»HEXENBLUT?«, rief ich erschrocken aus, als Wilhelm mir erklärt hatte, wie das „Tor“ zur Parallelwelt der Fabelwesen geöffnet würde.
»Richtig verstanden. Wir haben diese Maschinen konstruiert, mithilfe von dem jungen Mohammad. Damit können wir die Parallelwelt auch ohne die Anwesenheit von Hexen erreichen. Wir geben einfach diesen Sud aus Hexenblut, zahlreichen Kräutern und einer Prise Magie in die dafür vorgesehenen Behälter und stellen beide Maschinen mit etwas Abstand voneinander parallel auf. Alles andere passiert automatisch.« Wilhelm machte eine ausladende Handbewegung, als wolle er das Aufploppen eines Stargates imitieren.
So jedenfalls stellte ich mir die eben beschriebene Szenerie vor. Plötzlich kam mir der Gedanke, dass ich im Koma liegen könnte, und diesen ganzen Unsinn, den ich gerade erlebte, nur träumen würde.
»Alles in Ordnung bei dir, Alexis?«, bemerkte Wilhelm meine geistige Abwesenheit.
»Ja, alles gut so weit. Denke ich.«
»Ist viel zu verdauen, richtig? Wenn man da, so mir nichts dir nichts reingeworfen wird, klingt das alles bestimmt wie ein Fiebertraum«, traf der Polizist im Ruhestand den Nagel auf den Kopf.
»Auf jeden Fall. Ach, und Lex reicht«, bot ich Wilhelm die Kurzfassung meines Namens an.
»In Ordnung, Lex«, nahm er dies grinsend zur Kenntnis.
»Und Marlowe ist mit all diesem Kram aufgewachsen?«, wollte ich ein wenig mehr über die Hintergründe des wortkargen Bosses wissen.
»Ja, das ist er. Er hat es von seinem Vater erfahren, als er etwa zehn Jahre alt war. Patrick ist auch bei der Polizei. Das liegt definitiv in der Familie. Nur dessen Vater Edward wollte partout nicht in die Fußstapfen des großen Philip Marlowe treten.«
»Der große Philip Marlowe? Ich meine, dass ich den Namen schon einmal gehört habe.« Der Nachname kam mir bereits bei meinem ersten Besuch in der Garage bekannt vor.
»Philip Marlowe war in den 20er bis 40er-Jahren des letzten Jahrhunderts ein erfolgreicher Privatdetektiv in Los Angeles. Er hat viele verzwickte Fälle lösen können und genoss dadurch eine gewisse Prominenz in Kalifornien«, klärte mich Wilhelm auf.
»Ah, deswegen war er in L.A.!«, schlussfolgerte ich, als mir einfiel, wo der Boss die letzten Wochen überall gewesen war.
»Richtig. Sein Vater hat die Britin Eileen Kent geheiratet. Deswegen ist unser Marlowe gebürtiger Brite. Seine Geburtstagsreise führte ihn folglich zunächst nach England und dann zu seinen anderen Verwandten nach Los Angeles.«
»Und war er schon immer so schweigsam?«, konnte ich mir die Frage zu meinem ersten Eindruck über Marlowe nicht verkneifen.
»Ich kenne ihn anders. Aber seit dem Vorfall ...« Wilhelm erkannte die Bremslichter vom Wagen vor uns, der nun mitten im Eichenstedter Forst zu stehen kam, und drückte ebenfalls auf die Bremse. »Wir sind da, junge Dame. Nun kannst du dir selbst ansehen, wie die Sache mit der Parallelwelt funktioniert!«
»Na, dann mal los!«
Es war mittlerweile dunkel geworden. Ohne die Scheinwerfer der Autos, hätten wir kein Licht hier draußen, mitten im Wald. Momo und René hievten den Transportkäfig, in dem der Rasselbock ruhelos herumsprang, vorsichtig von der Ladefläche des Transporters. Marlowe stand unweit daneben und überblickte das Areal.
»Alles sauber«, gab Marlowe schlussendlich Entwarnung.
Daraufhin begann Momo, die Maschinen aus Wilhelms Kofferraum zu holen.
»Das ist alles?«, rief ich aus, als ich die etwa 30 cm großen Apparaturen sah.
