Ein verbreitetes Märchen von Casta. Der Tigersalmler, der hier beschrieben wird, ist ein Raubfisch castianischer Flüsse und gilt als Symbol für Gier, da er meist die größten Beutetiere der Flussabschnitte jagt und auf Glitzerndes, etwa Schmuck, reagiert. Bewohner angeln den Salmler oft mit kleinen Metallstücken oder sogar Schmuck als Köder. Weiterhin gilt der Salmler als Symbol für Hochmut, da er aus den Wellen springend sogar Vögel erbeutet.
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Nach dem Prompt „Tigersalmler [Tierische Geschichten, bei denen etwas aus dem Wasser springt]“ der Gruppe „Crikey!“
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Es waren einmal ein reiche Frau, die besaß viele Höfe, auf denen viele Bauern für sie arbeiteten. Ihre Familie hatte alles, was man sich nur wünschen konnte, und noch dreimal mehr. Trotzdem war die Frau nicht zufrieden. Sie war eine Händlerin und verkaufte ihre Waren zu hohen Preisen, beim Kauf aber feilschte sie unerbittlich, um den Preis zu senken. Dabei bekam sie viele Waren bereits als Steuern von all ihren Untergebenen und benötigte kein Geld. Sie kaufte sich davon nur mehr und mehr Kleider und den teuersten Schmuck, den sie finden konnte. Unbarmherzig verlangte sie von ihren Untergebenen so viel, dass ihnen kaum das Geld zum Leben blieb. Sogar das Wasser zweigte sie von den Feldern ab, um ihre Gärten zu wässern, und so wurde das Land rings um ihr Haus immer öder und trostloser, während in ihrem Garten blühende Bäume wuchsen.
Ihre Gier und Eitelkeit blieb auch den Tieren nicht unbemerkt. Eines Tages erschien der Händlerin ein Flamingo von ganz weißem Gefieder. Er landete an ihrem Fenster und mahnte die gierige Händlerin: "Du kannst nicht dein Land schmücken und alles andere verkümmern lassen. Denn sie sind eins. Was du säst an Trockenheit und Elend, wird dich eines Tages einholen."
Die Händlerin hörte aber kaum zu und rief nach ihren Dienern. "Was für ein schöner Vogel! Fang ihn mir, ich will eine Boa aus seinem Gefieder haben."
Da flog der weise Kranich davon, ehe sie ihn haschen konnten. Er reiste in die Steppe, wo er die Mutter der Elefanten fand, der erzählte er von der Händlerin und wie ihm widerfahren war.
"Lass das meine Sorge sein", sprach die Elefantin. Sie rief all ihre Kinder zusammen und gemeinsam zogen sie zum Haus der Händlerin. Sie rissen die Mauern und Zäune nieder, brachen in den Garten ein und plünderten die hübschen Bäume und alle Pflanzen. Diese trugen sie heraus und verteilten sie an die Bevölkerung auf allen Höfen. Auch gruben sie den Fluss um, den die gierige Händlerin umgelenkt hatte, sodass viel Arme nun zu den Feldern der Bauern führten. Sie zerstörten auch die teuren Fenster und zerrissen viele seidene Vorhänge und zerbrachen manches teure Möbelstück. Aller Reichtum wurde unter den Untergebenen verteilt und sie schmückten damit ihre Höfe und gossen die Scherben von Glas und Splitter von Holz auf ihre Felder, wo die Früchte nun prächtiger wuchsen als je zuvor.
Die reiche Händlerin aber zürnte sehr. Sie sah nicht, wie das Land wieder aufblühte. Stattdessen stahl sie die Erde der Felder und baute daraus neue Mauern und sie stahl den Rauch aus den Kaminen und nähte daraus neue, seidige Kleider. Zuletzt aber stahl sie alle Flüsse und Gräben, die die Elefanten zu den Höfen geleitet hatten, und aus jedem Fluss formte sie einen silbernen Ring. Bald trug sie drei und mehr Ringe an jedem Finger und an den Zehen, um die Knöchel und Arme. Aus Oasen und Seen machte sie Perlen, die trug sie als Bänder um den Hals und die Hüfte, an den Ohren und im Haar. Nur einen Fluss ließ sie, jenen mächtigen Strom nämlich, der zu ihrem Haus führte.
Die Bauern aber zogen nun fort, denn sie konnten nichts mehr pflanzen. Die gierige Händlerin wurde einsam. Ihre Familie hungerte, als keine Nahrung mehr kam, doch noch immer hörte sie ihnen in ihrem Stolz nicht zu, und so zog ihre Familie fort. Auch die meisten Tiere zogen fort, und andere gingen hungrig.
Die Händlerin aber war ganz geblendet von der Pracht ihrer Perlen. Oft ging sie mit ihnen am Fluss entlang, zwischen den Pflanzen, die hier zur Zier wuchsen, und betrachtete verzückt ihren Schmuck, trug ihre Kleider zur Schau für niemanden und prahlte dem Wind mit ihrem Besitz, den Besitz nicht kümmerte.
Einmal, als sie so am Fluss ging, bemerkte sie ein hungriger Tigersalmler, der sich sagte: "Etwas, das so glitzert, das muss einfach köstlich schmecken!" Und er rief alle seine Kinder zusammen. Sie folgten der Händlerin im Fluss, die die Gefahr nicht bemerkte. Als sie ans Wasser trat, um aus den klaren Fluten zu trinken, da sprangen die Tigersalmler heraus und ein jeder biss einen Ring oder eine Perle ab. Eine Flut war es, denn die Salmler waren schon lange hungrig, nachdem die Gier der Händlerin alle Beutetiere aus dem Fluss vertrieben hatte.
So ward die Händlerin getötet. Die Salmler aber spuckten den Schmuck wieder aus, als sie sie als unverdaulich erkannten, und aus jeder Perle und jedem Ring wurden wieder Oasen und Flüsse, die zurück in ihre Betten rauschten. Der Strom riss das Haus der Händlerin entzwei und verteilte ihren Garten und löste die Kleider wieder in Rauch auf. Da wurde das Land wieder grün, durchzogen von Flüssen, und überall, wo die Trümmer aus dem Haus landeten, wurde die Erde fruchtbar und Pflanzen sprossen.
Die Bevölkerung kehrte wieder zurück und bald war es, als wäre die gierige Händlerin nie hier gewesen. Wie sie erfuhren, dass die Tigersalmler sie gerettet hatten, da versprachen die Bewohner aus Dankbarkeit, nie wieder einen dieser Fische zu fangen.