Schon mal umgezogen?
Ja?
Ich auch. Mehrfach.
Erst einmal aus dem Hodensack meines Vaters in meine Mom rein. Eben jener, mein ursprünglicher Wohnort wurde mittlerweile übrigens abgerissen und das nicht sprichwörtlich. Wie ein fieser Schimmelpilz wucherte meinem alten Herrn der Krebs darin und dann wurde auch nicht lange gefackelt. Übrigens ist eben jener Aggressor auch mit dafür verantwortlich, dass meinem Vater neben den Haaren anscheinend auch einige Gehirnzellen ausgefallen sind und er infolge des Nahtoderlebnisses auf der Intensivstation der Meinung war: Hach, das Leben ist zu kurz für Monogamie.
Aber hey, das ist wirklich nur ein sehr kurzer Abriss des ganzen Debakels und das ist eine ganz andere Geschichte. Außerdem soll man über Tote nicht schlecht reden, ergo springe ich gleich mal vierzig Wochen weiter.
Denn wie die allermeisten Kinder kam ich im Krankenhaus zur Welt und musste mein Einzimmer-Appartement verlassen. Und nein, ich kann mich leider überhaupt nicht daran erinnern, wie es da damals war. Schätze mal, ziemlich warm und gemütlich, weshalb ich noch heute dazu neige in der Fetushaltung zu schlafen und mir auch unter zwei Daunendecken noch die Füße zu kalt sind, um sie allzu hoch anzuziehen, da ich sonst vor mir selbst erschrecke; oder wahlweise meinen Mitschläfer aus dem Bett verscheuchen kann. Außerdem war ich das erste Kind meiner Mutter, was im Klartext heißt, als Löwe-geborene: Ich und dann alle anderen. In meinem Bett ist einfach kein Platz für weitere Extremitäten. Und wenn doch, dann hat der oder diejenige damit zu leben zu Tode geknautscht zu werden oder wahlweise bei spontaner Abänderung meiner Bedürfnisse - sprich Umorientierung: »Weiche!« aus dem Bett zu fallen.
Aber wo war ich? Ach ja bei meinem Kinderzimmer. Ich weiß gar nicht genau, aber ich glaube eine Wiege im Schlafzimmer meiner Eltern hatte ich nicht, - das Zimmer war so eng. Typisches kleines Häuschen eben, kleine Wohnung. In der man übrigens einmal im Kreis laufen konnte. Von der Eingangstür ging die Treppe hoch zur Uroma, das interessiert uns an dieser Stelle also nicht. Aber von da aus grad ütt gab es das kleine Bad (das war natürlich kein Durchgangszimmer) und in die Küche, von da aus in mein Zimmer, dann scharf Links, ab ins Schlafzimmer und dann wieder 90Grad Wohnzimmer und dann wieder »Kehrt Links« und man war wieder an der Treppe im Flur.
Von diesem meinem ersten Zimmer ist auch nicht viel übrig geblieben, da die Küche später erweitert wurde und ich in Folge dessen ins Wohnzimmer umziehen durfte mit meiner Schwester. Unser Wohnzimmer war zu dem Zeitpunkt in der oberen Etage, als die alte Dame leider ihren letzten Umzug von ihrer Wohnung in den Sarg hinter sich gebracht hatte. Tja, auch wir, du verehrter Leser und ich werden irgendwann diesen letzten Umzug angehen.
Hach, aber ich plapper schon wieder. Wir hatten damals ein Etagenbett und waren auch gelegentlich gern gesehene Gäste im elterlichen Doppelbett in der Besucherritze. Ich kann diese Ritze bis heute nicht leiden, auch in meinem eigenen Bett nicht. Aber folgen wir weiter: Das Wohnzimmer ist der bislang einzige Raum, der nicht abgerissen wurde, nachdem ich drin war. Denn es ging dann ab nach oben mit meiner kleinen Suista. Das Bett wurde kurzerhand auseinander gesägt und tada hatte jeder sein eigenes Zimmerabteil, getrennt durch eine Art leeres Fachwerk. Sah toll aus. So im Nachhinein. Nachts konnte ich durch mein Dachschrägenfenster die Sterne beobachten.
Der nächste richtige Umzug, weil die Wochenenden bei Freunden und Familie zählen nicht (obwohl es da hunderte von Geschichten gäbe, wie z.B. die Sache mit dem Frosch und meiner Cousine oder den Lakritz Salzheringen und der Toilette, aber das sprengt den Rahmen).
Also der nächste richtige Umzug fand dann zu der Zeit statt, als die Welten zusammenbrachen. In meinem Alter nannte man das: Fiasko. Nach dem Trennungsjahr meiner Eltern fanden wir uns recht mittellos wieder und aus dem typischen ’Heile Welt’ Siedlungskind wurde die Jugendliche.
Es ging dann in rascher Folge weiter. Wie oben erwähnt, zog es meinen Vater zu andererleute Töchter und eh er es sich versah, hatte er eine neue Frau und brauchte die Kinder mit ihr nicht einmal selber machen. Für meine Mutter, meine Schwester und mich ging es zu den Großeltern. Mütterlicherseits versteht sich. Und bezogen unser ’Kinderzimmer’ welches dort schon immer bestanden hatte, seit die eigenen Kinder alle aus dem Haus gewesen waren. Als gute Großeltern ist man scheinbar stets darauf eingestellt, dass entweder die Kinder an sich gelegentlich zurückkehren oder aber die ihre Blagen schicken.
Aber das hielt dann nicht lange. Denn mein Opa trat seinen letzten Umzug an ins Krankenhaus und von dort in die Urne. Und das war echt mies für uns alle. Da meine Großeltern ziemlich weit außerhalb gewohnt hatten, hielten wir es für ratsam in Richtung Stadt zu ziehen. Vor allem auch deshalb, damit wir irgendwie zur Schule kommen konnten.