- Start: 06.10.19 - 18:19 Uhr
- Ende: 06.10.2019 - 18:40 Uhr
Es regnet, doch heute ist mir nicht nach einem Verbleib in der Wohnung. Ist es mein Sportsgeist der mich neckt? Oder denkt, dass ich unter dem Pullover zu viel Bauch versteck? Ich weiß es nicht. Doch der Wille zu laufen, erwächst in mir, immer mehr. Ich ziehe mir eine Regenjacke über und schlüpfe in die roten Laufschuhe. Sie sind noch neu, aber sollten für einen kurzen Lauf ausreichend. Rasch packe ich meinen Schlüssel mit ein und springe förmlich die Treppenstufen herunter. Was wohl meine Nachbarn denken?
Ich beginne in unserem Hausflur mit dem Aufwärmen, im Regen möchte ich ungern länger stehen. Zuerst beginne ich mit den Armen, aufwärmen, dass sollte am ganzen Körper erfolgen. Insbesondere mit einem Schulterschaden, wie ich ihn habe. Dann dehne ich die Beine, schön anstrengend, so muss es sein. Zum Schluss lockere ich noch mal meinen Nacken. Auf gehts!
Ich öffne die Tür und trete in eine Welt aus Wassermassen. Für einen Moment höre ich den inneren Zweifel, ob ich nicht doch lieber in der Wohnung bleiben sollte, doch diesen Gedanken verwerfe ich rasch. Noch einmal schüttel ich die Beine, atme tief ein und beginne meinen Lauf.
Kleine Bäche folgen mir, als ich die Straße hinab laufe und stürzen sich in einen Gulli, als ich es wage abzubiegen. Der Wind kommt nun von vorn, ich mag Gegenwind, er ist die größere Herausforderung. Hoch konzentriert laufe ich meine Meter und langsam weicht der Regen mich und meine Schuhe auf. Ich spüre, wie eine gewisse Feuchte meine Socken umgibt. Da passiert es, dass ich unaufmerksam werde und in eine große Pfütze trete. Nun sind die Schuhe und ich wirklich nass. Doch aufgeben und umkehren kommt nicht infrage, ich laufe weiter!
Allmählich erreiche ich die Rabeninsel, eine Insel mit Waldweg, ideal zum Joggen. Bei diesem Wetter stört mich niemand und ich drehe eine Runde nach der nächsten, wie im Rausch. Wie oft habe ich diesen Baum heute schon gesehen oder dieser Haufen an Blättern? Der Regen kühlt mich, mit ihm laufe ich zwangsläufig besser. Mein bester Marathonlauf jemals war auch während eines Starkregens. Es war kalt und auszehrend, aber es ist der Lauf, für den ich den meisten Stolz empfinde. Meine Gedanken kreisen, verderben und beginnen neu zu rotieren, während mein Körper langsam abbaut und ich noch weiter Runde um Runde drehe. Irgendwann ist der Punkt erreicht, da ist alles Adrenalin, alle Euphorie verbraucht und man merkt, was man sich antut. Dieser Punkt ist in diesem Moment erreicht. Ich spüre wie zwei Blitze aus Schmerzen sich von meinen Fußrücken, die Beine entlang schnellend, in meinen Kopf bohren. Ich komme aus dem Tritt, fange an zu humpeln, muss Pause machen. Der Regen prasselt weiter unaufhörlich und die Kälte nimmt sich meinem geschwitzten Körper an. Ich muss hier weg! Ich muss nach Haus! Noch einmal setze ich zum Joggen an, doch mein Körper streikt, der Schmerz verweigert jeden schnellen Schritt. Humpelnd komme ich nur mühsam voran. Meine Kleidung klebt an meiner Haut und beginnt zu scheuern.
Ich ächzte und keuche über die Straßen und als ich endlich meine Haustür erreicht habe. Lässt der Regen nach... Doch ich habe keine Kraft mich darüber zu ärgern und humpel die Treppenstufen hinauf, es sind 34, jede einzelne hämmert sich schmerzhaft in meinen Kopf. Endlich bin ich daheim!
Ich versuche meine schlammbraunen Schuhe von meinen Füßen zu lösen, als es mir gelingt, erkenne ich: Rote Schuhe...
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06.10.2019 © Felix Hartmann