»Was hast du erwartet?«, fragte Momo kichernd. »Dass sich der Boden auftut und ein Stargate zum Vorschein kommt?«
»Ähm, ehrlich gesagt, ja«, murmelte ich. »Zumindest etwas in der Größe. Die Dinger da könnten aus unserem Technikunterricht damals stammen, als wir eine Kaffeemaschine selbst bauen sollten.«
»Tja, wie soll ich sagen.« Der pfiffige Ägypter rieb sich die Nase und pustete hörbar aus. »Im Prinzip funktioniert es ähnlich. Dieses Hexengebräu wird durch die Technik gefiltert, gibt die nötige Magie ab und öffnet daraufhin die Parallelwelt. Damit man genug Fläche zum Durchgehen hat, braucht man zwei davon. Dadurch entsteht dein Stargate.«
»Durchgehen? Heißt das, dass wir auch in die andere Welt müssen?« Diese Vorstellung machte mich dann doch etwas nervös. So reizvoll sie auch war.
»Das wäre keine gute Idee«, beantwortete Wilhelm meine Frage. »Es ist besser für alle beteiligten, wenn wir Menschen bleiben, wo wir sind. Wir warten, bis das Fabelwesen drüben ist, und stellen die Maschinen dann ab. So schließt sich der Durchgang wieder. Bis irgendein anderes Geschöpf ein neues Schlupfloch gefunden hat oder von jemanden durchgelassen wurde.«
»Habt ihr diese Kerle vom Freitag in Verdacht, etwas damit zu tun zu haben, dass die Fabeltiere in unsere Welt gelangen können?«
»Lex, du kannst dir gar nicht vorstellen, wen oder was wir alles verdächtigen. Ich denke, fürs Erste weißt du genug.« Wilhelm blickte zu Marlowe, der ihm vermutlich wortlos zu verstehen gegeben hatte, dass er sich mit weiteren Erklärungen zurückhalten sollte.
Mir war es genehm. Trotz aller Neugierde wollte ich mich allmählich von dieser Geschichte entfremden. Immerhin hatte ich bereits mit meinen Eltern gesprochen, dass ich darüber nachdachte, zurück nach Hamburg zu kommen. Das Erlebnis mit dem Rasselbock würde ich für immer in meinem Herzen bewahren, ansonsten aber wieder ein normales Leben führen.
Apropos Rasselbock. Das hasenartige Geschöpf mit dem Rehgeweih hoppelte weiterhin unruhig in seiner Kiste herum, während Momo und Wilhelm die Maschinen einsatzbereit machten.
»Lex, richtig?«, sprach mich René an, der neben dem Käfig stand. »Komm ruhig her und beruhige das Tier. Es muss sich nicht unnötig aufregen, wenn wir dich dabei haben.«
»Ich versuche mein Glück. Obwohl ich noch immer denke, dass das nur Zufall war.« In der Tat gelang es mir diesmal nicht, den Rasselbock von seiner Panik zu befreien. Wie auch, wenn genau vor ihm bunte Lichtblitze durch die Nacht zuckten?
»René, mach dich bereit! Das Tor ist gleich offen!«, rief Momo in unsere Richtung. René nickte und hockte sich neben mich vor den Transportkäfig.
»Wenn wir Glück haben, geht alles ganz schnell«, erklärte der junge Mann und griff an den Verschluss der Box. »Im besten Fall sprintet er gleich geradeaus los und in seine Welt zurück.«
Bei diesem Stichwort drehte ich mich um und traute meinen Augen nicht. Zwischen den beiden Maschinchen, umrandet von zuckenden und gleißend hellen Blicken tat sich tatsächlich eine andere Welt auf! Dort war es helllichter Tag, ansonsten sah es nicht anders aus als in unserer Welt:
Eine Wiese umgeben von Bäumen, an denen sich die Blätter ebenfalls gerade herbstlich bunt färbten. Am Himmel hingen zahlreiche Wolken, ansonsten schien es ein heiterer Tag zu sein. Ich konnte den Blick nicht abwenden und kam nicht drum herum, nach weiteren Fabelwesen zu suchen. Irgendetwas in mir erwartete eine Szene wie aus dem Zeichentrickfilm Das Letzte Einhorn, mitsamt Einhorn, versteht sich. Das Kind in mir war geweckt und ich spürte, wie Tränen in meinen Augen aufstiegen.
