Habt ihr schon mal versucht, zu beschreiben, wie die Bilder in eurem Kopf aussehen? Falls ja, dann wisst ihr vermutlich, dass es beinahe unmöglich ist, diesen mit Worten gerecht zu werden. Manchmal würde ich gern eine Führung durch meinen Kopf veranstalten, ein kurzer Kinobesuch in meinem inneren Auge, der keine Fragen offen lässt. Damit ich nicht erklären muss, warum ich dieses eine Lied gerade nicht hören kann und die nächsten drei auch nicht. Oder warum ich mir nicht merken kann, wer Peach und wer Daisy ist. Falls dich schon einmal jemand gefragt hat, welche Farbe er ist, oder du deinen Mann gebeten hast, kurz mit dem Gitarre spielen aufzuhören, damit du das Essen abschmecken kannst, dann kennst du das Gefühl. Schön, dass du dich zu mir verirrt hast. Für alle anderen werde ich dennoch weiterschreiben.
Ich erinnere mich gut daran, wie meine Schwester eines Tages aufgeregt fragte, ob jemand von uns anderen Geschwistern Zahlen mit Farben sehe. "Klar", erwiderte ich verwundert, "wieso?". Es war jener seltsame Moment, als mich sechs Augenpaare ungläubig anstarrten, in dem ich begriff, dass ich wohl irgendwie nicht normal war.
Musik berührt mich, seitdem ich denken kann, schon immer ganz besonders. Das ist nichts Außergewöhnliches, erst recht nicht in einer musikalischen Familie. Und doch wunderte ich mich immer wieder, weshalb andere so unbeschwert das Radio aufdrehten. Ich für meinen Teil war eher bemüht, auf ein kaleidoskopisches Durcheinander, von dem mir auch gern mal schwindelig wurde, zu verzichten. Viel lieber genoss ich sanfte Farbströme, die wärmend durch meinen Körper flossen. Oder kleine Farbtropfen in hellen frühlingshaften Tönen, welche aus dem Nichts erschienen und sich dann langsam wieder aufzulösen vermochten. Nun stand ich stetig vor der Herausforderung, die Farbsymphonie passend zu meinem jeweiligen Gemütszustand auszuwählen, da auch meine Stimmung einen Farbfilter auf meine Realität zu legen pflegt. Ganz so wie ein bunter Schleier oder eine manchmal mehr oder weniger dezente Vignette.
Kurzum, mein Leben ist anders bunt. Ich könnte weiter davon erzählen, wie mein Kopf beim Kraulen zu einem Getreidefeld und die Hand zum Wind wird, der sanft durch die Ähren weht. Oder wie mir beim Physiotherapeuten von den tanzenden Caros auf meinem Rücken übel wurde. Und trotz allem könnte ich nicht wirklich erklären, wie es sich anfühlt. Ich glaube, das muss ich auch gar nicht, denn am Ende hat jeder von uns seinen ganz eigenen Realitätsfilter auf der Nase sitzen. Vielleicht ist es deine Sprache. Oder dein unerschütterlicher Optimismus. Vielleicht ist es auch die Liebe zum Schreiben oder das Sehnen nach einem Zuhause. Durch welche Brille blickst du gerade auf die Welt? Und das nächste Mal, wenn du mich fragen willst, welche Farbe du bist, dann erzähl mir doch lieber, was dich und deinen Kopf bewegt.