In dieser Nacht verbarg der Himmel seine Lichter hinter einer schweren Wolkendecke. Eine leichte Brise fuhr durch das Blätterdach des Waldes, der finster darlag und nur wenn man die Augen ein wenig zusammenkniff, erkannte man in seiner Mitte ein schwaches Leuchten. Versammelt um ein heruntergebranntes Lagerfeuer, saßen zwei dunkle Gestalten und lauschten schweigend dem Flüstern der Bäume.
Veit hätte gerne der Müdigkeit in seinen Gliedern nachgegeben, doch Schwäche konnten sie sich im Moment nicht erlauben. Beinahe lautlos erhob er sich, zog die Kapuze seines schwarzen Umhangs tiefer ins Gesicht und wand seinen Blick der Dunkelheit zu. Es war zwecklos. Niemals würde er rechtzeitig in dem dichten Unterholz einen Angreifer erkennen. Erneut horchte er in die Ferne und suchte nach möglichen Anzeichen einer Gefahr. Ein leises Rascheln der Blätter. Ein sanfter Flügelschlag über ihren Köpfen. Nichts Verdächtiges war zu vernehmen.
In der Nacht zu reisen war ein Wagnis, das wusste er. Allerlei Gesindel trieb sich zu dieser Zeit im Wald herum und dennoch war es die sicherste Weise, um unentdeckt zu bleiben.
Veit blickte hinüber zu seinem Kameraden, der immer noch reglos da saß und in die Glut starrte. Da war diese Leere in seinem Blick. Noch nie zuvor hatte Veit ihn so erlebt. Immer lachte einem der Schlemm aus seinen Augen entgegen und auf seinen Lippen lauerte stets ein flachsiger Spruch, doch seit jenem verhängnisvollen Tag war alles anders gewesen. Vor Veits innerem Auge erschienen Bilder einer blutüberströmten Frau. Sie war Aurels große Liebe gewesen, gleichwohl die Frau des Grafen und so dauerte es nicht lange bis man ihn zum Schuldigen und Veit zu seinem Komplizen erklärt hatte. Seitdem befanden sie sich auf der Flucht.
Veit erkannte seinen Freund kaum wieder und je länger er ihn ansah, desto stärker wurde der Drang weiterzuziehen, alles hinter sich zu lassen. Zudem war es nur eine Frage der Zeit, bis die Männer des Grafen sie finden würden. Und genau diese Zeit ran ihnen gerade durch die Finger.
Veit blickte hinauf zum Himmel. Wenn nur die Wolken endlich die Sicht auf die Sterne freigeben würden. Schweigend ließ er sich neben Aurel nieder.
Er war geblieben, als die Trauer in seinen Augen lag und auch als die Wut Einzug hielt. Und er würde bleiben, bis auch die Leere wieder verschwand.