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Nach dem Prompt „Wallace-Flugfrosch [(Tierische) Heißluftballonfahrt]“ der Gruppe „Crikey!“
Zusätzliche Inspiration: Pride Month!
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"Bist du dir sicher, dass das funktioniert?" Nithoos betrachtete den Korb und die bunten Segeltücher skeptisch.
"Vertrau mir." Pawat kletterte über den hüfthohen Rand in den Korb. "Das ist eine melerische Erfindung, denen kann man vertrauen. Ganz anders als bei diesem Mist aus Kivehara."
"Hm ..." Nithoos folgte ihm zögerlicher. Im Korb standen die beiden jungen Elfen nun direkt unter einer Metallkonstruktion, über der das riesige Segeltuch ansetzte. Man konnte eine Öffnung erkennen, viel mehr jedoch nicht.
Pawat sah Nithoos in die Augen. "Vertraue mir", sagte er erneut.
Nithoos nickte zögerlich. Daraufhin nahm Pawat seine Hand und hielt sie hoch. "Nutze deine Macht."
"Und wenn ich das Segeltuch verbrenne?" Der junge Feuermagier war alles andere als begeistert.
"Wirst du nicht."
Nithoos biss sich auf die Lippe, nickte erneut und bewegte die Handfläche. Als er die Finger leicht nach außen dehnte - als wäre die Handinnenfläche eine Blüte, die sich zur Sonne reckt - brach ein dünner Strom aus heißer Luft heraus, nur erkennbar daran, wie sich die Luft dort wellte. Langsam verstärkte Nithoos den Druck.
"Wenn ich die Kontrolle verliere", murmelte er nervös, "wenn ich dem Sog verfalle, dann musst du dich in Sicherheit bringen."
"Das wird nicht passieren." Pawat lächelte zuversichtlich. "Du bist ein großartiger Zauberer."
"Ich bin noch Lehrling!" Aber trotz dieses Protestes zeichnete sich ein Lächeln auf Nithoos' Lippen ab, als das Tuch sich aufzublähen begann. Nach und nach füllte sich, was sich als riesiger Ballon entpuppte, und stieg über sie. Bald standen sie im Schatten eines riesigen, bunten Ovals aus verschiedenen Segeltuchresten.
"Wieso fällt es nicht runter? Ich spüre keine Magie ..."
"Das, mein Freund, ist Wissenschaft." Pawat hatte Nithoos inzwischen losgelassen und betrachtete ihn lächelnd. "Mach noch ein bisschen weiter."
Wenig später stieß Nithoos einen überraschten Schrei aus, als der Korb sich mit einem Ruck bewegte.
"Was ... was passiert hier?"
"Noch etwas mehr Feuer! Keine Angst!" Pawat klammerte sich lachend an den Rand.
Nithoos zögerte nur kurz, dann feuerte er wieder nach oben in die Öffnung. Und schließlich hob der Ballon ab.
Äste kratzten über den geflochtenen Korbrand, der leicht pendelnd schwankte. Dann brachen sie über die Wipfel der Saalbäume.
"Unglaublich!" Nithoos stürmte zum Rand. "Es fliegt. Wir fliegen!"
Pawat grinste, stolz, dass ihm die Überraschung gelungen war.
"Wie kommen wir denn wieder runter?" Nithoos sah ihn mit großen Augen an.
"Entspann dich! Ich habe an alles gedacht. Unter anderem auch an Essen." Pawat zog den Beutel mit Vorräten hervor. "Wir haben ein paar Stunden in der Luft."
⁂
Es lief eigentlich sehr gut. Sie konnten die Aussicht bewundern, Nithoos war mit dem Angebot der Speisen überaus zufrieden und sie redeten die ganze Zeit fast ohne Pause. Das Wetter war herrlich. Es gab nur einen kurzen Schreckmoment: Als nämlich ein Frosch mitten zwischen ihren Trauben landete. Es war glücklicherweise kein giftiger Frosch, sondern einer der gelben, großfüßigen Flugfrösche.
"Tut mir leid. Ich hatte den Korb eigentlich vorher abgesucht. Aber die wohnen alle in den Wipfeln hier", erklärte Pawat hastig, während er den Frosch aus dem Essen pflückte und auf den Korbrand setzte.
"Vorsicht! Was, wenn er fällt?"
Der Frosch stieß sich tatsächlich sofort vom Rand ab und sprang aus dem Korb. Nithoos stürzte erschrocken zum Rand.
"Dem geht es gut. Mit den großen Füßen können sie segeln, er wird also ganz bequem irgendwo landen. Guck, da ist er!" Pawat zeigte dem Magier, wo der Frosch immer kleiner werdend auf den Dschungel zu glitt.
"Puh." Nithoos atmete auf, dann kicherte er. "Die Leute haben also doch recht - du hast immer irgendwelche merkwürdigen Kreaturen um dich herum."
