Mit den Worten „Guten Tag, ich Bedarf ihrer Hilfe“ läuft sie an mir vorbei und setzte sich auf mein knarzendes Ledersofa.
Verwundert fiel mir auf, dass ich immer noch die Türe festhielt und sie überfordert anstarrte.
„Hallo. Nein, keine Umstände, treten Sie ein und setzten Sie sich. Vielleicht noch etwas Tee oder Kaffee? Wenn Ihnen danach ist, spurte ich noch kurz zum Bäcker zwei Straßen weiter und bringe Ihnen einen Kuchen“, meckerte ich lautstark vor mich hin.
„Schwarzer Tee reicht völlig. Sie sind höflicher als erwartet.“
„Höflicher als… Ich… Also ich weiß nicht, woher Sie kommen, aber in der Regel klingelt man nicht bei fremden Leuten und macht es sich ungefragt in deren Wohnung bequem“, keifte ich sie erneut an.
„Wir kennen uns doch“, entgegnete sie mir.
„Wir kennen uns nicht. Vor zwei Wochen stand ich ungefähr drei Meter von Ihnen entfernt, als Sie irgendein Zeug vor sich hin gebrabbelt haben!“
Mit einem herzlichen Grinsen lächelte sie mich an. „Also gut, Herr Viets, oder darf ich Ben sagen? Was wollen Sie denn gerne über mich wissen?“
Mürrisch setzte ich mich Ihr gegenüber. „Was wird das? Ein Frag-du-mich-dann-frag-ich-dich-Spiel?“
Sie schüttelte den Kopf. „Wenn es dir lieber ist. Mir fallen eigentlich keine Fragen ein, aber frag mich nur ohne Scheu.“
Meine Augen musterten sie von oben bis unten. Schulterlange, gefärbte rote Haare, braune Augen, ein spitzes Kinn, eine vermutlich billige Jeans und ein Shirt, auf dem eine krallende Katze abgebildet war. „Single?“
Scheinbar hatte ich erfolgreich die einzige Frage gefunden, die sie leicht ins Schwanken bringen konnte. In Kombination mit unverständlichem Gestotterte lehnte sie sich zurück und stieß versehentlich meinen Radio vom Schreibtisch neben dem Sessel. „Oh, ich – entschuldige“, stammelte sie und hob das Gerät vom Parkett auf. „Ich glaube, ich habe ihn kaputtgemacht“, fuhr sie fort.
„Keine Sorge, die dritte Ziffer ist schon seit Jahren hinüber und das Ding funktioniert eh nicht mehr“, entgegnete ich ihr und ging ein paar Schritte, um Wasser aufzukochen.
„Genau, das war es! Radio, ich habe heute Radio gehört!“, schrie sie plötzlich aufgeregt.
„Und deswegen bist du zu mir gekommen?“, antwortete ich kritisch.
„Also um 17 Uhr 34 verschwinden sieben Menschen, davon drei Frauen, in einem überwachten Raum am Bahnhof. Die Kamera zeichnet in diesem Raum alle 30 Sekunden ein Bild auf. Und zwei Löffel Zucker bitte!"