Der Stuhl ist nicht der bequemste. Eher unbequem. Der Schreibtisch ist für mich zu niedrig. Aber geht schon. Denn neben mir sitzt du.
Es hat etwas länger gedauert, alles zu verkabeln, als beim letzten Mal. Weil wir nicht alleine sind. Da ist noch jemand. Am anderen Ende der Leitung. Du und ich, wir teilen uns ein Mikro. Aber die Kopfhörer brauchen wir trotzdem, einfach, damit ich höre, wo die Zombies sind.
Du bist in deiner Hütte und richtest dich ein. Es ist faszinierend, wie du den größten Wert auf die Optik legst, und dich so sehr in den Details verlierst, dass du alles um dich herum vergisst. Und dennoch ist es paradox, da Details in diesem Spiel, nun ja, sie sind schon vorhanden. Aber trotzdem.
Ich stehe im Garten. Also, nicht im echten Garten natürlich. In unserem Minecraft-Garten. Den, in dem du Getreide gepflanzt hast. Den, in dem sie eine Reihe aller Bäume gepflanzt hat, damit wir nie out of Dingsda, wie du es nennst, sind. Der Garten, in dem ich eine riesige freie Fläche geschaffen habe, nur für heute Nacht.
Sie ist unterwegs, du wirfst noch immer Bilderrahmen an die Wand, bis das richtige Bild für dein Zimmer auftaucht. Es ist so ein Spiel, das so sinnlos ist. Ich weiß nicht, ob eine von uns Dreien es gerade wirklich mag. Aber es verbindet uns. Mich mit dir, die neben mir sitzt. Uns mit ihr, die zuhause bleiben musste, heute Nacht, wegen der Familie.
Wir reden über die Süßigkeiten, die wir essen. Darüber, bald mal eben eine rauchen gehen zu wollen, aber erst in Sicherheit einbuddeln. Über den Hund von ihr. Über deinen Liebeskummer. Über meinen Vater. Über unsere verschiedenen Leben mit den gleichen Problemen. Liebe. Freundschaft. Erwachsenwerden. Zukunft.
Wir fassen keine Neujahrsvorsätze. Wozu? Erstmal klar kommen, ohne den zusätzlichen Stress.
Wir bereuen nichts, was wir dieses Jahr taten. Bereuen bringt nichts, man kann es ja doch nicht mehr ändern.
Wir warten bis Mitternacht, damit sie nicht verschläft. Weil ihr Hund noch so klein ist, der kennt Silvester nicht. Der muss sich erstmal daran gewöhnen, hat Angst.
Wir sind wach. Ich habe einen Turm im Garten gebaut. Ihr klettert hoch zu mir, sicher vor den Zombies. Sie hat da was vorbereitet, für uns. Eigentlich wollten wir schlafen, wenn der Hund sich beruhigt hat. Doch während sie die Raketen in die Luft schießt und die rot weißen Teile in einzelnen weißen Pixeln über den Bildschirm wandern, sehe ich ihre Diamantrüstung. Verzaubert. So eine will ich auch. Ein Stündchen, so viel Zeit sollte noch sein.