Es war einer dieser schmierigen Vertreter, wie man sie aus den TV-Serien kannte. Billiger Anzug, den deformierten Körper eines Mannes im mittleren Alter bedeckend. Seine unreine Haut glänzte im Tageslicht. Mit einem Tuch wischte er sich den Schweiß von der Stirn, während die andere Hand den kleinen eckigen Aktenkoffer fest umklammerte.
Er hätte nicht gewöhnlicher wirken können.
Mit rötlich geschwollenen Augen, das Resultat unzähliger nächtlicher Weinkrämpfe, bat die junge Frau ihn herein und deutete ihm, auf dem Sofa Platz zu nehmen.
Der Vertreter setzte ein gespieltes Lächeln auf, sein Blick ging an ihr vorbei, während er nervös die Papiere aus dem Koffer kramte.
Es schien alles so wirklich. Es war wirklich und doch konnte ihr Verstand noch immer nicht begreifen, was sich hier abspielte.
"Die Bedingungen dürften Ihnen klar sein."
Die Frau nickte schweigend.
"Dennoch bin ich verpflichtet, die einzelnen Punkte nochmal mit Ihnen durchzugehen. Der Vertrag kann letztendlich nur zustande kommen, wenn Sie sich aller Klauseln vollkommen bewusst sind."
"Verstehe", flüsterte sie. Dieses Stück Papier war ihre einzige Hoffnung. Bereitwillig wollte sie den Preis dafür zahlen. Den Preis für die Rettung ihres Verlobten.
Eine Sandkastenliebe.
Zusammen wuchsen die beiden auf, waren stets ein Herz und eine Seele. Bereits in der Grundschule sah man sie Händchen halten und wenige Jahre später wurden sie schließlich ein richtiges Paar.
Heute war sie Praktikantin in einer nahe gelegenen Grundschule, während er seine Ausbildung bei der Feuerwehr absolvierte. Nichts stand ihrem Glück im Wege. Die beiden waren das Traumpaar.
Dann der Anruf.
Ein Unfall bei einem Einsatz. Seitdem überschattete sein Zustand im Koma ihre Liebe.
Sie wollte bereitwillig alles opfern, um ihn nicht zu verlieren. Seine naiven freundlichen Augen noch einmal sehen.. seine sanfte Stimme noch einmal hören.
Er war immer da. Ein Leben ohne ihn gab es nicht. Und doch spürte sie Zweifel in ihrer Magengegend. Eine leise ermahnende Stimme, die sie anflehte, diesen Fehler nicht zu begehen.
Ein Fehler war es ohne Zweifel, das wusste sie. Doch sie zerbrach an dem Gedanken, diesen wichtigen Teil ihres Lebens für immer gehen zu lassen.
"Im Gegenzug überlässt Partei B die Seele des eigenen Erstgeborenen Partei A. Die Prozedur findet innerhalb der ersten drei Monate nach der Empfängnis in Form eines Aborts statt. Für etwaige Folgeschäden kann Partei A nicht zur Verantwortung gezogen werden." Monoton murmelte der Vertreter die Klauseln hinunter, als handle es sich hier um eine Hausratsversicherung.
Du kannst das nicht tun.
Die innere Stimme. Zweifel.
Mit einem Kloß im Hals nahm die junge Frau schließlich den Kugelschreiber und setzte zur Unterschrift an.
Ihr gemeinsames Leben zog an ihr vorbei. Traurige Erinnerungen, denn er würde nicht wieder aufwachen. Doch jetzt hatte sie Hoffnung. Sie könnte das Schicksal innerhalb weniger Sekunden wenden.
Sie schrieb.
Die Buchstaben brannten sich ins Pergament ein und der hieraus entstandene Geruch bereitete ihr leichte Übelkeit.
Sie atmete durch, hielt inne. Würde er das wollen? Sie kannte die schmerzliche Antwort und legte den Stift nieder.
Tränen liefen ihre Wangen hinab, "ich … kann das nicht."
"Ich verstehe", der Vertreter sammelte alles wieder ein und verbeugte sich kurz, bevor er sich in Rauch auflöste.
Es war vorbei.
Wie ein böser Traum.
Ihr Verlobter verstarb zwei Wochen später und sie war schwanger.