sagen? Das er ein verdammter Feigling war? Das er sich vor einem Gewitter fürchtete? Das er dachte ihn dadurch zu verlieren? Das er sich dadurch so erbärmlich fühlte.
„Ach, Sev...“, seufzte Regulus in sein Ohr und küsste seinen Kopf.
Severus lockerte seinen verkrallten Griff. Der Junge, der ihn festhielt verstand den Wink. Er lockerte seinen Griff und ließ Severus sich von ihm zurück ziehen. Mit weichen Fingern strich er ihm über die mit Tränen benetzten Wangen. Nur am Rande nahm er war, dass es sich aufklarte.
Regulus strich durch das nasse Haar und sah ihm in die Augen. Er verlor sich in dem glitzerndem Schwarz der Augen seines besten Freundes. Bis sich ihre Lippen berührten merkte er nicht, wie er sich Severus Gesicht näherte.
Severus war überrascht Regulus Lippen auf seinen zu fühlen. Noch überraschter war er über den Umstand, dass ihm das gefiel. Ehe er den Kuss aber erwidern konnte, löste der andere Junge ihnschon und sah ihn mit geröteten Wangen entschuldigend an.
„Tut mir leid, Sev! Ich...“
„Ich bin noch nie geküsst worden.“
Severus strich sich über die Lippen.
„Es war schön.“
Sein Gesicht brannte vor Verlegenheit.
„Du fandest es schön? Bist nicht angewidert von mir?“, fragte Regulus mit verkeilten Fingern.
„Sehr schön sogar!“
Severus hob seine Arme, legte seine Hände um die von Regulus und zog sie mit sanfter Gewalt auseinander. Er schloss seine Finger um die des Anderen und kam dessen Gesicht immer näher.
„Und ich möchte es gerne erwidern.“ Und nahm aus eigener Initiative den keuschen Kuss wieder auf. Eine Kaskade von Emotionen durchfuhr seinen Körper. Schmetterlinge tanzten in seinem Bauch.
Sein Kuss wurde zart erwidert. Es war wunderschön. Er fühlte sich ganz. Geliebt. Aber war es wirklich das, was Regulus Kuss und was sein eigener Kuss aussagten? Liebte er ihn?
Jetzt zerstöre diesen wunderschönen Moment nicht mit Zweifeln! Dachte Severus.
Als sich ihre Lippen trennten sahen sie sich an. Die Lippen des jeweils Anderen waren durch den Kuss leicht gerötet und leicht geschwollen. Ihre Hände waren noch ineinander verhakt.
„Regulus?“, fragte Severus schüchtern.
Würden sie nicht so dicht beieinander stehen, dann würde Regulus ihn nicht verstehen, so leise sprach er. Fragend sah er ihn an.
„Was ist das jetzt zwischen uns?“
„Ich weiß nicht. Allerdings bist du der Erste, bei dem ich jemals das Verlangen hatte ihn zu küssen. Ich kannte das vorher nicht. Das aber nicht erst heute. Schon seit letztem Jahr habe ich das Verlangen, dich zu küssen.“ erläuterte Regulus ehrlich. Severus sah ihn aus großen Augen an. „Ich hab nie getraut. Unsere Freundschaft ist mir zu wichtig. Du bist mir zu wichtig. Ich wollte... ich will dich nicht verlieren.“
„Wie geht es jetzt weiter?“, fragte Regulus.
„Ich... ich weiß es auch nicht... Aber man küsst ja niemanden, wenn man keine Gefühle für diese Person hat. Jedenfalls sagt Mum das immer. So steht das auch meist in den Büchern, die ich gerne lese.“
„Und was machen sie ann?
„Gehen eine Beziehung ein.“
Die Röte auf ihren Wangen vertiefte sich.
„Lass uns ins Schloss gehen, sonst erkältest du dich noch.“ beendete Regulus das unangeneme Schweigen.