Rating: P12 [CN: Tod]
Nach dem Prompt „Chinesischer Riesensalamander [Jahr des (Holz)Drachen]“ der Gruppe „Crikey!“
Land: Urzeit/Dhubya
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Brivas war ein Pflanzendrache. Eher kleiner als seine Verwandten, wobei er noch immer an die Höhe heranreichte, welche die Büffel viele Jahrtausende später erreichen würden; und er war mit dem flachen Körper und dem glatten Schwanz deutlich länger!
Seine Flügel waren zurückgebildet, wie bei vielen Wasserdrachen. Diese hatten zu der Zeit, als Brivas geboren wurde, ihre Macht bereits eingebüßt. Die Feuerdrachen herrschten nun über den Planeten. Doch Brivas gehörte ohnehin nicht den gewaltigen Drachenkönigen. Er war ein einfacher Wasserdrache, wie sie zu tausenden in Küsten- und Sumpfgebieten lebten. Brivas' Stamm war schon vor einigen Jahren über Flüsse tiefer ins Land des Urkontinents gewandert, wo sie in klaren Gewässern lebten.
Mit sich hatten die großen Salamander Samen und Früchte gebracht, sodass zu beiden Seiten des Wassers nun grüne Vegetation für ihre Untertanen erblühte. Es war eine bescheidene, aber ehrliche Arbeit. Die Pflanzendrachen waren die Bauern der Urzeit, und unter den Dinosauriern, den 'Erddrachen', wie sie sich nannten, galten sie schon beinahe als Verwandte.
Brivas war noch jung, als unsere Geschichte begann. Er begann gerade seine ersten Schritte an Land, wo es seine Aufgabe war, die Pflanzen zu bewachen und notfalls mehr Wasser herbeizuschaffen, um die verwildernden Gärten zu pflegen. Seine größte Sorge waren Herden der Pflanzenfresser, die herbeikommen und alles Grünzeug verschlingen würden, doch seine Eltern erklärten ihm, dass dies ein Teil des natürlichen Kreislaufs sei. Die Pflanzenfresser würden erscheinen, alles kahlfressen, doch wenn sie gingen, würden sie unzählige Samen und Dünger zurücklassen - neue Pflanzen würden wachsen. Weitere würden von den Pflanzenfressern ins Landesinnere getragen werden. Die Pflanzendrachen betrachteten dies mit einem wehmütigen Lächeln. Ihre Kinder würden in der rauen Wildnis, fern der Pflege, um ihr Überleben kämpfen müssen. Wenn sie überlebten, würden sie in einigen Generationen heimkehren, verändert, stärker. Wenn nicht, so gab es immer noch diese Oase, wo die Art überlebte.
Ja, das Leben verlief in ruhigen Bahnen. Der Tod war ein Teil des Lebens, untrennbar damit verknüpft, zu wachsen und zu lernen. Das Schicksal des Einzelnen wog nicht so schwer wie das der Art. Auch Brivas sah sich nur als Rädchen in diesem ewigen Kreislauf, als ein Tropfen, der sich mit unzähligen anderen zum Fluss vereinte. Niemals hätte er sich träumen lassen, etwas Besonderes zu sein. Er strebte nicht danach, aus der Masse herauszustechen. Doch genau das stand ihm bevor.
Ein Befehl zum Vulkanausbruch. Um eine größere Katastrophe zu verhindern, die sich aufgrund der aufgestauten Magma ankündigte, sollte der Vulkan bereits jetzt zur Explosion gebracht werden. Leider lag der Fluss direkt in der Bahn der Lava, die qualmend über das Land kroch. Bestrebt, ihre Samen zu retten, blieben viele Pflanzendrachen zurück, auch der junge Brivas. Er nahm eine Prankvoll Samen der ersten Hölzer und barg sie unter seinen grünbraunen Schuppen vor dem Ende. In dem Wissen, dass Energie nicht verloren ging, akzeptierte er dieses Schicksal.
Übrigens war sein Opfer wirklich nicht umsonst. Denn an der gleichen Stelle erschienen bald die vielfältigsten Pflanzen, welche die Pflanzendrachen begrüßten, die nach dem Vulkanausbruch zurückkehrten. Und auch, als die Drachen verschwanden, blieb Brivas' Erbe bestehen. Nie wieder wurde dieses Land öde und karg.
Millionen Jahre später war das Skelett im Feuerstein eines der ersten, das von den neuen Herren der Erde ausgegraben wurde. Die Erdwesen - Elfen in diesem Fall - erkannten die Knochen des großen Tieres sofort als einen der Drachen, wie sie im nahen Gebirge verehrt wurden. Und wenn eines klar war, dann dass Drachenknochen Magie enthalten mussten!
So wurde das Gebein zerstoßen und in ein feines Pulver verwandelt, das seine Anwendung in allerlei Tinkturen und Zaubertränken fand. Nun besaßen Drachen natürlich Magie, sogar eine ganze Menge davon, die sich auch in ihren Knochen fand - doch diese Macht wurde von ihnen nicht in ihren Körpern gebunkert. Nach ihrem Tod kehrte sie zurück, in Luft, Erde und Wasser, und speiste die Lebenden. So wirkte natürlich keine der Tinkturen und die 'magischen Drachenknochen' wurden bald wieder vergessen. Erst recht, als ein Forscher erschien, der mittels Echomagie das Aussehen von Brivas rekonstruieren konnte. Das war nun keiner der schillernden, majestätischen Edelsteindrachen, welche die Elfen erwartet hatten! Nein, mit seinem breiten Kopf, den kurzen Beinen und dem eher plumpen Körper war Brivas für sie eine Enttäuschung, ahnten sie doch nicht, dass sie einen Erbe jener ersten Wesen vor sich hatten, die damals das Land erobert hatten. Die Stummel der Flügel auf seinem Rücken erschienen eher wie ein Buckel für die unwissenden Blicke der Forscher. Es würde Jahrzehnte dauern - angesichts der bereits verstrichenen Zeit kaum mehr als ein Wimpernschlag - bevor andere Forscher mit neuem Blick die Pflanzendrachen neu bewerteten und eine gewisse Faszination um Brivas entstand, eines der seltenen, gut erhaltenen Fossile, dem glücklicherweise nur einige kleinere Knochen fehlen. Den großen Kopf etwa hatten die Trankmischer nicht gefunden, und er würde später in einem Museum mit leerem Blick ein Fenster in eine längst vergessene, rätselhafte Zeit darstellen.
Die wahre Magie der Knochen wurde übrigens auch noch entdeckt. Sie war, wie alles an Brivas, dazu vorgesehen, seine Mission zu erfüllen. Das Knochenmehl erwies sich als besonders wertvoller Dünger, welcher die Pflanzen sogar vor großer Hitze zu schützen vermochte.