- Start: 15.09.19 - 18:34 Uhr
- Ende: 15.09.19 - 19:10 Uhr
Ich schließe meine Augen und denke zurück, an eben jene Zeit, an der aus einem Funken Magie ein gelebter Traum wurde.
Es war an einem lauen Sommerabend, als der Wind behutsam die Gräser streife. Aus den Wäldern am Rand des Dorfes waren die Laute von Zikaden und Grillen zu vernehmen, das Rot des Abends würde bald verschwunden sein. Meine Hände streiften die Ähren der Felder und ich schlenderte in Richtung des Waldsees. Langsam färbte sich der Himmel violett und ich tauchte in die Welt der Baumschatten ein. Ein leicht feuchter, kühler Duft glitt mir um die Nase und unter meinen Schuhen knisterte verspielt das Laub. Als der Himmel sein Silberwolkenkleid überstreifte, erreichte ich endlich die Lichtung, in welcher der Waldsee ruhte. In ihm spiegelte sich das Mondsilber, als würde dieser in einen Spiegel blicken und sich doch vor allen Blicken hinter Wolken verwehren.
Ich blieb kurz stehen und genoss den Anblick. Langsam, so behutsam ich nur konnte, glitten meine Schritte zur Buscheröffnung, ich wollte die fast schon heilige Ruhe nicht durch unbedachte Lautstärken brechen. Am Ufer angelangt, spürte ich die sanften Berührungen des Windes, welcher kleine Wellen auf dem See hinterließ. Ein innerer Impuls ließ mich an den Steg schlendern und diesen betreten. Langsam schritt ich die Holzplanken ab und beobachtete zwischen den Fugen, vereinzelte Bewegungen, welche sich gewandt vor meinen Blicken flüchteten. Das Quaken der Frösche ließ mich fast hypnotisiert an den Rand des Steges schreiten. Von den nun etwas entfernten Ufern raunten mir Eichen und Kiefern zu, sie sangen die althergebrachten Lieder des Sommerwindes - dem Reiselied aller Wolken und so geschah es, dass sich der Himmel öffnete und der Mond sein Antlitz offenbarte. Seine kreisrunde Gestalt hatte schon immer einen magischen Reiz auf mich ausgeübt. Für einen Moment vergaß ich die Welt um mich herum.
Da packte mich etwas an meinem Bein und versuchte mich ins Wasser zu ziehen. Mein Kopf wirbelte zur Wasserfläche und erblickte einen Kopf, der so bezaubernd im Wasser des Mondlichts glitzerte, dass ich ihn für Einbildung gehalten hätte, hätte mich die nasse Hand nicht soeben am Bein ergriffen. Ich versuchte mein gegriffenes Bein wegzuziehen.
"So nicht. Du, Nixe!", entglitt es mir.
Sofort löste sich die Hand von mir und zwei Augen, wundervoller als jeder Opal, blickten in meine smaragdgrünen Augen. Ein Moment des Schweigens, in dem nur das Lied des Sommerwindes zu hören war, trat ein. Sie lachte und mein Herz, es schien in Brand gesteckt zu werden.
"Ich habe doch keinen Fischschwanz!", überspielte sie ihre Irritation, "Ich wollte nur das Wasser verlassen und habe dein Bein als Stegholz verwechselt."
Ein Lächeln glitt mir über die Lippen, welches sie erwidert. Wer war diese Person?
Viele Jahre ist diese Geschichte her und doch fühlt es sich so an, als sei sie gerade erst passiert. Von meiner Veranda aus, erblicke ich den Wald, in dem der See ruht. Jetzt, da wieder der Sommerwind mit den Bäumen über das Reisen singt, packt mich wieder die Lust zum See zu gehen. Ich erreiche ihn, wie damals, im Silberschein des Mondes, die Wellen kräuseln sich und zwei Nixen schwimmen, lachend und mir zuwinkend. Die eine größer, die andere noch klein. Ich könnte glücklicher und stolzer nicht sein, es ist so schön wie in einem Traum...
--------------------------------
15.09.2019 © Felix Hartmann