Letzte Nacht, als ich tief und fest schlief, besuchte ich ein Café. Wunderbar zierliche Stühle standen dort an schmiedeeisernen Tischchen mit Marmorplatten. Die Zuckerdöschen mit Rosenblütenmuster waren kaum größer als meine kleine Kralle. Gedämpft säuselte eine Hintergrundmusik, während ein korrekter Herr im Frack mich nach meinen Wünschen fragte.
"CHAOS!" Hoffnungsvoll schaute ich ihn an.
Doch zu meinem Bedauern machte er einen Satz rückwärts und schlotterte dermaßen, dass ich seine Antwort nicht verstehen konnte. Ob der Gute mich nicht verstanden hatte? Also wiederholte ich meinen Wunsch, dieses Mal etwas nachdrücklicher.
"C-H-A-O-S!!!!!!!!!!!!! Boah, eh, ja?"
"W-w-w-w-w--w--a--aa------aaa--ssssssssssssssssssssssssss...... ?" Er steckte doch tatsächlich beim Sprechen die Finger in den Mund.
Meine Fresse noch mal, dass weiß doch selbst ich, dass man sowas nicht tut. Großmütig ignorierte ich seinen Fauxpass und wiederholte: "CHAOS! CHAOS, eh Mann, boah, eh, CHAOS!!!"
Nun ging er in die Knie und zitterte im ganzen Leib.
Die beiden Damen an einem der hinteren Tische schauten zu uns herüber. Leicht indigniert begannen sie zu tuscheln. Eine der beiden zückte eines von diesen smarten Fonen und wischte es mit einem Daumen sauber. Dann richtete sie es auf mich, obwohl sie selbst so tat, als sei ich gar nicht mehr vorhanden, sondern nur noch dieses kleine Dingsda.
"Phhhhttt." Mehr fiel mir nicht ein. Wenn der Herr mich nicht bedienen wollte, musste ich halt selbst für die Erfüllung meiner Wünsche einstehen. Gedankenverloren schlenderte ich zu den beiden Damen hinüber. Auf dem Weg dorthin probierte ich ein oder zwei der kleinen Rosendöschen. Nicht schlecht, muss ich sagen, sie kratzen aber ein bisschen im Mund und sind extrem süß. Also ich steh ja mehr auf herzhafte Sachen ...
"Na?" Vielleicht nicht sehr einfallsreich, aber immerhin begrüßte ich die Damen. Die mit dem Fone schaute immer noch nicht auf. Die andere begann nervös in einer Tasche zu kramen. Vielleicht hatte sie Bonbons für mich dabei? Ich bin nicht sehr vertraut mit solchen Szenen, also machte ich mich erstmal ein bisschen bemerkbar. Die Fonelady befreite ich von diesem Ding und aß es auf. Ich muss sagen, die werden deutlich überschätzt. Ich steh mehr auf weniger Plastik. Das schmeckt so künstlich. Und satt wird man auch nicht davon.
Statt mir dankbar zu sein, dass ich sie von ihrem Kommunikationshindernis befreit hatte, schrie die Lady los. "Ihhhhhhhh!"
Ich musste mir die Ohren zuhalten. Schrill, sag ich nur, schriiiiiiiiiilllllll! "Boah, eh, schriiiiiillll, jetzt echt, ne!"
Meine Antwort schien ihrer Begleiterin nicht so richtig zu gefallen, oder doch? So richtig schlau konnte ich aus ihrem Gekreische nicht werden. Irgendwas mit Po und zei ... Zeigen? Na, wenn sie meint. Bisschen merkwürdig, aber ... Schien aber auch nicht beruhigend auf sie zu wirken. Dabei hab ich mich nur mal umgedreht und ... uuups. Naja, vielleicht n bisschen viel Wind gemacht. Sorry, Leute, dass ihr das jetzt lesen müsst, aber so war das. Und dann gabs draußen so'n Geräusch, echt laut, taaaaaa-tüüüüüüüüüü-taaaaaaaaaa-taaaaaaaa ... und so weiter. Das war mir n bissel viel, als dann so ein Dutzend Typen mit Helmen auf dem Kopf reinstürmten. Wie Winterdämonen sahen sie aus, nur ohne Hörner, und so weiß-grün ihre Helme. Naja. Und viel kleiner natürlich. Die kamen rein mit einem Affen-Gepolter, brüllten, blickten sich überall hektisch um und ließen sich auf die Knie fallen. Dann richteten sie so kurze Stöckchen auf mich. Einer brüllte wieder. Ziemlich schlecht zu vertstehen. Aber ich erinnerte mich noch, wie man mit diesen Dämonen am besten fertig wird, ich gehörte ja auch mal dazu. Und so begann ich auch sofort mit der wirksamsten Abwehr:
"Oh, hoch sehet und staunet
wie die Wolken dort oben so blaue
leuchten aus Sonnen fein
lassen euch sehen aus winzig klein!"
Geiles Gedicht, gell?
Also seltsamer Weise fruchtete das gar nicht. Der Brüll-Typ schrie wieder und fuchtelte mit dem kurzen Stöckchen rum. Also ehrlich, sowas beeindruckt mich ja gar nicht. Also die Winterdämonen, die haben echte Lanzen und Keulen!
Ich dachte mir, ich beruhig ihn ein bisschen, dann kann er ordentlich mit mir reden. Also nahm ich ihm einfach seinen Stock weg.
"Boinnng!"
Also ne, da krachte das Teil los und auf magische Weise klirrte ein Kronleuchter entzwei. Ein Teil davon fiel zu Boden. Also probierte ich erstmal n Happen Leuchter. N bisschen fad, aber naja. Der Stock von dem grünweißen Dämonen-Typ war ein bisschen zu metallisch zum essen. Also warf ich ihn weg. Und, ratet mal, richtig:
"Boinnng!"
Das Fenster fiel in sich zusammen. Eigentlich ganz praktisch dachte ich, die Tür war sowieso zu klein für mich. Ich winkte den anderen noch mal zu und ging nach draußen. ...
Tja, und dann bin ich aufgewacht und war doch sehr froh, in meiner Höhle im Wald zu sein. "Boah, eh!"