Morgens wachte Rufus auf und stellte fest, dass Jeremy ihn ansah. „Guten Morgen, Langschläfer“, sagte er lächelnd. Offenbar war er schon eine kleine Weile wach. „Mmmm, guten Morgen“, brummte Rufus und ließ sich küssen. „Wenn du mich aufstehen lässt, mache ich Pancakes,“ schlug Jeremy vor. „Tolle Idee, nicht ohne mich“, gab Rufus zurück. Er rollte von Jeremy runter und ließ ihn aufstehen. Er brauchte noch einen kleinen Moment, um wirklich wach zu werden, dann zog er sich Jeans und T-Shirt an und folgte ihm in die Küche. Jeremy trug nur seine Jeans und hatte bereits alle Zutaten auf den Tisch geräumt.
„Da bist du ja.“
Rufus trat zu ihm und nahm ihn von hinten in den Arm. „Du bist sexy in der Küche“, flüsterte er Jeremy ins Ohr. Jeremy lachte. „Du auch.“ Rufus gab ihm einen Kuss auf den Nacken, dann wollte er wissen, wie er helfen konnte.
„Am besten ist, du nimmst dir auch eine Schüssel und wir machen genau das Gleiche. Okay?“
„Okay. Bin dabei“, sagte Rufus und zog sich direkt sein T-Shirt wieder aus.
„Was soll das jetzt?“, fragte Jem verwundert.
„Na, so machen wir genau das Gleiche.“
Jeremy lachte. „Du bringst mich um den Verstand“, sagte er kopfschüttelnd.
„Dir ist klar, dass du mit deiner Lehrstunde hier indirekt zum Ausdruck bringst, dass meine Pancakes von neulich nicht dem amerikanischen Standard entsprochen haben?“, bemerkte Rufus, so gespielt ernst er konnte und blickte Jeremy herausfordernd an.
„Ich denke, du kannst die Wahrheit verkraften“, prustete Jeremy.
„Dann zeig mir mal, wie das geht.“ Rufus grinste.
„Okay, konzentrier' dich.“
„Geht nicht, wenn du kein T-Shirt trägst.“
„Gib dir mal ein bisschen Mühe.“ Jeremy zwinkerte ihm zu und begann jetzt einfach damit, Mehl abzumessen. Rufus tat so, als müsste er sich wirklich zusammenreißen und begann dann, genau das Gleiche zu tun. Im Nu hatten sie tatsächlich Pfannkuchenteig in zwei Schüsseln zusammengerührt, der wirklich identisch aussah und kurz darauf saßen sie bei einem fantastischen Frühstück. Rufus ertappte sich bei dem Gedanken, dass es immer so sein könnte, wenn sie erst einen Weg gefunden hätten, wie sie zusammen sein könnten, ohne dass ihre Jobs sie an die unterschiedlichsten Orte banden oder schickten. Könnte er in Amerika leben? Was würde Richard davon halten?
„Ich werde diesen Job am Broadway machen“, sagte er dann.
„Dieses Theaterstück über Frankenstein?“ Jeremy war überrascht und erfreut zugleich.
„Ja, Wenn du mich da haben willst, komme ich nach dem Shakespeare zu dir nach New York.“
„Ob ich dich… ja natürlich! Du bist unglaublich, und ich will dich immer und überall und erst recht bei mir haben.“ Jeremy wusste gar nicht, was er dazu sagen sollte. Er war begeistert, gerührt. Er strahlte, er könnte es gar nicht erwarten. Rufus strahlte jetzt auch, weil er Jeremy so aus der Fasson gebracht hatte.
„Jem, das sind gerade mal acht Wochen, dann müssen wir weiterdenken, neu überlegen“, gab er kurz zu bedenken.
„Das werden acht gemeinsame Wochen und bis dahin fällt uns was ein!“ Jeremys Begeisterung war nicht zu bremsen, also stieg Rufus jetzt voll mit ein.
„Du hast recht. Es wird unglaublich. Und ich kann’s gar nicht erwarten, deinen Tannhäuser zu hören!“
„Und wir müssen uns nicht mehr verstecken, weil diese dumme Preisverleihung dann längst vorbei ist.“ Jeremy langte über den Tisch und zog Rufus für einen Kuss zu sich. Und noch einen und noch einen.
