„Und was hat das mit mir zu tun?“, fragte ich sie störrisch.
„Nichts, eigentlich gar nichts. Aber! Ich arbeite seit ungefähr zwei Jahren als private Ermittlerin und das wird manchmal ziemlich langweilig. Außerdem ist eine zweite Meinung ein Segen“, fuhr sie mit ihrer mittelhohen Stimme fort.
Nach einer kurzen Zeit der Stille, die nur von dem Klang eines rührenden Teelöffels in meiner Porzellantasse und dem nervösen Kratzen der jungen Frau am Stoff des Sofas gestört wurde, ergriff ich schnaufend das Wort. „Also, du suchst einen Assistenten und bist deswegen zu mir gekommen? Woher auch immer du weißt, wo ich wohne.“
„Nicht schwer,“ nuschelte sie leise vor sich hin und schlürfte den heißen Tee.
„Dann lass mal hören.“
Verwirrt musterte sie mich. „Also du willst von mir hören, wie ich dich gefunden habe?“
Nickend lehnte ich mich in meinem Sessel zurück. „Korrekt. Ich will wissen, wie du mich gefunden hast und wieso ich überhaupt mit dir arbeiten sollte.“
„Okay, also eins nach dem anderen. Wie ich dich gefunden habe...“ Unterbrochen durch ein erneuten Versuch zu trinken stieß sie zwischen den Zähnen hervor, „ich habe dein Auto gesehen.“
„Ja, aber das hätte auch in einer Garage stehen können. Außerdem sind wir in einer Stadt“, antwortete ich misstrauisch.
„Lindenblatt und Erde“, nuschelte sie weiter.
Verwirrt entgegne ich ihr, „soll ich damit irgendetwas anfangen können?“
„Naja, unter deinem Scheibenwischer sind unzählige Lindenblätter, also musst du dein Auto regelmäßig unter einem solchen Baum parken. Zumal es keine Klinik in der Nähe gibt, an der eine Linde steht. Du warst auf dem Heimweg, die Richtung ist daher klar und auf deinem täglichen Arbeitsweg musst du über, nun ja, Erde, fahren. Was den Stadtrand sehr wahrscheinlich macht“, entgegnete sie mir demütig.
„Wieso? Wieso machst du dir diese Mühe, um mich zu finden? Und warum überhaupt mich?“
„Deine Augen. Die Begeisterung, mit der du meinen Worten vor zwei Wochen gelauscht hast. Deine Haltung schreit geradezu heraus, dass du sehr viel sitzt. Als Arzt heißt das, du arbeitest stationär und hast wenig zu tun. Sprich, du arbeitest in einer Anstalt“, antwortete sie mit kräftiger Stimme.
„Und du bist einfach kurz zu mir rüber gefahren, um mich aus meinem langweiligen Leben zu retten und mir spontan einen anderen Job anzubieten?“
„Ja“, entgegnete sie mir, ehe sie beschämt aufstand. „Ich bin übrigens Kea. Entschuldige, ich habe völlig vergessen mich vorzustellen. Kea de la Lame. Ja, mein Vater war Franzose. Und da ich gelernt habe, ehrlich zu sein: Das ist nicht wirklich das erste Mal, dass ich das mache.“
„Also, Frau Detektivin der Klinge. Erzähl mir, was du über mich weißt.“
„Du denkst fälschlicherweise, ich hätte ein Auto, du bist 34 Jahre…“
„32!“, unterbrach ich sie. „Ich bin Raucher“, nuschelte ich hinterher.
„Okay, 32. Rauchst sehr viel und suchst einen Ausweg aus deinem aktuell eintönigen, grauen Leben.“
Zu meiner eigenen Verwunderung lächelte ich bei diesen Worten. „Okay. Aber nur für heute!“