„Oh nein, nicht schon wieder“, grummelt Isabel und will sich die Decke über den Kopf ziehen. Der Wecker macht mächtig Radau und ihr eindeutig klar, die Nachtruhe ist für heute beendet. Aber nix da. Es hilft kein Jammern und Weinen, raus aus den Federn.
Auch ihr weißes Monster, ein Kater namens Gustel macht ihr klar, dass sie jetzt gefälligst aufzustehen habe. Seine schneeweiße Tatze landet mitten in ihrem Gesicht und hilft ihr dabei, wach zu werden. Die anderen vierbeinigen Monster stehen auch schon bei Fuß und warten darauf, dass der Futternapf gefüllt wird. Eins von ihnen kratzt, um die Forderung noch deutlicher zu machen, laut an der Kratzecke, dass sie denkt, sie bekommt einen Hörsturz.
Der Göttergatte schläft noch und bekommt wie immer nichts von dem Lärm mit. Er erhält vor dem Aufstehen noch einen Kuss, was er meist gar nicht mitkriegt. Manitu hat ihn noch fest in den Fängen.
„Geht weg, ihr Monster“, knurrt Isabel, während sie aus den Federn kriecht und sich die Hausschuhe anzieht. Gustel Schneemonster versucht sie dabei in die nackten Füße zu beißen. Jeden Morgen dasselbe! Der Kater wird erfolgreich abgewehrt, miesepetrig trollt er sich. Nun erst einmal den Fellnasen den Futternapf füllen, sonst geben die keine Ruhe.
Während die Katzen fressen, schlurft sie ins Bad und benutzt die Toilette. Die menschliche Toilette und nicht das Katzenklo, das seinen Platz auch im Badezimmer hat. Danach ist sich wach bekommen angesagt.
„Mein Gott, wer ist das denn?“, stößt Isabel entsetzt aus, als sie in den Spiegel schaut und ihr vom Schlaf verquollenes Gesicht sieht. Wieder einmal hat sie viel zu wenig geschlafen und nachts zu lange gelesen. Das Buch war aber auch zu interessant, um es mitten in einem Kapitel wegzulegen. Was solls. „Ich kenn dich zwar nicht, wasch dich aber trotzdem“, sagt sie zu ihrem Spiegelbild und streckt sich selber die Zunge raus. Dann dreht sie das Wasser auf. Vielleicht wird sie durch die kalte Brühe wenigstens wach.
Endlich fertig mit der Morgentoilette und halbwegs unter den Lebenden weilend, steht die täglich wiederkehrende Frage an: Was ziehe ich heute an. Auch bei Isabel steht diese Frage dauernd im Raum.
„Ich sollte mir wirklich angewöhnen, meine Kleidung für den nächsten Tag schon abends bereitzulegen“, murmelt sie in ihren nicht vorhandenen Bart, während sie ihren Kleiderschrank durchwühlt und sich passende Kleidung heraussucht. „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“, denkt sie sich, „wenn ich abends nur nicht zu faul wäre, hätte ich früh mehr Zeit.“ Dabei zerrt sie schimpfend eine von den Katzen aus dem Kleiderschrank, die sich auch noch im untersten Fach die hinterste Ecke als Versteck auserkoren hat. Sie achtet darauf, dass der Göttergatte nicht wach wird. Dem geht sie früh lieber aus dem Weg. Ihr Herr Morgenmuffel verträgt sich nicht mit seiner Frau Heiterkeit. Oft genug fragt ihr Muffel die Heiterkeit, wie man morgens halb sechs schon so lustig sein kann.
Isabels Blick wandert zur Uhr. „Oh weh. So spät schon“, quiekt sie und springt eilig in die Kleider. Es ist sechs Uhr zwei. In zehn Minuten fährt der Bus in die Stadt. Noch einmal schnell in den Spiegel geschaut, ob die Lockentolle auch richtig sitzt. Hals über Kopf schnappt sie sich ihre Arbeitstasche, die zum Glück fertig bereitsteht. Kampfkater Sammy muss auch noch beiseitegeschoben werden. Er sitzt wie immer an der Ausgangstür und wartet darauf, zwischen ihren Beinen zu entfleuchen. Der flitzt gerne nach draußen, wo er nicht hinsoll. Meist hilft da nur der Besen, das verrückte Vieh zurückzuscheuchen. Der Besen steht für solche Zwecke immer bereit neben der Tür. Wenigstens vor einem hat der Kater Respekt!
Schon schließt sie die Haustür hinter sich. Kampfkater und Konsorten schauen ihr vom Wohnzimmerfenster aus hinterher. Sie recken ihre Hälse, bis sie hinter der nächsten Ecke verschwunden ist. Ihr kommt es so vor, als würden sie ihr nachgrinsen und sagen: Hey Alte, wir können Party machen, du nicht! Ätsch!
© Milly B. / 05.09.2018