„Ich rufe sofort bei meiner Agentur an, die regeln das,“ sagte Ru schließlich und ging ins Wohnzimmer, wo sein Handy lag. Er hatte zwei Anrufe in Abwesenheit. Egal. Er rief die Agentur an und betätigte den Frankenstein für New York. Ein Anruf war von denen, der andere von Richard. Bestimmt hatte er gestern mit seinem Besuch gerechnet. Rufus würde ihn später zurückrufen und ihm alles erklären. Wo er gerade an der Tür vorbeikam, sah er auch nach der Post. Da waren ein paar Briefe und Werbung durch den Briefschlitz auf den Boden gefallen und er nahm das Zeug routiniert auf. Ein relativ großer Umschlag ohne Absender war dabei, aber nach Werbung sah der auch nicht aus. Neugierig öffnete er ihn und erschrak im selben Moment, als er das Foto sah. Das waren er und Jeremy, küssend, gestern im Park. Oh shit. Shit, shit, shit. Er ließ alles andere wieder fallen und nahm das Foto mit in die Küche.
„Jem, sieh mal, das war gerade in der Post.“
Jeremy schaute auf das Foto und bekam vor Schreck geweitete Augen. „Oh dammit. Was…, wer…?“
Rufus schüttelte ratlos den Kopf. „Da war sonst nichts. Nur das Foto, aber es soll bestimmt kein Geschenk sein.“
„Wer tut sowas? Ist das von einem Paparazzo? Und wieso weiß dieser jemand überhaupt wo wir sind?“
„Wer weiß denn überhaupt, dass du wegen dieses Preises so unter Druck stehst?“
Jeremy zählte auf. „Wir zwei, June, Peter, diese Frau von der PR, der Typ von der Opera Now, Junes Manager, aber die haben doch alle ihr eigenes Interesse daran. Wer würde denn davon profitieren, wenn das mit uns rauskommt?“ Jeremy schien absolut ratlos.
Wer würde davon profitieren? Rufus kam jetzt ein furchtbarer Gedanke. Was, wenn das von Oliver kam?
„Jem, ich glaube, ich weiß, von wem das ist“, begann er.
„Was? Aber wie?“
„Ich glaube, es ist von… Oliver.“ Rufus schaute kurz, wie Jeremy das aufnahm, aber der blieb ganz ruhig und starrte ihn nur fragend an.
„Er… vielleicht ist er mir vorgestern Abend gefolgt. Und… er war auf der Gala. Wenn er dich erkannt hat, dann kann er sich den Rest denken.“
„Das… ist wirklich dein Ernst. Du glaubst, dass er es war. Aber… was hat er davon?“ Jeremy schien noch immer nicht zu begreifen.
„Er… Ich weiß es nicht, aber das passt zu ihm. Vielleicht hat er einfach nur Spaß daran oder er will Rache.“ Rufus fühlte sich jetzt plötzlich als würde ihm jeden Augenblick schlecht. Das durfte einfach nicht wahr sein, aber es sprach alles dafür. Vielleicht war Oliver sogar letzte Nacht tatsächlich im Garten gewesen. Die Vorstellung, dass er ihnen im Park gefolgt war, war geradezu widerwärtig. Jeremy schien jetzt zu bemerken, wie es ihm ging, denn er nahm ihn in den Arm.
„Schhhht, alles gut. Ganz egal, was er vorhat, wir kriegen das hin.“ Er redete beruhigend auf ihn ein.
Rufus kämpfte jetzt gegen Übelkeit und Tränen. „Sorry, ich will mich nicht wie ein Kind benehmen,“ flüsterte er, „bestimmt kriegen wir das hin.“
„Ist alles gut, du bist aufgeregt. Das bin ich auch. Und wütend. Wie kann der Typ es wagen!“
Jeremy hielt ihn jetzt noch fester und Rufus nahm sich vor, sich zusammenzureißen.
„Wir lassen das nicht zu, dass er damit durchkommt“, sagte er dann, „wir sollten es deinem Manager sagen. Vielleicht hat er das Foto auch an ihn geschickt.“
Jeremy nickte. Das schien auf eine perfide Art und Weise logisch.
„Okay. Wir machen uns fertig und fahren in die Stadt. Da reden wir mit den anderen.“
„Ist gut.“ Rufus‘ Stimme klang noch etwas belegt, aber ansonsten hatte er sich im Griff. Und wenn es wirklich Oliver war, der hinter allem steckte, dann würde er diesmal bestimmt nicht so glimpflich davonkommen.