Du bist Elred Aramys Nuvian.
Euer Weg durch die Wüste ist unfassbar ermüdend. Obwohl ihr schon im Erdgräberland begonnen habt, euer Wasser einzuteilen, fällt es dir immer schwerer. Eigentlich sollte man sich ja an den Durst gewöhnen, und an die wenigen Schlucke nach einer gewissen Wegstrecke. Doch im Gegenteil wirst du es leid, ständig nur auf den nächsten Schluck zu warten. Ein Teil von dir möchte schreien, sich das gesamte Wasser über den Kopf gießen und dann schlafen.
Noch kannst du den Impuls unterdrücken, doch er zermürbt dich.
Das schwere Gepäck behindert euch zusätzlich, doch ihr könnt auch nichts zurücklassen. Als ihr nach drei Tagen plötzlich einen flimmernden Schatten vor euch erblickt, bist du erschöpft genug, um beinahe in Tränen auszubrechen.
Wasser. Ihr habt die Oase erreicht.
„Das ist sie!“, sagt auch Karja mit deutlichem Aufatmen. Ihr beschleunigt eure Schritte und erreicht schließlich ein grünbewachsenes Tal inmitten der hohen, goldenen Dünen. Ein großer See liegt im Zentrum der Oase, eine weite Wasserfläche, auf der sogar ein paar schlanke Schiffe segeln. Am Ufer gibt es Plantagen, dichte Wälder und Grasflächen mit Akazien. Niedrige Häuser sammeln sich auf einer Seite zu einer kleinen Stadt – so an die hundert Gebäude zählst du, in denen jedoch mehrere Personen wohnen. Die Häuser haben fleischfarbene Wände und rote Dächer, flache Dächer, auf denen teilweise Palmen in Kübeln wachsen. Die Straßen sind nicht befestigt, nur festgetrampelter Sand, doch es kommt dir wie ein Paradies vor. Ihr folgt der breitesten Straße, die von breiten Stoffbahnen überdacht ist. Die Bewohner, größtenteils von Stoffen verhüllt, schenken euch keinerlei Beachtung. Nur ein älterer Mann winkt euch zu einem Brunnen in der Nebenstraße.
„Habt ihr Durst?“ Von seinem Gesicht sind nur die Augen zu sehen, und ein Bart zeichnet sich unter dem Turban ab, dessen Stoff auch das Gesicht bedeckt. Seine Stimme ist rau und freundlich.
Ihr nickt schweigend und er reicht euch kommentarlos Becher mit Wasser.
„Können wir hier auch auffüllen?“, fragt Karja und hält eure Wasserschläuche hoch.
„Schon …“ Der Mann runzelt die dichten, dunklen Brauen. „Aber dafür möchte ich etwas haben. Gold oder Nahrung, was immer ihr entbehren könnt.“
„Natürlich.“ Karja beugt sich über eine Tasche und beginnt zu wühlen, dann holt sie einen Dolch hervor. „Was sagst du zu diesem Prachtstück? Eigentlich viel zu wertvoll für ein bisschen Wasser, aber du warst so freundlich zu uns.“
„Der Zahnstocher? Willst du mich beleidigen?“ Entgegen seiner Worte klingt der Mann nicht zornig. Er und Karja beginnen, erbittert zu feilschen. Du machst ein paar Schritte in den Schatten und trinkst deinen Becher aus. Brenna lehnt sich neben dir an die Wand.
„Wir sollten uns auch so Tücher zulegen“, schlägt sie vor. „Damit fallen wir weniger auf.“
„Und sind vor der Sonne geschützt.“ Du wirst einen Blick auf ihre flammendrote Stirn. Ihr habt alle drei Sonnenbrand, obwohl ihr euch bestmöglich geschützt habt. Wie Fieber jagt die Hitze noch immer durch deine Haut. „Vielleicht können wir unsere Kleidung eintauschen.“
Brenna zupft an ihrem schweißdurchtränkten Oberteil. Ihr seid für kalynorisches Wetter gerüstet, für kalte Nächte und Regenfälle. In der Wüste ist das natürlich viel zu warm.
„Sieht aus, als feilschen sie hier gerne“, meint Brenna mit einem Blick zu Karja und dem Mann. „Kriegen wir das hin?“
„Natürlich.“ Du lächelst. „Ein wenig Erfahrung habe ich auch.“
Also winkt ihr Karja und marschiert los, bis ihr einen Schäfer findet, der selbstgewebte Gewänder verkauft. Du übernimmst den Handel, dein Gesprächspartner erweist sich allerdings als sehr durchtrieben und zäh. Du kannst ihn am Ende nicht ganz so tief herunterhandeln, wie du gerne würdest. Als Karja auftaucht, kommst du jedoch zu einem Ende, auch wenn du noch drei Elfenpfeile auf eure Kleidung drauflegen musst. Ihr könnt euch in einem Hinterzimmer umziehen, versteckt eure Waffen unter der Kleidung und reicht dem Mann eure alten Sachen.
