Das erste Sonnenlicht schimmert schon fast am Horizont, als ich durch den Frühlingsmorgen nach Hause laufe.
Ich hatte einen tollen Abend, habe Leute wiedergesehen, viel gelacht. Und irgendwann erfahren, dass Marija schwanger ist. Ihre Schwester hat es mir gesagt, weil sie dachte ich müsse es wissen. Oder einfach nicht an sich halten konnte mit diesem "Geheimnis", denn genau das sollte es bleiben: Ein Geheimnis. Keine:r unserer Freund:innen weiß davon und das tut weh.
Mir war klar, dass wir längst nicht mehr so vertraut sind, wie damals in der Schule und das so vieles zwischen uns steht, wovon wir wissen und was wir einfach immer dort stehen gelassen und unsere Freundschaft darum herum gebaut haben. Oder vielleicht auch gar nicht mehr weiter gebaut.
Es scheint Welten entfernt, wie wir an Sommernachmittagen vor der Mensa auf den Holzdielen gelegen und darüber geredet haben, wie es später wird. Später, wenn wir zusammen ziehen oder in die gleiche Stadt. Wenn wir uns nie verlieren werden.
Genau das später, in dem wir jetzt leben. Uns sporadisch sehen, eins, zwei, drei Mal im Jahr. Ich dich aus Pflichtgefühl zu meiner Geburtstagsparty eingeladen habe, aber erst einige Tage vorher und du natürlich nicht konntest, weil du 300 Kilometer weit weg wohnst. Und Moment, im Januar warst du ja auch schon schwanger.
Wir waren einmal die besten Freundinnen und dachten beide, das würde für immer halten. Kann kaum benennen, warum es so auseinander gegangen ist, aber weiß noch, wie viel Schmerz und Streit und verletzten Stolz es zwischen uns gab, den wir nie wirklich aus der Welt geschafft haben.
Und vielleicht war das naiv, aber trotz allem dachte ich, bei so etwas schönem, aufregendem und wahrscheinlich auch überforderndem wie einer Schwangerschaft wäre ich dabei, wäre ich jemand, den du gerne daran teilhaben lassen möchtest.
Ich glaube, ich habe in den letzten Jahren mehr kaputt gemacht als mir klar war und das tut mir leid. Ich würde dir gerne die Geborgenheit geben können, dass du mir deine Gefühle anvertrauen kannst und möchtest.
Die Sonne hat sich an den Himmel gekämpft, ich fische meine Schlüssel aus der Tasche und in der Wohnung angekommen setzte ich zuerst einen Tee und danach einen Brief an dich auf.