»Geh jetzt ein Stück zur Seite«, riss mich René aus dieser Wunderwelt. Zitternd und mit klopfendem Herzen tat ich, wie mir geheißen und setzte mich neben den Käfig, denn meine Beine waren zu sehr wie Pudding, als dass ich hätte weiterhin in der Hocke bleiben können.
Der Rasselbock verhielt sich nicht, wie erhofft. Erschrocken über das, was sich vor seiner Schnuffelnase abspielte, sprang er in die falsche Richtung und polterte gegen die Rückwand des Käfigs.
»Kommt ihr klar, da drüben?«, erkundigte Momo sich nach unseren Bemühungen, das Fabeltier in die Freiheit zu entlassen. »Ihr wisst, dass wir das Tor nur eine Zeit lang offenhalten können. Der Hexensaft reicht nicht ewig.«
Mohammad hatte recht. Man konnte deutlich erkennen, wie das Gebräu in den beiden Tanks der Maschinen stetig weniger wurde. Den Rasselbock interessierte das nicht. Er hatte sich mittlerweile zusammengekauert und zitterte, wie Espenlaub.
»Sprich mit ihm, Lex. Versuch noch einmal, ihn zu beruhigen«, schlug René vor. »Und dann geh voran. Wenn Lukas und Mohammad recht haben, und er dir damals gefolgt ist, könnte es sein, dass er es wieder tut.«
»Das hat er aber nur getan, als ich mich nicht um ihn gekümmert habe. Wenn ich mit meinem Handy beschäftigt war.«
»Dann mach das!«, rief Wilhelm mir zu.
Ich nickte und kramte mein Smartphone aus meiner Manteltasche. Internet hatte ich hier draußen zwar nicht, wodurch Pokémon Go keine Option war, aber Fotos konnte ich mir freilich ansehen. Das tat ich und musste schmunzeln, als ich ein paar Schnappschüsse von meinen alten Theaterfreunden vom letzten Sommer fand. Ich stand auf und wanderte gedankenverloren vor dem Käfig herum, in dem der Rasselbock langsam aus seiner Schockstarre erwachte.
»Es klappt«, quiekte Momo und schlug sich sogleich die Hände vor den Mund, um das Fabeltier nicht erneut zu verschrecken.
Er hatte recht. Das konnte doch nicht wahr sein! Aber unser Böckchen traute sich Schritt für Schritt aus seiner sicheren Box. Ich beachtete ihn weiterhin nicht, sondern erfreute mich an alten Erinnerungen. Dabei kam ich dem Tor zur anderen Welt immer näher. Ich konnte eine Hitze spüren und ein elektrisches Kribbeln. Aber beides war nicht unangenehm oder gar schmerzhaft. Im Gegenteil! Je dichter ich an das Land hinter dem Tor herankam, desto stärker wurde der Drang, selbst hineinzugehen. Die Vorstellung, was man dort alles entdecken konnte, war einfach zu verlockend. Aber ich hielt mich an die Empfehlungen meiner Kameraden und bog kurz vor dem Eingang nach rechts ab, blieb dennoch in der unmittelbaren Nähe.
Unser Bock hatte mittlerweile seinen Käfig verlassen und schlich sich an mich heran. Dann machte er das, was er auch am vergangenen Mittwoch getan hatte:
Der Rasselbock stieg auf seine kräftigen Hinterläufe und richtete sein Gehörn drohend auf mich. Dann nahm er Schwund und sprang mir entgegen.
»Oh, nein. Diesmal nicht, mein Freund. Noch mehr Hämatome kann ich an meinem Podex nicht gebrauchen.«
»Lex, stell dich genau vor das Tor. Wenn er noch einmal Anlauf nimmt, dann spring erst kurz bevor er dich anrempelt zur Seite.« Momo nickte heftig und seine Stimme wechselte mal wieder die Tonhöhe.
