Weich und sanft verspürte Ekyria einen Widerstand an ihrem Rücken.
Der Boden schien wider erwartend überhaupt nicht hart und kalt, ganz im Gegenteil. Der Widerstand schien sie sogar allmählich nach oben in den Himmel zu heben. Verwirrt blinzelte die junge Fee. Oder war sie doch bereits verstorben und dies war das letzte, was sie spüren würde?
Aber nein. Über Ekyria erstreckte sich nach wie vor ein Himmel mit undurchdringbarer Finsternis. Und tatsächlich schien sie sich nicht von jener zu entfernen, sondern ganz langsam näherzukommen. Verblüfft verharrte die Funken-Fee, verlor sich voller Erleichterung im Augenblick.
Dann wirbelte sie umher. Weshalb lebte sie denn nun noch?
Dunkle Schattenschwaden hatten sich wie ein Samtkissen unter Ekyria gebildet und ihren Sturz abgefangen. Die Schatten, welche beunruhigt am Fuße der Felsen ausgeharrt hatten, konnten es schließlich nicht mehr mit ansehen. So hatten sie ihre Kräfte vereint und waren der fallenden Fee entgegengekommen, welche sie nun voller Vorsicht in die Höhe hielten.
Begeistert ging Ekyria auf ihre Knie und strich lächelnd zum Dank über der Schatten Schwaden. Endlich konnte sie jenen näher sein und bezeichnete sie jetzt schon heimlich als ihre Freunde. Zaghaft akzeptierten die Schatten jene Geste und flüsterten verwundert, weshalb Ekyria sie wohl nicht verletzte, sondern ein angenehmes Kribbeln auslöste.
Die Schatten wurden in ihrer Verwunderung jeher abgelenkt, als der Funken-Fees Blick sehnsüchtig gen Himmel ging. Sie wollte nach wie vor zum Licht. Mit funkelnden Augen und leicht hängenden Flügeln saß still da und die Schatten sahen ihr diesen Wunsch sofort an. Nahezu einstimmig raunte ein sanftes Flüstern durch die Schatten, dann setzten sie sich in Bewegung.
Verblüfft blinzelte Ekyria, als der Himmel mit einem Mal wieder näherkam. Als sie begriff, was geschah, blickte sie sogleich hinab. Die Schatten versammelten sich immer mehr und mehr, um die junge Fee höher und höher in die Luft heben zu können. Kleine Tränen der Freude sammelten sich in Ekyrias Augenwinkeln, sie verspürte tiefste Dankbarkeit und richtete sich schließlich mit strahlender Miene auf.
Je näher Ekyria dem Himmel kam, umso mehr schien die Finsternis des Himmels zu weichen und auch die Natur regte sich allmählich wieder. Ein sachter Wind fuhr über das Land und durch Ekyrias Haar, während sie voller Stolz von den Schatten empor getragen wurde. Der Fee Kristallschwingen begannen zusehends heller und farbenfroher zu leuchten.
Mit einem Mal traf ein erster Strahl Mondlicht aus der Dunkelheit hervor.
Sofort machte Ekyrias Herz vor Freude einen Satz und als weitere Mondstrahlen durch die Dunkelheit brachen und sich in den kristallenen Flügeln widerspiegelten, rannen der Fee endgültig Tränen der Freude über die Wangen. Sie fühlte sich wie von Freude und Geborgenheit durchströmt.
Mit einem Mal brach die finstere Himmelsdecke auf und hervortrat ein tiefblauer Himmel mit einem hell leuchtenden Mond. Sobald sein Licht freigelegt war und auf Ekyrias bunte Flügel traf, erstrahlten jene in gleißendem Schein, welcher ganz Calysso zu erhellen begann. Im Schein erwachte die Natur Calyssos endlich von neuem. Wilde Knospen sprießen an den nun jungen Ästen, das klare Wasser zuvor trocken gelegter Bäche glitzerte im Licht und über die Risse der Felsen und Erde wuchs leuchtend grünes Moos.
Doch Ekyrias Licht reichte noch weiter. In voller Farbenpracht strömte ihr Licht weit hinaus in den Kosmos. Ein kaum zu übersehendes Funkeln lenkte allerlei Aufmerksamkeit auf sich und so dauerte es nicht lange, da öffnete sich inmitten einer Waldlichtung, verborgen in einem Tal auf der Spitze des höchsten Berges Calyssos, ein altes Portal – und heraustraten zwei verschiedene Völker, die in schweren Zeiten einander eine helfende Hand gereicht hatten – Menschen und Funken-Feen waren zurückgekehrt.
Und somit begann die Welt Calysso auf ein Neues mit blühender Kraft als heller Fleck im dunklen Kosmos zu erstrahlen – mitsamt schüchterner Schatten und buntem Licht.