Finn blickte aus dem geöffneten Fenster seines Schlafzimmers, er konnte den Etan sehen, und die unzähligen Schiffe die auf dem Weg in seine Stadt waren um sie zu vernichten. Er wusste das die Überfahrt zwei Tage dauerte mit einem guten Schiff, er schätzte das es sich bei denen des verrückten Dämons um solche handelte. Morgen würden sie die Küste erreichen und dann Katzus. Er hörte wie jemand hinter ihm die Türe öffnete und wieder Schloss, vernahm den Geruch nach Tannennadeln und wilden Blumen. "Eva", flüsterte er "was willst du hier? Ich habe dir gesagt das du dich ruhig verhalten sollst, keiner soll wissen das du hier bist!"
"Ich kann nicht schlafen!", ihre sanfte Stimme lies ihm einen Schauder über den Rücken jagen "und du allem Anschein nach auch nicht!" Er drehte sich um obwohl er wusste, dass es ein Fehler war. Noch nie hatte er sich so gefühlt, so hilflos ausgeliefert. "Bitte geh, ich bin nicht das wofür du mich hältst, Eva, ich bin kein Held!", Finn fühlte sich von ihren Augen total in ihren Bann gezogen, sein Herz pochte so laut das er Angst hatte sie könnte es hören. "Warum erträgst du meine Nähe nicht? Und zeigst mir andererseits dein Zuhause!", fragte sie ihn direkt, machte keine Anstalten seiner Bitte nach zu kommen und wieder zu gehen. "Weil ich nicht mehr für Argenshire oder die anderen Menschen hier kämpfe Eva, ich kämpfe für dich, du bist alles was im Moment in meinem Kopf Platz hat, du nimmst mich ein, je näher du mir bist desto schlimmer wird dieses Gefühl!", Finns türkise Augen funkelten, er war immer ein Einzelgänger gewesen, hatte sich nie viel um andere geschert. Was dieses Mädchen in ihm auslöste verstörte ihn zutiefst. Im Grunde war ihm bewusst das er alles gefährdete was er aufgebaut hatte. Die Mission das Artefakt des Dunklen zu vernichten könnte an seinen Gefühlen scheitern. Evas Augen begannen zu leuchten, sie ignorierte sein zurückweichen und näherte sich ihm weiter. Sie musste nach oben schauen weil sie so dicht vor ihm stand. Finns Widerstand schien mit jedem Millimeter mehr zu brechen, er legte seine Hände auf ihre Schultern. "Hör auf dagegen anzukämpfen", flüsterte sie, ihre Stimme schien auf den letzten Rest an Raum zwischen ihnen zu nehmen. Finn nahm nun ihren Kopf in seine Hände, strich ihr mit dem Daumen sanft über die Lippen: "Du bist so schön Eva!"
"Küss mich endlich!", bat sie ihn leise, ihren Blick fest in seine magischen Augen gerichtet. Langsam näherten sich seine Lippen den ihren, setzten zu einem sanften Kuss an. Eva erwiderte diesen zart, ihre Lippen berührten sich leicht, sie schloss ihre Arme um ihn, nun war auch die letzte Distanz gewichen.
Als sie sich von einander lösten fragte sie ihn: "Darf ich hier bleiben?"
Finn zog sie wieder zu sich zurück und beantwortete mit einem weiteren, entschlosseneren Kuss die Frage ohne einen Zweifel zu hinterlassen.
"Finn wir...", Liam brach ab, er war einfach in Finns Schlafzimmer gestürzt ohne auch nur einen Moment über das Wort Privatsphäre nach zu denken "...es tut mir Leid! Allem Anschein nach färbt dein Verhalten ab!" Finn warf genervt einen Polster nach Liam, für einen Moment erinnerte er Liam wieder an einen kleinen frechen Jungen. "Die Schiffe sind gelandet!", Liam warf ihm den Polster wieder zurück. Finns Blick veränderte sich und seine Gesichtszüge verhärteten sich. Eva war einstweilen aufgewacht, sie hatte den letzten Satz des Gesprächs gehört: "Ich will mit euch kommen!" Liam erstarrte, er wusste nicht was er zu ihr sagen sollte. Finn aber sprang einfach auf und rannte zur Tür, wo er Liam grob aus dem Raum schubste. Dann drehte er sich noch einmal um und schaute kurz zu Eva: "Ich liebe dich!"