»Und wenn ich hineinfalle?«
»Wirst du nicht. Du hast doch bestimmt einen Stunt-Kurs gemacht, als Schauspielerin.«
Momo hatte gut reden. Klar haben wir auch das Fallen, Springen, Abrollen und so geübt, aber als Stunt-Kurs würde ich das jetzt nicht bezeichnen. Dazu brauchte es doch etwas mehr, als Purzelbaum schlagen. Dennoch blieb mir wohl nichts anderes übrig, als seinem Vorschlag folge zu leisten und so nah an den Übergang zu treten, wie es nur ging.
Es war einfach magisch. Die andere Welt stellte sich so klar vor mir dar, als würde ich durch ein Fenster nach draußen blicken. Ich konnte sogar den Wind spüren, der aus dem Tor zu uns wehte. Es duftete so wunderbar rein und klar. Natürlich. Denn dort gab es keine Menschen, keine Autos und Schornsteine. Keine Fabriken und keine Zerstörung. Es war das Paradies. Je mehr ich darüber nachdachte, desto sicherer war ich mir, dass sie alle recht hatten. Menschen hatten dort nichts verloren. Menschen verdienten kein Paradies.
»Lex, beeil dich! Wir können das Tor nicht mehr lange halten.« Momos Stimme überschlug sich immer mehr. Doch der Rasselbock hatte das Interesse an einer weiteren Attacke offenbar verloren. Ich musste mir etwas einfallen lassen.
»Was machst du denn da?« René klang sehr angepisst, als ich plötzlich anfing, mit dem Hintern zu wackeln wie eine Ente. »Das ist kein Scherz hier. Der Bock muss zurück in seine Welt.«
»Ja, das versuche ich doch! Du siehst doch, dass er keine Anstalten macht, sich in die richtige Richtung zu bewegen. Vielleicht motiviert ihn das ein bisschen.«
Ich sollte verrückterweise richtig liegen. Mein Wackelpopo animierte das Fabelwesen zu einem neuen Angriff. Wieder nahm er Anlauf, schnaufte beinahe bedrohlich und sprang los.
»Pass auf, verdammt!«, hörte ich Momo schreien, bevor ich unsanft auf den Boden gezogen wurde.
Marlowe hatte mich am Arm gepackt, als ich dabei war, das Gleichgewicht zu verlieren und auf die andere Seite zu stürzen. So kam es, dass ich doch noch einen riesigen blauen Fleck am Allerwertesten dazubekam.
»Er ist drüben!«, rief schließlich René und Wilhelm und Momo eilten sogleich zu den Maschinen, um das Tor zu schließen. Im Augenwinkel konnte ich noch einen Blick erhaschen, wie unser Bock auf der Wiese entlang hoppelte. Er war wieder zu Hause. Ein bisschen vermisste ich meinen kleinen Freund jetzt schon.
Nachdem das Tor geschlossen war, sah ich erst einmal gar nichts. Alles war dunkel. Der nächtliche Wald wieder genau das, was er normalerweise war. Nach und nach schafften es die Autoscheinwerfer in einiger Entfernung, meine Sicht zurückzubringen.
»Thank you«, hörte ich Marlowe sagen, der noch immer neben mir hockte. »Und sorry, dass ich dich so hard runtergezogen habe.«
»No problem, Sir«, antwortete ich inspiriert von seinem britischen Akzent. Was mir kurz darauf aber etwas peinlich war. Immerhin war mein Englisch tausendmal schlechter als sein Deutsch.
Er ließ nicht erkennen, ob ihn das störte. Wie auch? Es war schließlich der schweigsame Boss. Dafür konnten Wilhelm und Mohammad ihre Emotionen nicht für sich behalten.
»Wir haben es geschafft! Der Bock ist in Sicherheit. Danke Lex, du bist großartig!« Momo sprang mir sofort um den Hals und Wilhelm klatsche mal wieder in die Hände, sodass er vermutlich alles und jeden im Umkreis von tausend Metern aufweckte.
»Respekt. Du scheinst wirklich ein Händchen für Rasselböcke zu haben«, drückte selbst René seine Anerkennung aus. »Aber behalte das für dich«, setzte er scharf nach.
»Das glaubt mir eh niemand. Aber ja. Ihr müsst euch keine Sorgen machen. Ich werde niemandem etwas über euch und die Fabeltiere erzählen. Nicht einmal meinem Tagebuch, wenn ich eins hätte.« Ich atmete ein paarmal tief ein und wischte zwei Tränen von meinem Gesicht, die sich letzten Endes doch gelöst hatten. »Ich werde Eichenstedt ohnehin bald wieder verlassen und nach Hamburg zurückgehen«, erwähnte ich meine Pläne für die nähere Zukunft.
