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Nach dem Prompt „Große Achatschnecke“ der Gruppe „Crikey!“
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Die Kindheit in den Plantagen von Narola an der Westküste Castas würde ihnen immer in Erinnerung bleiben. Der kleine Junge wusste damals noch nicht, was das Leben für ihn bereithalten würde. Das Mädchen kannte nichts als die warmen Sommertage zum Spielen. Es schien, dass die Zeit gar nicht verging und manchmal warteten sie mit einer Ungeduld auf das Erwachsenenleben, über die sie später nur die Köpfe schütteln konnten.
Vor der Intrige, bevor der Vater des Jungen starb und er selbst fliehen musste, bevor ihre Freundschaft zerbrach, war das Land noch grün und fruchtbar und sie durchstreiften die Felder zwischen Bananen, Süßkartoffeln und Zuckerrohr. Auf den Feldern suchten sie die großen Achatschnecken, die in den feuchten Gebieten zwischen den Strömen und Wasserfällen gediehen und die Ernte bedrohten. Der Junge und das Mädchen brachten die Schnecken an andere Orte, doch die großen Räuber kehrten immer wieder. Wenn das Essen knapp wurde, sammelten sie die Schnecken für das Abendessen und platzten jedes Mal vor Stolz, wenn es ihre selbsterlegte Beute zu essen gab.
An den Hunger erinnerten sie sich kaum. Noch an die Streitereien, die in einer Katastrophe gipfelten. Für den Jungen und das Mädchen würde ihre Kindheit immer aus endlosen Zuckerrohrfeldern voller großer, bunter Schnecken bestehen, unter einem klaren, sonnigen Himmel, die Wärme auf der Haut, den Sand zwischen den Zehen. Sie suchten, kleine Stöckchen in der Hand, nach der Königin der Schnecken. Ihr Haus sollte von glänzendem Kupfer sein. Mit ihr müsste man verhandeln, um die Invasion der Erntefresser zu vertreiben. Die beiden Kinder spielten einen Krieg gegen die Schnecken, lange, bevor ein echter Krieg ihr Land verbrannte. Bevor die Aufstände alles verdorren ließen und plündernde ehemalige Soldaten jede Hoffnung raubten.
Der Junge war geflohen. Das Mädchen sah all dies geschehen, stumm und hilflos. Das einstige Paradies war fort, es lebte nur noch in ihrer Erinnerung. Bis schließlich, eines Tages, der Junge als Mann zurückkehrte. Er vertrieb die Reste der Besetzer und nahm seinen Hof wieder in Besitz. Das Mädchen war wieder an der Seite seines besten Freundes, nun eine Frau und Kriegerin. Die alternden Intriganten hatten keine Chance.
Nach Jahren streiften sie zwischen trockenen Halmen hindurch, die nicht mehr bis über ihre Köpfe reichten. Das reiche Zirpen der Insekten war verstummt. Nur Reste der Ernte existieren. Die Flüsse waren trockengelegt, nach Versuchen der Besetzer, mehr Wasser zu gewinnen. Dann wurde dieser traurige Anblick noch finsterer, als die Trockenzeit und mit ihr Brände kamen. Rauch hing über dem Land ihrer Kindheit.
Es war nach dem Feuer, als sich die Asche in den Sand setzte und die Flüsse langsam in ihr Bett zurückkehrten, dass sie bei einem ihrer Streifzüge auf die erste Schnecke trafen. Seit Jahren hatte keiner von ihnen eine Achatschnecke gesehen. Es hatte geheißen, dass sie fort wären, für immer.
Doch hier war sie nun, eine große, kupferne Schnecke. Da fiel zum ersten Mal die Anspannung von den beiden Kindern, die erwachsen geworden waren. Sie hießen die 'Königin' in ihrem Reich willkommen. Nie zuvor hatten sie sich so gefreut, eine Schnecke zu sehen. Sie boten ihr das Land als neues Königreich, und es schien, dass die Schnecke annahm.
Einige Jahre später tollten neue Kinder zwischen hohem Zuckerrohr durch ein grünes Paradies, stöberten Achatschnecken in ihren Verstecken auf, verteidigten die Ernte gegen eine Gefahr, die so klein war, so geliebt und vertraut, dass es Lieder über die Rückkehr der Schnecken gab.
Das Land an der Küste wurde wieder, wie es gewesen war, wie ein Kreis, der sich schloss - oder ein Schneckenhaus, das immer rundherum im Kreis läuft.
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Inspiriert vom König der Löwen.