Als Thorstein im Winter seinen Münzschatz benutzen will, um Vorräte zu kaufen, spricht er von Dirhem.
Nun ist ein Silberdirhem eine arabische Währung und es stellt sich für den aufmerksamen Leser möglicherweise die Frage, was eine Münze aus dem arabischen Raum im Schatz eines Nordmannes zu suchen hatte.
Also möchte ich euch heute einladen, einen Blick auf die Währungen der damaligen Zeit zu werfen, insofern sie die Wikinger betrafen.
Im Ostseeraum der damaligen Zeit, also im sog. Frühmittelalter, wurden keine eigenen Münzen geprägt. Erste Münzprägungen durch schwedische und dänische Könige sind erst auf die Zeit um 1000 n.C. datiert. (1)
Allerdings war den Seefahrern und Händlern aus dem Norden Geld nicht unbekannt. Auf ihren zahlreichen Reisen machten sie Bekanntschaft mit verschiedenen Münzarten. Bei Ausgrabungen fand man vorrangig Münzen aus England, dem Frankenreich und dem arabischen Raum (u.a. Dirhem). Auch aus Byzanz sind einige wenige Funde nachgewiesen. Interessant sind Funde auf Bornholm und Fyn, die römische Münzen enthielten.
Als Tauschware wurden sie als sogenanntes Gewichtsgeld benutzt, man maß den Wert also allein am Gewicht des Silbers, nicht am Prägewert, den die Münzen einstmals gehabt hatten.
Bei wikipedia kann man die genaue Anzahl der verschiedenen gefundenen Münzen nachlesen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wikingerzeitliche_M%C3%BCnzfunde_im_Ostseeraum
Die Zeit, in der Sæwicingas spielt, wird von dem Forscher Heiko Steuer als Frühphase der Gewichtsgeldwirtschaft bezeichnet. Von ca. 800 - 870/880 dienen die Silbermünzen häufiger als Hortungsschatz denn als Zahlungsmittel (2)
Die älteste in Jütland gefundene karolingische Münze stammt aus dem Jahr 755 und markiert den Beginn einer neuen neue münzgeschichtlichen Epoche im Ostseeraum(3).
Insgesamt belief sich 1991 die Anzahl in Skandinavien gefundener karolingischer Münzen auf 111 Exemplare aus 48 Funden. Über die erhebliche Diskrepanz zwischen den recht mageren archäologischen Funden und den in den Schriften (z.B. Vita Anskarii ) geschilderten Reichtümern der Handelsplätze gibt es unterschiedliche Spekulationen, denen ich, als Laie, nicht gewissenhaft genug nachgehen kann, um hier meine Gedanken festzuhalten.
Wer dazu mehr erfahren möchte, dem sei das ausführliche Werk Hendrik Mäkelers empfohlen: "Wikingerzeitlicher Geldumlauf im Ostseeraum - neue Perspektiven"(3).
Um auf die Dirhem zurückzukommen, so bestehen die frühen Münzfunde aus dem Ostseeraum hauptsächlich aus arabischen Silbermünzen. Das Alter dieser Münzen lässt sich anhand ihrer Prägungen recht genau zuordnen, führte doch Abd al-Malik, Kalif und Herrscher des Omajadenreichs 685-705, eine Münzreform mit einheitlicher Prägung durch. Es entstanden einheitliche Dinare im Gewicht von 20 arabischen Karat oder 4,25 Gramm, die das muslimische Bilderverbot berücksichtigten. Passend dazu kam der Silberdirhem in Umlauf.
Die Münzenwoche schreibt dazu: "Die Wikinger sollen so viel Silber exportiert haben, dass die natürlichen Silbervorkommen unter islamischer Kontrolle nicht mehr ausreichten, um den Nachschub an Silbermünzen zu decken."(4)
Bedeutende Hortfunde mit Dirhems gab es u.a. in Uppåkra, Ribe, Hedeby, Kaupan, Haithabu, aber auch Groß Strömkendorf/Reric und Janów Pomorski/Trus als Handelsplätze.
Auch hier kann man sein Wissen vertiefen bei Michael Müller-Wille: Wikingerzeitliche Münzfunde des südschwedischen Zentralplatzes von Uppåkra(5)
Wenn also Thorstein demnächst seine Dirhem in die Hand nimmt, um Getreide zu erstehen, tut er das in Nachfolge seiner real existierenden Vorbilder der alten Handelsplätze. Und vielleicht sind Sie, lieber Leser, dann ebenso von diesem kleinen, scheinbar nebensächlichen Detail fasziniert, wie ich es war, als ich begann, mich mit dem Geldhandel der Wikinger zu beschäftigen.
Quellen:
(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Wikingerzeitliche_M%C3%BCnzfunde_im_Ostseeraum
(2) H. Steuer, Gewichtsgeldwirtschaften im frühgeschichtlichen Europa. Feinwaagen und Gewichte als Quellen zur Währungsgeschichte, in: Untersuchungen zu Handel und Verkehr, S. 405-527, hier S. 489-495.
und
(2) (3)http://www.hendrik.maekeler.eu/wikingerzeitlicher-geldumlauf-im-ostseeraum.pdf
(4) https://www.muenzenwoche.de/de/Archiv/Drachme-Dirhem-Taler-Pfund/8?&id=53&type=a von Ursula Kampmann
(5) https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/ak/article/view/21797