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Nach dem Prompt „Dickschnabelpinguin“ der Gruppe „Crikey!“
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Endlich konnte er sein Dorf wieder vor sich sehen. Kivoli atmete erleichtert aus. Er hatte eine lange Reise hinter sich. Für seine geliebte Saini hatte er ein Elapita holen sollen, einen Liebesbeweis. Es war Tradition, dass die jungen Männer am ersten Frühlingstag auszogen, um ihrer Liebsten einen Wunsch zu erfüllen. Sie brachten ihr etwas, das sich die Frau wünschte, und dieser Dienst galt als erster Schritt der Verlobung.
In diesem Jahr hatten Kivoli und Saini diesen Schritt gewagt. Die Wega ihres Dorfes würde nämlich darüber richten, wie gut der Wunsch erfüllt war, und sie konnte auch sagen, dass eine Beziehung infolge einer Katastrophe aufgelöst werden sollte.
Kivoli war spät dran. Sainis Wunsch hatte ihn beinahe um seine Chance gebracht, doch spät zu sein, was an sich keine Schande.
Allerdings fragte er sich schon, ob sie ihn mit Absicht zur Küste entsandt hatte, um einen Bruni zu fangen. Einen Bruni hatte sie sich gewünscht, die Wahnsinnige! Er liebte sie für diese Verrücktheit, aber ein wenig Sorgen machte er sich schon. Dennoch war er losgezogen, um einen der schwarzweißen Vögel von der Küste zu entführen. Der Pinguin war zum Glück sehr vertrauensvoll gewesen, mit ein wenig Fisch hatte Kivoli das Tier von sich überzeugt. Auf dem Rückweg waren sie jedoch nicht schnell vorangekommen. Ein Pinguin konnte eben nur watscheln! Er konnte dennoch von Glück sagen, dass die Kolonie der Brunis noch an der Küste gewesen war. Seine Sorge um Sainis wahre Gefühle waren also berechtigt. Die Aufgabe hätte sich auch als unmöglich erweisen können!
Sie erwartete ihn, zusammen mit der Wega, am Dorfeingang.
"Ein Glück! Du bist noch pünktlich!", rief sie ihm entgegen. "Ich habe mich gefragt, wo du bleibst."
"Gefragt, wo ich bleibe?" Verwirrt sah er sie an, verschwitzt und müde. "Wer hat mich denn fast ans Ende der Welt geschickt?"
"Habe ich gar nicht!" Sie runzelte die Stirn.
"Na, es war fast so lang." Ein wenig unzeremoniell hob er den Bruni auf und reichte ihr den Vogel mit ausgestreckten Armen, der erschrocken quackte. "Bitte."
"Was ... ist das?" Saini sah erst den Vogel, dann ihn an.
"Dein Elapita." Ungehalten sah er sie an, auch wenn die Wega neben ihnen vermutlich jeden Blick mental vermerkte. "Das wolltest du doch, Saini. Einen Bruni."
"Was?" Saini lachte ungläubig. "Ich wollte einen Bwrumi!"
"Häh?" Ein Bwrumi war eine hübsche Mütze, etwas ausgefallen, aber keinesfalls unmöglich zu beschaffen. Er hätte sie vermutlich selbst herstellen können. "Nein, das hast du nicht gesagt!"
"Dachtest du, ich will einen wilden Vogel? Ernsthaft?" Saini schüttelte den Kopf. "Ich habe Bwrumi gesagt!"
"Du hast eindeutig Bruni gesagt! Ich habe extra nochmal nachgefragt!"
"Hast du gar nicht!"
"Du hast genuschelt!"
"Habe ich nicht - du hast Huru-Wolle in den Ohren!"
Saini nahm ihm den Vogel ab, der nervös zu schnattern begonnen hatte und mit den kurzen Flossen in der Luft zappelte. Saini umarmte den Pinguin und beruhigte ihn mit wenigen Strichen. "Ich würde doch keinen Bruni verlangen! Du weißt, dass ich Bwrumis mag!"
"Klar weiß ich das, aber heute Morgen hast du eindeutig ..."
Die Wega räusperte sich und die beiden jungen Leute verstummten. Ängstlich drehten sie sich zu der weisen Frau um. Sie hatte natürlich alles mitangehört und Kivoli erkannte mit einem sinkenden Gefühl im Magen, das er die Prüfung offenbar nicht bestanden hatte. Auch wenn er Saini den lebendigen Bruni gebracht hatte.
"Wir haben versagt, nicht?", fragte Saini leise.
Mit schuldbewusstem Blick erwarteten sie das Urteil der Wega.
Die gluckste belustigt. "Nun, ihr streitet bereits wie ein altes Ehepaar, Kinder. Was mich angeht, so hast du, Kivoli, den Wunsch deiner Liebsten trotz aller Mühen erfüllt, und du, Saini, hast das Geschenk angenommen. Dass du geringe Anforderungen gestellt hast, beweist deine Liebe zu Kivoli, und dass Kivoli trotz des seltsamen Wunsches, den er geglaubt hat, erfüllen zu müssen, nicht gezögert hat, beweist seine Liebe zu dir." Die alte Wega zuckte mit den Schultern. "Wie sollte ich euch da Versagen vorwerfen?"