Manch sorgt nicht nur U.N.I.T. für Abenteuer, die Sergeant Benton zu überstehen hat, manchmal sind es auch schlicht und ergreifend seine besten Freunde. Von einem solchen Abenteuer erzählt er in seinem nächsten Kapitel, wobei man ihm zugute halten muß, daß er dabei aber auch grundehrlich ist.
Lerneffekt
Ich weiß nicht, wie andere Leute mich beschreiben würden, wenn man sie fragen würde. Wahrscheinlich schon als recht bodenständig, vielleicht sogar ein bißchen konservativ, obwohl es viele außergewöhnliche Dinge gibt, die mich faszinieren. Ich bin eher der stille Typ, manchmal in mich gekehrt, obwohl ich auch aufdrehen kann, wenn ich will. Ich bin immer um andere besorgt, manchmal sogar um diejenigen, die es vielleicht nicht verdient haben. Manchmal könnte ich etwas mehr Selbstbewußtsein gebrauchen, aber oft genug bin ich auch spontan und witzig, wenn mir zum richtigen Zeitpunkt das richtige einfällt.
Ich glaube, das alles beschreibt mich ganz gut. Was ich definitiv von mir sagen kann ist, daß ich kein Karnevalstyp bin! Ich mag Humor und feiern und solche Dinge, aber das ist mir zu überdreht, so als wäre es für Leute gemacht, die ein Jahr lang krampfhaft keinen Spaß hatten, nur um dann alles auf einmal in einer Explosion der Lächerlichkeit rauszulassen, um der Welt an diesem einen Tag zeigen zu können, daß sie auch witzig sein konnten – das dann aber mit aller Gewalt. Das war nicht mein Stil! Wie also kam es, daß ich jetzt, mit einem meiner besten Freunde zusammen, hier mit einem Karnevalskostüm auf dem Busplatz stand, und mit ihm zusammen auf den Umzugswagen wartete, der uns abholen sollte?
Nun muß ich erst mal etwas über James erzählen. U.N.I.T.-Captain, verheiratet, zwei Kinder, im Leben verankert. Auch sehr bodenständig und rational, und sein Leben ist so das typische, was man sich unter einem Familienleben vorstellen konnte. Bei James hatte ich das Gefühl, er mußte mal aus dem Trott raus! Und ich beging den großen Fehler, ihm das auch noch zu sagen!
Wir hatten uns ein, zwei Mal deswegen in die Klamotten bekommen, weil ich nur sah, wie er in seinem tristen Alltagstrott festhing, und er das Gefühl hatte, ich würde mich in sein Leben einmischen. Okay, ich gebe zu, an ein, zwei Stellen war ich vielleicht ein wenig zu vehement und zu wenig diplomatisch. Auf jeden Fall hatte ich vergessen, daß James Karneval liebte, und es nicht verpaßte, sich das Spektakel im Fernsehen anzusehen. Ich hätte dran denken müssen! Es war die Zeit, in der ich ihn regelmäßig nicht besuchte.
Okay, ich hatte mich also wieder einmal in die Nesseln gesetzt. Wie sehr wußte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht. Bei meinem nächsten Besuch - kurz vor Karneval! - zog er mich jedenfalls beiseite und verkündete mir, daß ich Recht hätte, er hätte eingesehen, daß er mal etwas erleben müsse, und das wollte er mit mir zusammen, damit es sich auch lohnte. Er hätte sich dazu auch schon etwas einfallen lassen.
Ich Idiot dachte nicht nach! Ich freute mich nur blind darauf, endlich mit meinem besten Freund mal um die Häuser ziehen zu können. Ich checkte nicht einmal das Datum! Und so kam ich nicht drauf, als ich mich mit James zu einer bestimmten Zeit am Busplatz verabredete.
Ich wurde nicht ein bißchen mißtrauisch! Nicht einmal, als ich an unserem Treffpunkt ankam. Und ich fragte auch noch so blöd, was das seltsames wäre, was er da in der Hand hatte.
James grinste mich nur an und präsentierte mir das Karnevalskostüm. Ich glaube, kein Alien, das ich in meiner U.N.I.T.-Zeit je kennen gelernt habe, hat mich je so geschockt! James war die Fröhlichkeit in Person. Man konnte auch sagen, er war die Schadenfröhlichkeit in Person. Er wußte, daß ich Karneval haßte! Und er hatte meine Naivität komplett ausgenutzt, um mich in diese Falle zu locken!
Ich wußte nicht, ob ich wütend oder verzweifelt oder beides sein sollte. Am liebsten wäre ich postwendend wieder gegangen! Mein Freund erklärte mir aber seelenruhig, daß es ja meine unumstößliche Meinung war, er bräuchte mal Abwechslung im Leben, und da war es doch nur legitim, wenn er sich die Aktivitäten auch aussuchte. Ich verstand die Botschaft! Ich begriff, daß ich den Bogen überspannt hatte, und ich realisierte auch, daß ich aus dieser Nummer nicht mehr herauskam, wenn ich meinem Freund jetzt nicht ein Mindestmaß an Respekt zollen wollte, der mir wohl in der Vergangenheit zu oft gefehlt hatte.
Ich fügte mich also in das unvermeidliche. Als der Festtagswagen bei uns hielt, der den ganzen Abend bis spät in die Nacht in dem Karnevalsumzug durch die Stadt fahren würde, hatten James und ich uns mehr oder minder elanvoll in das von ihm mitgebrachte Outfit geworfen – ein zweiteiliges Pferdekostüm mit einem Vorder- und einem Hinterteil. Ratet, wer das Hinterteil bekam!
Es wurde die schlimmste Nacht meines Lebens! Während James vorne feierte, mußte ich hinten aufpassen, daß ich nicht erstickte oder aus dem Takt geriet, ich konnte nichts sehen außer der wenig einladenden Rückansicht meines Freundes, dafür dröhnte die schrille Karnevalsmusik von allen Seiten auf mich ein. Ständig wurde man von allen Seiten angerempelt, und der Toilettengang wurde auch überbewertet. Das ganze als Tortur zu bezeichnen war geschmeichelt!
Nachdem ich diese Nacht überstanden hatte, versuchte ich nie wieder, James dazu zu überreden, aus seinem Alltagstrott auszubrechen. Im Gegenteil! Ich mag seinen Alltagstrott. Es hat so etwas wundervoll beständiges, etwas, was man gut einschätzen kann, und vor allem, was keine unliebsamen Überraschungen für einen bereit hält…
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Dieses Kapitel wurde für die »Wochen-Challenge« von Sira-la geschrieben.
Kalenderwoche 49: Jubiläum!
Such dir deinen Lieblingsprompt aus der Wochen-Challenge aus und schreibe einen (weiteren) Text dazu.
Johnny hat für sein Kapitel die folgende Kalenderwoche gewählt! ^^
Die Vorgabe für Kalenderwoche 09 aus 2020 war:
"Faschings-/Karnevalszeit. Euer Hauptcharakter ist einer der größten Faschingsmuffel, die es gibt. Sein bester Freund dagegen liebt Fasching über alles. Und irgendwie ist es dazu gekommen, dass nun beide hier stehen und auf den Faschingsumzug warten.
Beginnt euer Kapitel mit der Wartezeit und schreibt dann in einem Rückblick, wieso euer Hauptcharakter mitgekommen ist. Wie es weitergeht, ist euch überlassen."