»Jetzt halt endlich still!« Ich griff ihm unters Kinn und drehte sein Gesicht zu mir.
Er zog die Stirn kraus und jammerte: »Mein Fuß ist eingeschlafen.«
Ich warf den Pinsel auf das Tablett, das er hielt, und bückte mich nach seinen Füßen, um die Fesseln zu korrigieren. Dabei sah ich, dass eine bereits Druckstellen verursacht hatte.
Wie hatte das passieren können? Ich hatte doch darauf geachtet, dass sie nicht zu fest saß. Vermutlich war ich nicht gründlich genug gewesen und er hatte es durch sein Rumrutschen noch verschlimmert.
Wie auch immer: Er hätte mich gleich darauf aufmerksam machen müssen, dass sie nicht gut saß. Zu seiner eigenen Sicherheit. Er wusste genau, wie gefährlich es war, wenn die Blutzufuhr abgeschnürt war! Eigentlich hätte ich augenblicklich abbrechen müssen.
Hätte ich nicht gewusst, dass er seine Grenzen sehr gut kannte, hätte ich das auch getan. So haderte ich zwar, ließ das Spiel aber weiterlaufen. Ich wusste, wie dringend er es brauchte. Doch ohne Strafe würde ich ihn nicht davonkommen lassen.
Ich richtete mich wieder auf, sah ihm streng ins Gesicht. Kräftig schlug ich ihm die flache Hand ins Gesicht. »Sag gefälligst gleich was!«
»Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht unterbrechen.« Mit einer Hand strich er sich über die Wange, die langsam rot wurde. Dabei huschte ein leichtes Lächeln über seine Lippen und seine Augen nahmen einen fast schon entrückten Ausdruck an. »Danke für die Erinner...«
Eindringliches Klingeln aus dem Schlafzimmer unterbrach ihn. Seine Miene nahm augenblicklich einen flehenden Ausdruck an.
Als könnte ich dafür sorgen, dass sein Handy nicht klingelte ... Stünde das in meiner Macht, hätte ich das getan. Stattdessen bückte ich mich erneut, löste die Fußfesseln voneinander und nahm ihm das Tablett ab.
Es brauchte keine weitere Absprache. Das Handy forderte unerbittlich seine Anwesenheit in der Welt außerhalb unserer vier Wände.
Noch immer stand die Enttäuschung in seinem Gesicht, doch es half nichts. Langsam erhob er sich und verließ das Zimmer. Er brauchte dafür keine Minute, dennoch durchlief er eine erstaunliche Verwandlung. Sein Körper straffte sich und seine ganze Ausstrahlung veränderte sich. Aus meinem Diener wurde der Chef einer renommierten Restaurantkette, dessen Anwesenheit am Telefon verlangt wurde.
Ich widmete mich wieder der Staffelei. Auch wenn ich ihm gern meine ganze Zeit und Aufmerksamkeit schenkte, so war ich es ihm doch schuldig, mich um meinen Teil der Abmachung zu kümmern. Er stellte mir die Wohnung zur Verfügung, bezahlte alle anfallenden Rechnungen. Meine einzige Aufgabe war es, mich auf mein Studium zu konzentrieren und ihm eine harte Führung zukommen zu lassen, wenn er daheim war. Ich nahm es gern an und würde ihn genauso wenig enttäuschen, wie er es bei mir tun würde.
Erste harsche Worte drangen durch die geschlossene Schlafzimmertür und den Flur bis zu mir. Das konnte nur eines bedeuten: Man hatte ihn völlig umsonst angerufen. Dabei war das doch gar nicht so schwer. An seinen freien Tagen sollte er nur gestört werden, wenn etwas aufkam, dass seine rechte Hand nicht regeln konnte und das nicht bis zu seiner Rückkehr warten konnte.
Ich setzte noch einige letzte Striche, dann packte ich meine Materialien zur Seite. Ich war gut vorangekommen und wurde im Moment anderweitig gebraucht.
Als ich am Schlafzimmer vorbeikam, machte er seinem Ärger noch immer überdeutlich Luft. Ich wollte nicht am anderen Ende der Leitung sitzen. Andererseits hatte die Person es nicht anders verdient.
Aus dem Bad nahm ich seinen Bademantel mit und begab mich zurück ins Wohnzimmer, wo ich leise Musik anmachte und auf der Couch sitzend auf ihn wartete.
