Ein erschrockener Schrei entfuhr mir - Ganz klar zeigte der Spiegel jemanden, wie er am Kopfende von Megans Bett stand!
Meine Augen wanderten rasch vom Spiegel zu jener Stelle, um einen besseren Blick zu erhaschen, doch da war niemand. Ich versuchte mich zu beruhigen. Hatte ich mir das nur eingebildet? Aber als ich erneut in den Spiegel sah, sah ich es wieder!
Nur schemenhaft war die Gestalt zu erkennen: sie war schlank und androgyn gebaut und schien diese Maske auch zu tragen.
Der Blick der Gestalt war auf Megan gerichtet - die mich nun allerdings entgeistert ansah. Mein Schrei musste mich verraten haben! Ich sah vom Spiegel weg zur echten Meg, die mich mit weit geöffneten Augen anstarrte. Aber da stand niemand anders!
Verwirrt versuchte ich, zum Reden anzusetzen, als Megan plötzlich erschrocken den Kopf zu der Stelle wendete, an der eigentlich die Gestalt stehen sollte. Ich wendete ebenfalls meinen Kopf, allerdings zum Spiegel, und was ich sah, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren: Der Blick der Gestalt war nun auf mich gerichtet. Ich fühlte mich entblößt, beobachtet. Und vor allem hatte ich plötzlich eine Heidenangst.
"RAUS!" hörte ich Megan schreien. "HAU AB UND MACH DIE TÜR ZU!"
Sie klang nicht sauer - mehr, als hätte sie große Angst um mich. Ich sah, wie die Gestalt zu einer Bewegung ansetzte und handelte instinktiv: Ich schlug die Tür hinter mir zu und huschte so schnell, wie es mir nur möglich war, in mein Zimmer. Dort angekommen drehte ich zweimal den Schlüssel im Schloß um und verkroch mich so schnell, wie ich nur konnte, in mein Bett. Mein Herz klopfte heftig und schnell.
In dieser Nacht habe ich kein Auge mehr zugemacht.
In den darauffolgenden Tagen tat Megan, als wäre nichts vorgefallen. Aus Schuldgefühlen und Respekt vor ihr hakte ich auch nicht nach.
Zwei Nächte später war sie verschwunden.