"Ich weiß wirklich nicht, woher sie kommen!", verteidigte sich Pawat.
"Du musst dich nicht rechtfertigen. Ich meinte das nicht negativ." Nithoos lächelte.
"In dem Fall ... ich finde die Tiere einfach faszinierend. Es gibt so viel, das wir von ihnen lernen können, gerade im Gebiet der Flugtechnik ..." Er lehnte die Unterarme auf den Korbrand und sah zum Horizont. Nithoos betrachtete ihn eine Weile, lehnte sich dann neben ihm und sah mit ihm nach vorne.
Ja, es war ein perfekter Tag - bis unvermittelt eines der drei Seile riss, das den Korb am Ballon befestigte. Ohne jede Vorwarnung kippte der Korb zur Seite. Der Ballon wurde von dem Ruck erschüttert, die beiden jungen Elfen hörten Stoff reißen.
"Was ist passiert?", kreischte Nithoos.
"Der Knoten muss sich gelöst haben", vermutete Pawat und stieß einen Schwall Flüche aus, während er nach einem weiteren Beutel tastete, den er bisher nicht geöffnet hatte. Der Ballon verlor nun rapide an Höhe. Die anderen Knoten ächzten und zitterten unter der neuen Belastung.
"Pawat!"
"Hier, zieh das über!" Er warf etwas über Nithoos, das an einen Umhang erinnerte, jedoch Schlaufen für die Arme und Beine hatte. Pawat schlüpfte in ein zweites Tuch der gleichen Art und half Nithoos dann, die Schlingen um die richtigen Knöchel zu legen, sodass das Tuch nicht verknotete.
"Pawaaat!"
Er ergriff Nithoos' Hand. "Vertraust du mir?"
"Wir fallen!"
"Spring!" Pawat riss den Magier mit sich aus dem Korb.
Sie stürzten, jedoch nicht so schnell wie der Korb. Nithoos sah nach unten und schrie auf. Pawat konnte das gut nachvollziehen. Ihm schlug das Herz plötzlich bis zum Hals, als er die Wipfel tief unter sich erblickte. In der Theorie wusste er genau, was zu tun war, aber in der Praxis waren seine Hände fiel schwitziger, der Wind in seinen Ohren viel lauter und ... er hatte ja nicht damit gerechnet, dass der Tag solch eine Wendung nehmen würde!
Trotzdem besann er sich. Er umklammerte Nithoos, bis dieser weniger zappelte, und schrie ihm ins Ohr: "Arme und Beine ausbreiten! Wie ein X!"
Der Magier gehorchte schnell. Vermutlich war sein Mentor einfach ebenso streng wie Pawats Meister. Lehrlinge gehorchten immer auf jedes gebrüllte Wort.
Er ließ Nithoos los und breitete seine eigenen Glieder aus, worauf sich die Flughäute entfalteten. Sie streckten sich an den Seiten und öffneten außerdem stahlverstärkte Flossen an Händen und Füßen, die den Wind fingen und es den stürzenden Elfen ermöglichten, nicht nur schneller zu bremsen, sondern den Sturz auch zu steuern. Pawat legte die Arme kurz an, um sich an Nithoos vorbeifallen zu lassen, dann glitt er unter ihm voraus und suchte nach einer Stelle, wo sie landen können. Ihnen blieben nur wenige hundert Meter, ehe sie sich schließlich in die Krone eines Baumes werfen mussten. Zerkratzt und fast ohne Flughäute kamen sie auf der anderen Seite auf der Erde an.
"Geht es dir gut?", erkundigte sich Pawat besorgt. "Ich habe diese Dinger nach dem Vorbild der Frösche entwickelt. Eigentlich hatte ich gehofft, dass ich sie niemals brauchen würde, aber da ich auch den Ballon noch nicht ganz getestet hatte, dachte ich mir ..." Er hielt inne. "Ich rede zu viel, oder?"
"Ein bisschen vielleicht." Nithoos rieb sich mit schiefem Lächeln das Steißbein. "Du hast mich also in einen unerprobten Ballon mitgenommen, mit unerprobten Hilfsmitteln im Notfall, habe ich das richtig verstanden? Und außerdem hast du die Knoten nicht überprüft?"
"Ich ... also ... ich habe sie überprüft!" Er rieb sich den Nacken. "Vielleicht nicht gut genug."
Nithoos schüttelte mit einem Lächeln den Kopf. "Ich bin nur froh, dass alles so weit funktioniert hat. Und dass du so schnell reagieren konntest!"
"Es tut mir wirklich leid."
"Für das nächste Date machen wir vielleicht etwas weniger Gefährliches."
Pawat hielt die Luft an. "Das ... nächste? Es gibt also noch ein nächstes?"
"Klar, wieso nicht?"
"Das war ein katastrophales erstes Date!"
"Aber auch unvergesslich."