Liam sah Finn mit einem Kloß im Bauch dabei zu wie er die Tür zusperrte und den Schlüssel abzog. Finn warf ihm den Schlüssel zu und grinste schief: "Gib mir etwas zum anziehen, und stell keine Fragen!" Liam überlegte, kommentarlos konnte er die Situation nicht hinnehmen: "Du sperrst sie einfach ein? Darf ich raten, sie weiß nicht was du vor hast?" Finn schüttelte entnervt den Kopf, er drehte sich noch einmal zu der schweren versperrten Türe um. "Du musst auf sie aufpassen Liam! Erklär ihr alles wenn das hier vorbei ist!" Liam ging weiter bis zu seinem Schlafzimmer und deutete Finn hinein zu gehen. Für einen kurzen Moment überlegte er, ob es fair wäre Finn ebenfalls einzusperren und zuerst ohne einen der beiden zu agieren. Im Grunde wusste er aber das niemand bei diesem Plan mitspielen würde. Und Finn wusste das wahrscheinlich auch sonst hätte er ihn auf keinen Fall eingeweiht. Der Kloß in Liams Bauch pochte und verursachte schlimme Schmerzen. Liam dachte an Prüfungen in Mathematik, da hatte er sich das letzte mal annähernd so aufgeregt und beschissen gefühlt. Im Grunde wusste man wie bei einer Prüfung nicht was einem bevor stand, aber man wusste, dass man es auf irgendeine Art und Weise versauen würde.
Liam konnte gerade noch dafür sorgen, dass Finn eine Hose an hatte als Sassy in sein Zimmer stürzte. "Was...", sie hielt sich die Augen zu "ich komme mit so viel Männerliebe einfach nicht zurecht!" Finn verdrehte die Augen, Sassy lies den Spaß auch im selben Moment wieder sein und wurde ernst. "Es sind zu viele!", sie strich sich eine Strähne ihres Haars aus dem Gesicht "Finn es sind einfach zu viele!" Finn hob beruhigend die Hände: "Sie kämpfen nicht für ihn, sie kämpfen aus Angst. Wenn wir ihn zerschlagen wird niemand mehr kämpfen wollen!" Sassys blaue Augen funkelten gefährlich: "Ist das dein Plan? Ist das alles an Plan was wir haben?" Finn grinste und deutete Liam und ihr zu gehen: "Natürlich, vertraut mir einfach! Bring uns jetzt zur Mauer Sassy!" Finn und Liam folgten ihr durch die leeren Straßen, vorbei an den verschlossenen Häusern, auf die Mauer. Dort blickten sie auf tausende Soldaten des Dämonenkönigs, die sie mittlerweile erreicht hatten und ihr Lager vor den eisigen Mauern aufschlugen. Es war schwer einzuschätzen um wie viele es sich genau handelte, aber Liam erinnerte das Lager an eine Ameisenstraße die kein Ende zu nehmen schien.
"Was haben wir vor?", frage Vernon leise, er und Church standen bereits einige Zeit dort oben. Sie hatten den raschen Aufbau des Lagers von Anfang an mitverfolgt. Liam blickte auf die Masse an Kriegern und wusste keine Antwort darauf.
"Da, seht doch, der dunkle Reiter!", Sassy deutete auf den Reiter, der sich aus den Soldaten löste "er kommt zu uns!" Finn nickte, er wusste nur zu gut wer es sein würde. "Church, geh und tu was ich dir gestern befohlen habe!", die türkisen Augen des Prinzen von Elensar legten sich auf den Reiter.
"Es beginnt!", Eva erschrak und lies von der Türe ab die sie, seit man sie einfach hier zurück gelassen hatte, versuchte zu öffnen. Langsam drehte sie sich um und starrte auf den Schatten, der sich hinter ihr aufgebaut hatte. Sie spürte die kälte in der düsteren Stimme, sie jagte ihr einen schlimmeren Schauer über den Rücken als der Dämonenkönig von Argenshire selbst. "Wer bist du?", fragte sie und versuchte ihre Angst zu unterdrücken. "Gibt es noch Hoffnung für Prinz Finn von Elensar?", höhnisch sprach die finstere Stimme weiter "Ist der Tod etwa seine Bestimmung?" Eva versuchte irgendwo in diesem dunklen Schatten ein Gesicht auszumachen, aber sie konnte nicht das geringste in der Finsternis erkennen. Ihr Besucher schien ganz und ganz aus Dunkelheit zu bestehen. "Der Dunkle...", entfuhr es ihr, sie erinnerte sich an die Erzählungen, an das Gefühl nachdem Chrunch das Artefakt gefunden hatte. "Jetzt verstehst du Eva", der Dunkle klatschte langsam ein paar mal in die Hände "und doch bin ich unbeeindruckt! Vom wilden Fuchsgeist von Argenshire habe ich mir mehr erwartet!" Eva drehte sich wieder zu Türe und begann an ihr zu rütteln, sie war fest entschlossen diesem Abbild eines bösen Geistes keine weitere Aufmerksamkeit zu schenken. "Eva, Eva, Eva...", raunte die Stimme des Dunklen "dein Schicksal vermag ich nicht zu deuten. Und damit auch nicht das des kleinen Prinzen! Einer lebt, einer stirbt! Aber wenn der falsche stirbt werden viele Welten brennen!" Eva erstarrte, sie begann zu verstehen was ihr der düstere Besucher sagen wollte. "Sie müssen mich hier raus lassen!", entschlossen hämmerte sie gegen die Türe, in der Hoffnung, dass irgendjemand sie hören würde. "Nur weil du nicht weißt was du bist", flüsterte ihr die verklingende Stimme noch "heißt es nicht das du es nicht beherrschen kannst!" Eva drehte sich um um zu fragen was ihr der dunkle damit sagen wollte, aber das Echo des Bösen war verklungen, die Gestalt aus Schatten verschwunden. Eva lies sich verzweifelt auf das Bett fallen in dem sie in der Nacht noch so friedlich geschlafen hatte. Die Worte des Dunklen ließen sie immer noch schaudern. Eine Art Nachbeben von seiner finsteren Präsenz. Selbst im Tod noch eine Gefahr für jeden, der seine Stimme vernahm. Aber wieso sollte dieser finstere Geselle ihr Antworten schenken. Eva zweifelte an der Aufrichtigkeit der gesprochenen Wörter, aber tief in ihrem Herzen hatte sie das selbe vermutet. Ein Opfer für Argenshire.
