Wir mochten und achteten einander. Ich würde sie beschützen, bis an das Ende der Welt für sie gehen, und zu meinem Bedauern war sie sich jener Tatsache bewusst. Ob ich es zuließ, dass sie mich ausnutzte? Nun, vielleicht. Doch dem Herzen mochte man keine Ketten anlegen, oder?
Nachdem die letzten Takte verklangen, und ein neues Stück begann, verzog sie ihr hübsches, vom Schweiß nun leicht glänzendes, Gesicht und schüttelte verneinend den Kopf. Ihr Gegenüber, ein Kerl, der mir ganz und gar nicht zusagte, wollte nach ihr greifen, doch sie hob abwehrend die Hände um zu signalisieren, dass ihr Interesse, zumindest an diesem Titel, verloschen war.
Sie kam auf mich zu. Bereitwillig hielt ich ihr das Glas mit sprudelnder, immens gesüßter und koffeinhaltiger Limonade hin.
„Da ist ja gar nichts drin“, rief sie mir zu und lachte. Kratzig, rauchig und ich wusste, dass ich morgenfrüh vielleicht nur ein kehliges Röcheln zu hören bekam. Als Antwort schüttelte ich den Kopf. Ich verstand sehr wohl, dass sie auf den Alkoholgenuss anspielte, den ich mir strikt verbot. Nur in den seltensten Fällen war mir danach, mir, wie es umgangssprachlich hieß, die Kante zu geben und meinen Gehirnzellen einen Abschiedsbrief zuschreiben. Und obwohl ich auf jenes Vergnügen verzichtete, fand dies bei ihr jedoch Zuspruch.
„Du musst mich nachher wieder mitnehmen“, entkam es ihren Lippen, die im bunten Licht der Scheinwerfer dennoch zu glänzen schienen. Ich nickte und vermochte trotz allem nicht zu sagen, was ich mir von diesem Abend erhofft hatte.
„Willst du nicht doch tanzen?“, fragte sie und rückte näher zu mir auf. Ich roch den leichten Schweiß auf ihrer Haut, das leichte, sommerliche Parfum, das sie benutze und den süßen Atem, der mir bei ihren Worten entgegenschlug.
„Also“, hob sie an, „wenn das nächste Lied gespielt wird, kommst du mit!“
Abrupt schien mein Herz sein Tun zu versagen, denn sie griff nach meiner Hand, lauschte konzentriert den Tönen, nickte, und zerrte mich in Richtung Tanzfläche. Kurz hielt ich sie zurück, bedeutete ihr, jenes Gefäß, das mir zurückgegeben hatte, auf den Tresen hinter mir zu stellen, und ließ mich von ihr zwischen die wiegenden Massen ziehen. Abermals schüttelte ich den Kopf, wich Ellenbogen aus, oder Händen, die vor meinem Gesicht herumgewedelt wurden.
Endlich schienen wir einen geeigneten Ort gefunden zu haben, auch wenn ich nicht selten Rücken oder Oberkörper in meinem Kreuz spürte. Noch immer hielt sie meine Hand fest, entließ sich mit einer Drehung von mir und begann von Neuem, sich zu verlieren. Trotz Widerwillens folgte ich ihrem Beispiel und kam nicht umhin, Gefallen daran zu finden. Auch das darauf folgende Lied war mir bekannt, sodass ich grölend und lachend in die Stimme des Interpreten einfiel. Und obwohl auch ich mich an der Ausgelassenheit versuchte, behielt ich das Mädchen vor mir immer im Auge. Dass ich es zuließ, sie allein den gierenden Seelen zu überlassen, erschien mir plötzlich wie ein großer und gewaltiger Fehler. Die Blicke der Männer um uns herum hätten hungriger nicht sein können. Sie jedoch schien es nicht zu bemerken