"Psssst!", zischte Jurek mit ernster Miene, als sie die Höhle betraten. "Jetzt entspann dich doch mal", erwiderte Erjas spöttisch, "das wird kinderleicht. Du wirst schon sehen." Jurek verkniff sich jeglichen Kommentar. Er war nicht so leichtsinnig wie sein Gefährte. Obwohl, wenn er genauer darüber nachdachte, war seine Beteiligung an diesem Vorhaben nicht weniger töricht. Innerlich verfluchte er Erjas dafür, ihn in diese Lage gebracht zu haben. Mit einem Mal blieb Jurek stehen. In der zunehmenden Dunkelheit bemerkte sein Begleiter dies jedoch zu spät. Ein dumpfer Knall ertönte, als sie gegeneinander prallten. Gerade noch rechtzeitig hob Jurek die Arme vor sein Gesicht, bevor er mit einer Felswand Bekanntschaft machte.
Seinem Freund erging es da besser. "Verdammt nochmal, kannst du nicht aufpassen?!", raunzte Erjas und erhob sich von dessen Rücken. Ächzend rappelte Jurek sich auf.
Sie hatten bereits viel zu viel Lärm verursacht. Angestrengt horchte er in die Ferne. Ein tiefes Brummen erklang. Es konnte nicht mehr allzu weit sein.
Vorsichtig schritten sie in die Richtung, aus der das unheimliche Geräusch zu kommen schien. Je mehr sie sich näherten, desto stärker mischte sich unter den modrigen Geruch der Höhle der Gestank von nassem Fell.
Falls sie das überleben sollten, schwor sich Jurek, würde er Erjas und seine große Klappe umbringen.
Das Brummen hatte sich mit der Zeit zu einem unheimlichen Schnarchen gewandelt. Immerhin. Es schlief noch.
Selbst Erjas schien mittlerweile die Sorglosigkeit zu verlassen. Er hatte schon seit einer geraumen Weile keine spitzen Bemerkungen von sich gegeben.
Das Echo der Wände ließ erahnen, dass sie am Eingang zu einem gigantischen Hohlraum standen.
Hier musste es sein. Kalter Schweiß bildete sich auf Jureks Stirn. Unendlich langsam schoben die Freunde sich an der feuchten Felswand entlang. Nach gefühlten Stunden erreichten sie ihr Ziel. Hier schien das Schnarchen am ohrenbetäubendsten zu sein und auch der Gestank war kaum noch zu ertragen. Erjas schlich lautlos in die Dunkelheit. Etwas Weiches streifte sein linkes Bein kaum spürbar. Abrupt hielt er inne. Mit Bedacht zog er ein kurzes Messer aus seinem Bauchgürtel. Er traute sich kaum zu atmen, als er mit zittriger Klinge ein Fellbüschel von der goldenen Mähne der Bestie trennte. Das Geräusch verstarb. Jurek wurde speiübel. Für einen kurzen Moment schien die Zeit still zu stehen.
Schnaubend reckte das Ungetüm seine Glieder und wuchtete seinen Körper auf die Seite. Das Schnarchen erfüllte erneut den Raum. Mit spürbarer Erleichterung trat Erjas den Rückzug an. Schritt für Schritt entfernte er sich von der Gefahr.
Jurek erwartete ihn ungeduldig mit einem kleinen Stoffbeutel in der Hand. Zügig verstauten sie die kostbaren Haare darin und wandten sich dem Ausgang zu. Nun, da sie den schwierigsten Teil hinter sich gebracht hatten, erschien der Weg auffallend kürzer. Zunächst schlichen sie noch behutsam voran. Nach einer Weile begannen sie, stolpernd durch die Gänge zu eilen, bis sie schließlich rannten. Als sie endlich ein Licht in der Ferne erkannten, konnte sie nichts mehr halten. Erjas erreichte zuerst den Ausgang.
Grinsend wiederholte er: "Kinderleicht. Hab ich ja gesagt."
"Und das alles nur wegen einer dämlichen Wette", stöhnte Jurek.