Einige Minuten später kam er zurück ins Zimmer und lächelte, als er mich dort sitzen sah. Ich hielt ihm den Bademantel entgegen und er schlüpfte hinein, ließ sich in meine Arme sinken. »Danke.«
Statt etwas zu antworten, küsste ich ihn sanft auf die Stirn und zog ihn dichter an mich. Es brauchte keine Worte. Wenn er bereit war, das Spiel fortzusetzen, würde er mir das mitteilen. Dasselbe galt, falls er es ganz sein lassen wollte. Es hätte für ihn keinerlei Konsequenzen. Die mentalen Folgen, so unvermittelt in die Realität zurückgerissen zu werden, konnten schließlich schlimm genug sein.
Zärtlich strich ich mit der Hand durch seine Haare und küsste ab und zu seinen Hals.
Er schmunzelte, drehte den Kopf zu mir und fing meine Lippen ab. »Wirklich, danke. Ich hab mir schon Sorgen gemacht, wie ich dir jetzt sage, dass ich eine kurze Auszeit brauche. Dabei hätte ich wissen sollen, dass du mich gut genug kennst.«
»Ich hab dich schimpfen hören.« Meine Hand wanderte unter seinen Bademantel, streichelte über seinen nackten, warmen Bauch. Ganz automatisch spielte ich mit den Haaren. »Natürlich bist du jetzt nicht mehr im richtigen Headspace.«
Er brummte zustimmend. »Das war absolut unnötig. Als könnte ich etwas daran ändern, dass wir die falsche Lieferung bekommen haben. Da müssen sie sich an den Lieferanten wenden!«
Ich nickte und vergrub meine Finger unter der Bauchfalte. Dort war es warm und ich konnte möglichst viel von ihm berühren. »Was hast du jetzt gemacht?«
»Ihnen gesagt, sie sollen sich deshalb beim Lieferanten melden und mich nie wieder wegen sowas anrufen. Ich habe ja nicht mal die nötigen Informationen, um mich darum zu kümmern. Außerdem bezahle ich Lily doch genau dafür.«
Stoisch hörte ich sein Meckern an. Nein, ich wollte ganz sicher nicht für ihn arbeiten. Natürlich war er auch mir gegenüber nicht immer so handzahm und wenn wir uns stritten, konnte es wirklich unschön werden, auch wenn wir nie den Respekt voreinander verloren. Dennoch wäre ich mit ihm als Chef nie klargekommen. Aber vermutlich musste er in seinem Beruf so sein, damit es lief. Nicht umsonst suchte er schließlich in jeder freien Minute den Ausgleich bei mir.
»Tut mir leid, dass ich dir damit die Ohren voll heule«, beendete er irgendwann seinen Monolog.
»Nein, schon gut. Du weißt, dass ich dir immer zuhöre. Ich weiß nur nichts dazu zu sagen.«
»Musst du auch nicht. Es ist so vollkommen in Ordnung.« Er stahl sich einen Kuss. »Können wir weitermachen?«
»Ja, gleich.« Ich hielt seine Hände fest, da er sich bereits den Bademantel abstreifen wollte. »Wie geht es deiner Wange?«
»Zieht noch etwas. Aber es sollte gehen, wenn du nicht wieder dieselbe Stelle erwischt. Ansonsten: gern mehr davon.«
Lächelnd küsste ich die Wange. »Wenn es wieder zu lange bleibt, kannst du dich ja vielleicht krankschreiben lassen. Dann haben wir mehr Zeit zusammen.«
Wehmütig lächelte er, stand dann aber auf und streifte sich den Mantel ab. »Das wird ein unendlicher Kreislauf.«
»Nur, weil ich so verhindern könnte, dass du mich wieder wochenlang allein lässt.« Ich stand ebenfalls auf und schmiegte mich an seinen nun wieder nur von Halsband, Fußfesseln und Chastity Cage bedeckten Körper.
»Es tut mir leid. Du hast etwas Besseres verdient.«
»Nein, du machst es hervorragend wett, wenn du hier bist.« Ich ließ meine Lippen langsam über seine Schulter, den Hals und die Bartstoppeln wandern. Kurz vor seinem Mund zog ich mich zurück. »Und jetzt runter mit dir! Ich möchte fertig werden.«
Wie selbstverständlich nahm er seine Position wieder ein und wartete, bis ich die Fesseln befestigt hatte. Ehrfürchtig sah er mir dabei zu, was ein wohliges Gefühl in meinem Inneren aufsteigen ließ. Die Hingabe und das Vertrauen, welche er mir entgegenbrachte, waren etwas ganz Besonderes und ich liebte ihn jedes Mal mehr dafür.
Klatschend landete das dünne Holz auf der bleichen Haut, entlockte ihm ein schrilles Kreischen.
»Mehr?«, bellte ich.
Keine Antwort.
In schneller Reihenfolge klatschte der Stock auf die andere Seite, hinterließ nicht nur rote Spuren, sondern beim dritten Mal auch ein feines Rinnsaal.
Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Er würde sich sehr darüber freuen.
Einen Moment beobachtete ich das austretende Blut fasziniert, ließ währenddessen die Spitze des Rohrstocks über seinen Rücken, hin zu seiner Schulter wandern. Ich wollte keine Pause entstehen lassen, der Wunde aber ein wenig Zeit lassen, sich zu schließen, und den Schmerz am Hintern abklingen zu lassen.
An meinem Ziel angekommen, schlug ich nur leicht zu.
Aus dem Kreischen wurde ein Wimmern.
Erneut holte ich aus, zielte dicht neben den blutigen Striemen.
Ein Zittern durchfuhr seinen Körper, er spannte sich an, konnte es durch das Schluchzen aber nicht aufrechterhalten.
Unerbittlich ließ ich den Rohrstock auf der geröteten aber noch unversehrten Seite landen, wählte immer wieder einen anderen Rhythmus, damit er sich nicht darauf einstellen konnte.
Die Erschütterungen, die durch den Körper gingen, wurden heftiger.
Der Stock schnalzte einmal durch die Luft, ohne etwas zu treffen, bevor ich zum nächsten Schlag ausholte. Dennoch zuckte er heftig zusammen.
»Stopp! Bitte!«
Ich bremste den Schlag ab, ließ ihn meine Handfläche treffen.
Er zuckte allein bei dem Geräusch zusammen, brachte aber dennoch ein »Danke« heraus.
»Gehst du jetzt endlich?«, grollte ich.
Schluchzend nickte er, ließ den Kopf hängen.
Schade, ich hätte gern noch weitergemacht. Aber mein Ziel war erreicht: Er ging endlich ins Bett. Nachdem er eine Stunde lang mit mir diskutiert hatte. Also hatte ich zum Rohrstock gegriffen. Manchmal war es fast schon erschreckend, wie viel Schmerz und Demütigung er brauchte, um endlich zufrieden zu sein.
Ich atmete ein paar Mal tief ein, drängte den Wunsch, ihn weiter leiden zu sehen, zurück. Meine Stimme blieb jedoch so hart wie zuvor. Es war erst vorbei, wenn er wirklich im Käfig war. »Beweg dich nicht!«
Ich holte aus dem Schrank eine kleine Erstehilfetasche und versorgte die Wunde erst mit antiseptischer Salbe, versicherte mich, dass sie nicht zu tief war, und deckte sie dann mit einer Kompresse ab. Nachdem ich noch einmal geprüft hatte, dass die Pflaster trotz der Haare ausreichend klebten, zog ich eine Unterhose aus dem Schrank, die ich neben ihn legte. Er würde sie brauchen, um sich die Wundabdeckung nicht in der Nacht abzureißen. »Toilette und anziehen! Du hast 3 Minuten.«
Er richtete sich auf, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und machte sich eilig auf den Weg. In der Tür blieb er jedoch stehen. »Darf ich ...«
»Deine Zeit läuft, du solltest dich beeilen«, unterbrach ich ihn. Er war gerade wirklich nicht in der Position, um einen Gefallen zu bitten.
Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und ich hörte nur noch die Badezimmertür ins Schloss fallen.
Die Zeit nutzte ich, aufzuräumen und gedanklich nochmal durchzugehen, ob ich irgendwas Wichtiges vergessen oder Risiken übersehen hatte. Ich ließ ihn nur ungern über Nacht im Käfig, vor allem nicht, wenn er verletzt war, aber er wollte es so, hatte mehrmals darum gebeten. Da ich ihm selben Raum war und nicht abschloss, war das schon in Ordnung, doch etwas Nervenkitzel blieb und vermutlich war es das, was es für ihn so attraktiv machte. Wenn er nur nicht jedes Mal so ein Theater machen würde, wenn es ins Bett ging!
Ja, ich genoss es, ihn unter dem Stock leiden zu sehen, ihn Wimmern und Weinen zu hören, aber ich konnte darauf verzichten, es vor dem Schlafengehen zu tun. Es wühlte mich auf, während es ihn beruhigte.
Nachdem alles wieder im Schrank war, warf ich einen Blick auf die Uhr. Die drei Minuten waren fast um. Ich zählte sie herunter, warf noch ein paar Sekunden drauf, falls er wirklich länger brauchte, dann ging ich ins Bad.
Er stand mitten im Bad und zog sich gerade die Hose über, als ich reinkam. Ein Grinsen huschte über sein Gesicht, dass er versuchte zu verstecken, indem er sich bückte.
Er legte es heute wirklich darauf an!
