"Sind sie sich sicher? Nach Sonjas Aussagen kannte sie den Toten nicht. "
"Natürlich bin ich mir sicher. Die Wohnungstür stand offen, als ich vom Einkaufen nach Hause kam. Sonja schrie ihn an, sie wollte wissen, warum er ihre Beziehung geheim halten wolle und er sagte ihr es wäre nicht sicher."
"Was meinen Sie mit: nicht sicher?"
"Wahrscheinlich etwas belangloses. Aber verstehen Sie nicht, was ich meine?", sie klingt verzweifelt.
"Doch natürlich!", fahre ich sie an. "Falls sie recht haben, wäre das ein handfestes Motiv!"
"Frau Riegler? Lassen Sie mich bitte in ihre Wohnung, ich habe einen Durchsuchungsbeschuss!"
"Ich sagte ihnen doch schon, dass ich den... den Toten nicht gekannt habe!", stottert sie.
"Das können Sie mit meinem Kollegen auf dem Revier besprechen. Sonja Riegler, Sie sind vorläufig fest genommen!", sage ich während Noah gerade aus dem Fahrstuhl steigt und mit Handschellen auf die eingeschüchterte Frau zugeht.
Tränen treten in ihre Augen, als sie wie in Trance von meinem Kollegen zu dem Polizeiwagen geführt wird.
Hastig trete ich durch den Türrahmen und stehe in einer kleinen, aber dennoch gemütlichen Wohnung. Hier war es wesentlich persönlicher eingerichtet als in der Wohnung des Opfers. Die Wände sind in einem zarten Rosa gestrichen, doch von der Farbe sieht man nur wenig, da fast überall Bilder hängen. Ich brauche nicht lange zu suchen, denn als ich die oberste Schublade einer hölzernen Kommode öfne, fällt mir sofort auf, dass etwas nicht stimmt. Und tatsächlich entdecke ich ein kleines Geheimfach, welches, als ich es öffne ein blutiges Messer zum Vorschein bringt!
Vorsichtig streife ich mir wieder meine Latexhandschuhe über und stecke das Messer in einen Plastikbeutel, um es in ein Labor zu schicken.
Mir ist bewusst, dass ich nicht sofort erfahren werde, wessen Fingerabdrücke auf dem Messer zu finden sind, da das nächste Labor in einer Stadt ein paar Stunden entfernt von diesem abgelegenen Dorf ist. Zufrieden über meinen Fund, gehe ich wieder aus der Wohnung, doch merke ich nicht, wie mich jemand mit einem zufriedenen Lächeln verborgen im Schutz des Schattens beobachtet.
Eine Woche später sitze ich gerade auf einer Bank und blicke auf den weiten, blauen See vor mir, als mich das Klingeln meines Telefons aus meinen Tagträumereien reißt.
"Die Fingerabdrücke auf der Tatwaffe stimmen mit denen von Frau Riegler überein", höre ich die Stimme einer meiner Kollegen am anderen Ende der Leitung.
"Sie gibt zu, dass sie ein Verhältnis mit dem Opfer hatte, doch streitet sie ab, ihn umgebracht zu haben", fährt er fort, ohne eine Antwort von mir zu erwarten . Ich weiß es ist meine Schuld, da ich mich auf Distanz halte, doch trotzdem versetzt es mir einen Stich ins Herz zu wissen, dass er genauso sachlich geblieben wäre, würde er über meinen Tod sprechen.
"Ihr steht noch ein Gerichtsverfahren bevor, doch aufgrund der Beweislage ist es anzunehmen, dass sie eine Haftstraße bekommt."
"Danke", antworte ich, und meine es ehrlich. "Ich danke Ihnen, dass sie mich informiert haben!"
Für einen Moment ist es still, bis er sich räuspert und etwas ratlos sagt:" Nun ja.... also...Ich meine, gern Geschehen. Also dann....auf Wiedersehen"
"Auf Wiedersehen"
Nachdenklich lasse ich mein Telefon zurück in meine Jackentasche gleiten.
Ich weiß, dass das das Ende ist. Zumindest für meiner Karriere. Ich werde kündigen und versuchen, wieder Kontakt zu meinen alten Freunden und meiner Familie aufzunehmen. Es ist das Richtige, mein Entschluss ist gefallen.
Lächelnd stehe ich auf und gehe auf mein neues Leben zu.