Emily
>> Hast du alles was du brauchst mein Schatz? << Ich sah zu, wie meine bezaubernde Tochter ein lila Plüscheinhorn in die Hello Kitty Tasche stopfte, welche sie in der ersten Januarwoche nachträglich von Mason und Ava zu Weihnachten bekommen hatte.
Sie war derart in das sorgfältige Verstauen ihrer Schätze vertieft, dass sie mich überhaupt nicht wahrnahm. Ihre Vorliebe für Ordnung hatte sie definitiv von mir.
>> Mia? Bist du fertig? <
>> Jaaaaaaaa. << Freudestrahlend bestätigte sie, alles Notwendige für den Urlaub gepackt zu haben. Ihr unglaublich schönes Lächeln machte jeden Tag mit ihr zu einem Geschenk. Die Art wie sie ihre Mundwinkel hochzog und die Augen dabei zusammenkniff, erinnerte mich jedoch auch an IHN. Sie war ihrem Vater bereits jetzt in vielen Dingen ähnlich, doch dieses Lächeln toppte alles. Jeden Tag erkannte ich ein wenig mehr von Jamie in ihr und es war nicht unbedingt leicht tagtäglich an ihn erinnert zu werden. Oft malte ich mir aus, was aus uns geworden wäre, wenn ich ihm von der Schwangerschaft erzählt hätte. Wäre er bei mir geblieben? Würde er Mia genauso lieben wie ich es tat? Wäre ich Mrs. Donovan? Die Gedanken schmerzten nicht mehr so, wie sie es früher taten. Sie verwandelten sich in einen dumpfen Schmerz, der zu meinem stetigen Begleiter wurde.
Ich dachte zurück an das Gespräch mit Ava in Masons Haus. „Du wusstest, er würde es abblasen...“, beantwortete sie sich damals selbst die Frage danach, wieso ich Jamie nichts von der Schwangerschaft erzählte. Damit bestätigte sich für mich, dass es richtig war zu gehen. Zumindest dahingehend richtig, dass er seinen Traum Tänzer zu werden verwirklichen konnte. Natürlich war ich keine Heilige. Das war nicht der alleinige Grund für mich zu gehen. Da war natürlich auch die Angst vor Abweisung. Mia war nicht nur ungeplant, sondern auch das Ergebnis unserer ersten und einzigen sexuellen Erfahrung miteinander, da sie während unser beider ersten Males entstand.
An unserem ersten Jahrestag als Paar schliefen wir miteinander, nachdem wir monatelang nicht übers Fummeln hinausgingen. Wir waren beide nervös und unbeholfen, doch es war auch wunderschön. Dann kam der Schock, als wir feststellten, dass das Kondom einen kleinen Riss hatte. Da ich jedoch eine Woche später eine Blutung hatte, war ich sicher, dass nichts passiert sei und konnte so auch Jamie beruhigen. Zwei Monate später wusste ich es besser und hielt einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand.
Das Ergebnis dieser Nacht war nun fünf Jahre alt und rannte jubelnd die Treppe herunter, um die Haustüre zu öffnen, an der es soeben klingelte. Ich atmete tief durch und folgte ihr ins Erdgeschoss.
***
Zwei Tage später machte es mir der Lärm am New Yorker Flughafen nicht leicht herauszuhören, ob ein Freizeichen in der Leitung ertönte, oder ob ich Masons Mailbox am Hörer hatte. Nachdem ich zum dritten Mal angerempelt wurde, beschloss ich das Gebäude zu verlassen und es draußen in Ruhe erneut zu versuchen.
Die Flughafenuhr zeigte an, dass es bereits nach 22 Uhr war und ich wunderte mich Henry nirgendwo zu sehen. Draußen war es dunkel und bitterkalt. Prima.
Ich wählte erneut die Nummer meines Bruders, um ihn zu fragen ob er vergessen hatte, dass er sich darum kümmern wollte, dass ich abgeholt wurde. Am nächsten Tag sollte ich einen Termin mit seinem Manager haben. In der Marketingcrew rund um die Erfolgsmaschine Mason Scott gab es eine freie Stelle und die Aussicht, einen Großteil der Arbeit von zuhause erledigen zu können und somit genug Zeit für Mia zu haben, überzeugte mich dann doch mir das Angebot seines Managers anzuhören. Mit dem abgeschlossenen Marketingstudium, welches mein Bruder mir nach Mias Geburt ermöglichte, war ich zumindest ausreichend qualifiziert für die Stelle.
>> Hey Em. Du bist schon gelandet? <
>> Bin ich. Sag nicht, du hast mich vergessen? <<
>> Es tut mir sooooo Leid. Ich schicke dir sofort Henry rüber. Er ist in zwanzig Minuten da. <<
>> Ach was, lass mal. Ich nehme mir einfach ein Taxi, welches du dann zahlen wirst. <<
Ich verstaute mein Handy in meiner Manteltasche und packte den Griff meines Koffers, um ihn zum mir gegenübergelegenen Taxistand zu ziehen. Ich war nicht sonderlich scharf darauf dort länger als unbedingt nötig zu stehen, denn New York brachte seltsame Gestalten hervor wenn es dunkel war. Eine solche Gestalt stand, in Form eines Typen der mich seltsam anstarrte, ca. zwei Meter von mir entfernt. Als ich den Koffer über die Bordsteinkante auf die Straße zog, übersah ich den Gulli vor mir und eine der Rollen meines Koffers verfing sich in einem der Schlitze. Ich zog und rüttelte, doch der Koffer bewegte sich keinen Zentimeter. >> Baby, du versperrst mit deinem süßen Hintern den Weg. Wenn ich einen Kuss als Dankeschön bekomme, helfe ich dir vielleicht. << Da war sie die seltsame Gestalt und leckte sich mit der Zunge über die schmalen Lippen, während er mich seltsam anstarrte. Klar, hier war ja auch so wenig Platz auf der Straße.
>> Ich denke sie kommt ohne deine Hilfe zurecht. << Ich hielt in meiner Bewegung inne. Mein Helfer in der Not musste wohl von der anderen Straßenseite gekommen sein und meine Situation richtig erkannt haben. Sein Spruch zeigte die gewünschte Wirkung und der seltsame Kusswütige drehte sich murrend um und entfernte sich. Dankbar drehte ich mich um, um ihm zu danken. >> Vielen Dank, mein Koffer hing…. Oh. << Ungläubig sah ich den näher kommenden Mann an. Zunächst war da nur ein nettes Gesicht, doch als ich ihm in die bernsteinfarbenen Augen blickte, gab es keine Zweifel. Mein Retter war niemand anderes als James Donovan.