»Hast du gehört, was ich gesagt habe?!« Ich riss ihm die Hose notdürftig mit einer Hand hoch, mit der anderen packte ich ihn im Nacken. »Hände gewaschen?«
»Ja.«
Ohne ein weiteres Wort schob ich ihn vor mich her bis ins Schlafzimmer. Vor dem Käfig drückte ich ihn runter und schob ihn rein. Als nur noch sein Hintern rausschaute, schob ich mit dem Fuß nach. Scheppernd schmiss ich die Tür zu.
Er machte es sich in der Enge, so gut es ging, bequem, suchte meinen Blick und schreckte ein wenig zusammen. Bei ihm schien jetzt auch angekommen, dass er es zu weit trieb. Kurz kaute er auf der Lippe, setzte einen Hundeblick auf. Zaghaft flüsterte er: »Der Schwanz tut weh. Darf ich ihn abmachen?«
Nein! Schluss! Es war genug. Er hatte sich für heute genug rausgenommen. Er konnte wieder nach Zugeständnissen fragen, wenn er zeigte, dass er seinen Platz kannte. »Ist nicht mein Problem. Komm damit klar.«
Er wich meinem Blick aus, ergab sich seinem Schicksal und rutschte noch etwas hin und her.
Erst, als er ruhig lag, zog ich mich aus. Da er mich definitiv beobachtete, ließ ich mir damit Zeit. Im Grunde war er heute ein guter Diener gewesen, auch wenn er in der letzten Stunde den Bogen etwas überspannt hatte. Ich konnte davon ausgehen, dass er es nun verstanden hatte und sich bis morgen früh ruhig verhalten würde. Eine kleine Belohnung konnte ich ihm also zukommen lassen.
»Hafer – schleim.«
Das Wort war kaum hörbar und nur sehr zögernd, doch ich war sofort hellwach und aus dem Bett. Sobald ich das Licht angeschaltet hatte, das ich vor nicht einmal einer Minute gelöscht hatte, hockte ich mich vor den Käfig und öffnete die Tür. »Was ist? Willst du raus?«
So weit er konnte, richtete er sich auf. »Nein.«
»Der Schwanz?«
Er nickte verhalten.
»Dann komm kurz raus.« Ich trat von der Tür zurück, damit er Platz hatte.
Er kroch heraus, richtete sich auf und drehte mir den Rücken zu.
Erst wollte ich in seine Hose greifen, doch dann beugte ich mich vor und drückte einen Kuss auf seine Schulter. »Mach lieber selbst, wenn es so wehtut. Ich will dir nicht noch mehr wehtun. Wenn du willst, schau ich dann gleich, ob alles okay ist.«
»Nicht nötig, er sitzt nur heute ungünstig und es ist alles gereizt.« Er griff sich selbst hinten in die Hose und zog mit schmerzverzerrtem Gesicht den Silikonschwanz heraus.
Ich seufzte. »Es hilft nichts, dir zu sagen, dass du dann gleich etwas sagen sollst ...«
»Ich dachte, es geht schon.« Beschämt wich er meinem Blick aus.
Da es nichts half, ihm jetzt Vorwürfe zu machen, nahm ich ihm den einfach nur ab. »Warte kurz.«
Im Bad ließ ich nur etwas Wasser über den Teil, der in seinem Hintern gesteckt hatte, laufen dann ließ ich den Schwanz im Waschbecken liegen. Ich würde ihn morgen früh richtig waschen.
Als ich ins Schlafzimmer zurückkam, stand er immer noch da und biss sich beschämt auf die Lippe. »Es tut mir leid.«
»Muss es nicht. Sag nur bitte das nächste Mal gleich, wenn es unangenehm ist und nicht erst Stunden später, wenn es zu schlimm wird. Dann geh ich auch nicht davon aus, dass du rumstänkern willst, sondern weiß, dass es wirklich wehtut.«
»Ich hab es kaputt gemacht ...«
»Nein, alles gut.« Ich lächelte ihn an.
Käme ich nicht damit klar, dass er gerne meine Grenzen ausreizte, wären wir nicht seit Jahren zusammen. Es nervte mich in dem Moment, aber im Grunde war alles gut. Wenn ich nicht das Gefühl hätte, die Wut kontrollieren zu können, würde ich zum Safeword greifen.
Dann gab ich ihm einen leichten Klaps auf die unversehrte Kehrseite. »Na los, wieder rein mit dir. Oder willst du hier schlussmachen?«
»Nein, bis morgen Mittag hab ich noch.« Spitzbübisch grinste er.
Ich schmunzelte und küsste ihn dann. »Na dann, rein mit dir. Schlaf gut.«
Er schmiegte sich kurz an mich, bevor er sich wieder in den Käfig zwängte. »Du auch.«