»Du gehst weg?«, tat Wilhelm seinen Unmut darüber kund. »Das ist aber schade. Du hast so viel Talent im Umgang mit diesen Wesen.«
»Ach, das war ein dummer Zufall, dass der Bock so versessen auf mein Gesäß war. Ein Einhorn oder Drachen könnte ich mit Sicherheit nicht zähmen«, wiegelte ich ab.
»Ich würde es gern mal drauf ankommen lassen«, hörte ich Wilhelm sich im Bart nuscheln.
»Für heute reicht es aber erst einmal«, gähnte Momo, als er seinen Kram zusammenpackte. »Lex, soll ich dich nach Hause bringen? Der Boss kann bei Wilhelm mitfahren.«
Marlowe nickte und stieg in Wilhelms metallic-roten Renault Captur. Wilhelm selbst klopfte mir zum Abschied auf die Schultern und hoffte, dass wir uns trotzdem bald noch einmal sehen würden.
Irgendeine dumme Stimme in mir erwiderte diese Hoffnung. Aber nein. Dieses Kapitel war für mich abgeschlossen. Spätestens nachdem Marlowe meinen Lohn ausgezahlt hatte, wollte ich die vergangenen sieben Tage als das ad acta legen, wonach sie sich ohnehin anfühlten. Als verrückter Traum.
Zwei Tage nachdem ich beim Zurückbringen des Rasselbocks geholfen hatte, fand ich mich erneut in Marlowes kleinem Büro wieder. Es ging um die Bezahlung für meine unfreiwilligen Dienste.
»Fünftausend Euro?!«
»Ist das in Ordnung für dich?« Marlowe machte tatsächlich Anstalten, die Summe auf dem Check noch einmal zu erhöhen.
»Nein! Ja! Alles gut! Das ist genug. Ich danke Ihnen vielmals, Mr Marlowe.« Etwas unwohl war mir dennoch dabei, den Gehaltszettel entgegenzunehmen. Fünftausend Euro waren kein schlechter Lohn für wenige Arbeitsstunden, obgleich sie mehr als haarsträubend und nicht ganz ungefährlich waren.
»Das sind wir dir schuldig, nach all dem Trouble, den du wegen dieser Sache hattest.« Marlowe sah mich prüfend an, dennoch erhob ich mich bereits zum Gehen.
»Ach, das war mal eine einzigartige Erfahrung, die ich mein Lebtag nicht mehr vergessen werden. Eigentlich habe ich zu danken. Wer kann schon von sich behaupten, mal ein echtes Fabelwesen gesehen zu haben?«
»Nicht vergessen, it’s top secret.«
»Of course, Mr Marlowe«, ließ ich mich erneut zum Englischen hinreißen. Der Detektiv behielt seine Meinung wieder für sich, sah aber dennoch so aus, als wollte er noch irgendetwas loswerden.
»Du hast derzeit keinen festen Job, habe ich gehört?«, fragte er mich schließlich zu meiner aktuellen beruflichen Situation.
»Das ist richtig. Unser Theater musste schließen«, antwortete ich und verfiel direkt wieder in die Rolle der Optimistin. »Ich werde vorerst zu meiner Familie nach Hamburg zurückkehren. Vielleicht auch nach Berlin und von dort aus einen neuen Versuch starten, eine Anstellung zu finden.«
»Es ist nicht so, als könnten wir keine Schauspielerin in unserer Detektei brauchen«, sprach er beiläufig und wendete sich dabei seinem alten Schachspiel zu, auf dem er eine Partie gegen sich selbst spielte.
»Na, dann drücke ich mal die Daumen, dass ihr eine – warte! Sie meinen aber nicht, dass – ich?«
»Fortes fortuna adiuvat. Den Mutigen hilft das Glück, heißt ein altes Sprichwort« zitierte Marlowe die alten Römer, wie es auch mein Großvater oft tat. »Also was sagst du? Noch mal Lust, Verbrecher und Fabeltiere zu jagen?«