Ob ihr sie je wiedersehen werdet? Vermutlich wird er die Kleidung bald weiterverkaufen. Was schade ist, da einige Stücke noch aus deiner Heimat im Dornenwald stammen. Aber das wirst du alles neu kaufen können.
Die Wollkleidung ist viel luftiger als eure Gewänder. Du hast sogar das Gefühl, dass sie euch kühlen.
So ausgerüstet wagt ihr euch wieder auf die Straßen und schlendert die überdachte Straße entlang. Mit dem Abend kommen immer mehr Händler aus den Häusern, Lampen werden entzündet und die Kühle der Nacht offenbar genutzt. Nun kommen auch viele Menschen von Außerhalb, die erlegte Wüstentiere oder Maisernte einbringen und wohl den Tag über draußen gearbeitet hatten. In diesem Trubel fallt ihr drei nicht länger auf.
Karja hört sich unauffällig um, ob sie Informationen zu Aramati erhält. Wenn irgendjemand wegen ihrer Fragen misstrauisch wird, krempelt sie den Ärmel hoch und offenbart ein Tattoo aus der Mondsee. Es sagt dir zwar nichts, scheint sie aber als Diplomatin oder etwas Ähnliches auszuweisen, und die Menschen sagen ihr bereitwillig alles, was sie wissen. Das ist nicht viel – die Siedlung hier schein ein Dorf zu sein, dessen Bewohner nur selten reisen. Aber schließlich verweist man euch an eine Karawane, die demnächst zur Wüstenstadt aufbrechen wird.
„Wir könnten uns einfach anschließen“, schlägt die Piratin vor, als ihr am Abend im dichten Unterholz am See lagert und die Temperaturen endlich fallen.
„Das ist doch sicher gefährlich …“, gibst du zu bedenken.
„Natürlich. Wir brauchen einen guten Plan. Aber wenn wir uns als Gesandte ausgeben, könnte es funktionieren. Ich habe die Händlersflagge.“ Karja deutet dabei auf ihren Arm, also ist das vermutlich die Bezeichnung für ihr Tattoo. „Dass die Mondsee überfallen wurde, wissen sie hier bereits. Aber es wäre nicht unwahrscheinlich, dass die Piratenkönige Gesandte ausschicken, die genauestens davor warnen, wie sie den Stein verloren haben. Damit das nicht noch mehr Völkern passiert.“
„Die Jenseitsvölker sprechen sich also über unsere Taktik ab?“ Du kaust leicht auf der Unterlippe. „Das macht unsere Aufgabe nicht gerade leichter. Was, wenn schon Gesandte hier waren? Dann fliegen wir auf.“
„Sie reisen im Geheimen. Wir könnten Glück haben“, beruhigt Karja dich.
„Nun, ich sehe keine andere Möglichkeit“, gibst du nach. Der Karawane nachzureisen, wäre viel zu riskant und auffällig. „Wann brechen sie auf?“
„In zwei Tagen. Wir können also noch in Ruhe unsere Vorräte aufstocken.“
Damit sind alle einverstanden. Während ihr euch auf dem nächtlichen Gras ausstreckt, siehst du in die Sterne. Die Nacht ist ziemlich kühl, gerade im Vergleich zu den heißen Tagen. Jetzt vermisst du deine warme Kleidung schon ein Stück.
Ihr seid aber immerhin sehr zuversichtlich, dass ihr bald nach Aramati kommen werdet. Endlich einmal scheint etwas zu klappen.
Pairing-Entscheidung!
In diesem Abschnitt kannst du ein optionales Pairing für Elred spielen. Diese Entscheidung beeinflusst nur die Interaktion der Charaktere, nicht jedoch den Verlauf der Geschichte. Canon ist gerechterweise keine der möglichen Beziehungen, aber wenn du eine spielst, kannst du nach dieser direkt weiterlesen, ohne etwas verpasst zu haben.
Entscheide dich nun für …
… kein Pairing. Lies weiter in Kapitel 8.
[https://belletristica.com/de/chapters/253177/edit]
… das Pairing Brenna & Elred. Lies weiter in Kapitel 9.