"Eva?", Chruch riss die Tür auf, Eva stürmte hoffnungsvoll in seine Richtung, wurde aber sofort wieder in den Raum zurück befördert. Chruch versperrte die Tür nachdem er eingetreten war wieder, zu Evas Schrecken schluckte er dann den Schlüssel hinunter. "Was wird das?", fragte sie erbost und verschränkte die Arme. Church lies sich auf das Bett fallen und zog ein Brot aus der Tasche: "Hab dir was zu essen mit gebracht! Und was das wird? Ich leiste dir Gesellschaft, sieh mich als deinen neuen Leibwächter an!" Eva betrachtete das Brot, sie hatte Hunger, aber ihr Plan hatte nichts mit Essen zu tun: "Füttere doch erst einmal jene, die essen wollen!" Church war verwundert über ihre veränderte Stimme. Sie klang mürrischer, herrischer fast boshafter als er es von ihr gewohnt war. Eva bemerkte seinen Blick zufrieden, sie war immer lieb und unkompliziert gewesen, genau das würde sie jetzt nutzen um ihren Aufpasser aus der Fassung zu bringen. "Du willst also nicht essen, wie schön", Chruch verdrehte die Augen "willst du mir stattdessen erzählen was du mit Finn zwei Tage in Elensar erlebt hast? Ich war noch nie dort!" Eva äffte ihn nach und verdrehte ihrerseits die Augen: "Garnichts werde ich, ihr könnt mich hier nicht einsperren, das ist Folter! Ich werde nichts essen und nichts sprechen, die totale Verweigerung! Bis du mich hier raus lässt oder ich sterbe!"
"Zeig dich, König ohne Krone!", brüllte die irre Stimme von Chrunch am Fuße der eisigen Mauer um Katzus. Vernon verdrehte die Augen, Liam und Finn flüsterten sich irgendetwas zu und er fragte sich ob der Dämonenkönig aufgeben würde. Er schrie seit mehr als einer Stunde nach Finn. Sie alle harrten geduckt hinter dem provisorisch errichteten Sichtschutz aus Blättern und Ästen aus. Niemand schien den Zeitpunkt als Richtig für ein Gespräch mit dem irren Dämon zu erachten. Finn kauerte neben Liam und versuchte seinem Körper das eskalieren zu verbieten. Er wusste das der irre Chrunch nicht aufgeben würde bis er sich gezeigt hatte. Klar war aber auch das er sich nicht als zitterndes Häufchen Elend zur Verteidigung von Katzus präsentieren konnte. Er atmete tief durch, das gefühlt von tiefer Angst verließ ihn allerdings nicht. Als er in den von Wolken verhangenen Himmel schaute war er sich sicher, das üble Mächte am Werk waren. Er hoffte das Chruch seine Aufgabe gut machen würde, aber einen stärkeren Verteidiger hatte er nicht in seinen Reihen. Also musste Chruch seine Aufgabe einfach gut machen. Finn schaute zu Liam, was dieser wahrscheinlich nicht wusste war die Begrenzung seiner Macht. Auf jedem Körper gibt es begrenzt Platz für die Male eines Geistes. Liam würde in diesem Kampf wohl all seine Kraft nutzen, aber sie würde nicht annähernd ausreichen. Er musterte Vernon. Klar, ein Wolf ist so stark wie 10 Männer, aber ein Halbwolf reduziert sich auf 5. Keine guten Aussichten. Finn betrachtete Sassy. Ihm viel auf, dass er sie schon fast so lange wie seine Ziehschwestern kannte. Ein Vampir ist auch stark, aber der dunkle und seine Macht wäre in jedem Fall stärker. Selbst seine alten Schmuckstücke waren in der Lage Königreiche zu stürzen.
"Was ist das?", fragte Liam neben ihm plötzlich. Er streckte die Hand aus und fing etwas. Eine einzelne Schneeflocke. Finn schaute noch einmal in den Himmel, zu der einen Flocke hatten sich viele gesellt. Es begann zu schneien. Finn lächelte: "Das ist ein Hoffnungsschimmer!"