Marks Party schwappte bis auf das Treppenhaus. Der Fahrstuhl spuckte immer wieder Besuchergrüppchen aus und viele gingen erst gar nicht in die Wohnung. Geladene und ungeladene Gäste saßen auf den Stufen der Treppe, quatschten und tranken. Ein stämmiger Kerl mit schwarzem Vollbart hatte eine bereits leer getrunkene Kiste Bier umgedreht, seine Jacke auf ihrer harten Unterseite zusammengefaltet und sich draufgesetzt. Neben der weit offenen Wohnungstür stand der Getränketisch mit Flaschen und Gläsern, Schälchen und Tüten. Jeder konnte sich Getränke und Knabbersachen nehmen, weitergehen, stehen bleiben oder hinein gehen, der Musik lauschen oder zu ihren Klängen tanzen. Zum Straßenfest feierte Mark die Offene Gesellschaft im Sinne des Philosophen Karl Popper mit offenem Haus, offener Party und offener Wohnung.
Mit offenem Schlafzimmer auch. Sex. Ach. Ich rieb mir die Arschbacken, stöhnte. Sex. Nicht zum eigenen Vergnügen. Ich nahm mir zu trinken. Nur einen Orangensaft. S i e trat an den Tisch. Mein Herz klopfte und ich atmete schwer.
Zwischen Getränken und Naschwerk stand ein Sparschwein, zum Schutz vor Diebstahl mit einem Halsband versehen und an ein Tischbein gekettet. Gäste, die von der Hand in den Mund lebten, ließen es klimpern, doch nicht wenige aus Marks illustrem Freundeskreis machten mit diskretem Rascheln auf sich aufmerksam. Helen ließ es rascheln und legte ihre Hand auf meine. »Lass nur. Einer nackten Frau kann man nicht in die Tasche greifen.« Nur an den Arsch fassen. Ich zuckte zusammen. »Hat er dich da rein …« Neckisch zogen Daumen und Zeigefinger des Mackers den Schließmuskel des Mäuschens auseinander. Das Mäuschen konnte nur nicken und spielten die Finger des Mackers wirklich mit seinem Arschloch?
… ahhhh … hhh …
»Das hättest du wohl gern.«
Wirklichkeit und Wunsch.
Der Macker knabberte an der Schulter des Mäuschens.
Das hatte das Mäuschen auch gern.
… um mich herum grienten und grinsten sie … aahh! Zeit meines Lebens war ich ihnen aus dem Weg gegangen. Den Männern. In meine Löcher hatte ich sie gelassen, in mein Leben nicht. Nicht einmal in die Arbeit. Zu viele Freundinnen hatten mir ihr Leid über zu viele schlimme Dinge geklagt … nun war die Falle zugeschnappt. Der Macker massierte die Arschbacken des Mäuschens und das Mäuschen stöhnte wonnig.
Macker und Mäuschen.
Yang und Yin.
☯
Das Aktive und Männliche und das Passive und Weibliche.
Bernd und all die anderen nach ihm und ich, die einen nach dem anderen an sich heran und in sich hinein ließ. Oben und Unten, sie nahmen und ich wurde genommen. Nur hatte die Grenze zwischen Yang und Yin die Form einer doppelten Kurve und im Yin war ein bisschen Yang und im Yang etwas Yin. Am Fachbereich Mathematik war mein Yang und auf meinem Schreibtisch stand ein Foto von David Hilbert und unter ihm stand geschrieben:
Eine Fakultät ist keine Badeanstalt
Mit diesen Worten hatte er sich über die Borniertheit seiner Kollegen ereifert, die keine Frauen an der Universität duldeten.
In mir selbst war ihr Yin, wenn sie sich an mir aufgeilten und es der spröden und introvertierten Mathematikerin so richtig besorgten. In all ihrer Herablassung und Verachtung verbarg sich winzig klein und lustvoll die Vorstellung, sie wären ich. Nur zu oft musste ich mich zum Orgasmus wichsen, damit das gierige Weib im Manne Ruhe gab.
Yin und Yang.
In Harmonie vereint.
In i h r kam der grausame und hinterlistige Mann zum Vorschein, der nie Ruhe fand und immer weiter ging, das Yang im Yin, das weder Gnade noch Rücksicht kannte.
Der Macker legte seine Hände auf die knochigen Hüften seines Mäuschens und stieß seinen Schoß gegen seinen Arsch. »Bumm!« Nur mit Rücksicht auf andere sprach er das schlimme Wort nicht aus. Das Mäuschen verstand es wortlos. Keine Rücksicht. Ohne Gnade. Immer weiter. Alle sahen es und hoben die Augenbrauen bis zur Decke. Keiner sagte etwas. Heute war Straßenfest und wir waren ohne Maske. Der Macker legte das Kinn auf die nackte Schulter des Mäuschens. »… tanzen wir …?«
»… jjahhh …«
Die heiße und schwüle Luft trug den Orientpop aus Marks Anlage bis vor die weit offene Tür. Wir tanzten. Ohne Maske. Das Mäuschen tanzte nackt. Endlich! Sein Leib wiegte und wand sich im schwülheißen Rhythmus schwülheißer Musik, es hob die Arme hoch über den Kopf, ließ die Hüften kreisen und dem Arsch wackeln, wand sich zu einem S, wirbelte herum , wirbelte schnell herum, wirbelte nicht schnell genug herum. Sein Macker ergriff seine Hände und zwang das Mäuschen in die Knie und hob den Fuß, damit es seinen staubigen leichten Sommerschuh küsste, zog es hoch und drehte ihm die Arme auf den Rücken. Wie der blanke Arsch des Mäuschens vor aller Augen gegen den Schoß des Mackers stieß! Einmal … zweimal … dreimal … irre und es war noch irrer, ihm auf den nackten Rücken zu schlagen. Verächtlich schubste der Macker das Mäuschen weg.
Gebraucht.
Weggeworfen?
War es das Ende?
Das Mäuschen kauerte am Boden und sah zum Macker hoch. Der Macker lehnte sich an den Tisch und lachte hell. »… irre geil … ihr hättet sie vorhin sehen sollen .. so einhhh … konnte sie noch nicht wie sie wollte …«
»Nackt, meinst du?« Der rundliche Mann neben dem Macker sah auf das Mäuschen herab.
Der Macker neigte den Kopf, grinste. »Nackt.«
»Viel zu verbergen hat se ja nich, so dünn wie se is.«
»Sie ist schön schlank.« Die Schuhspitze des Mackers strich über die Rippen des Mäuschens. Er trat es nicht. Nicht vor all den Leuten. Der Macker grinste, lebte sein Yang vor dem hilflosen Yin, das vor ihm am Boden kauerte.
»Komm, tanz noch ein bisschen.«
Die Stimme des Mackers erklang weicher und wärmer als gewollt. Seine Lippen blieben leicht geöffnet. Das Yang und das Yin wirbelten durcheinander und es reichte gerade noch, dem rundlichen Mann den Ellenbogen in die Seite zu stoßen. Damit er das Offensichtliche nicht aussprach.
Den Macker machte sein Mäuschen geil!
Der Leib des Mäuschens richtete sich auf. Die Beine streckten sich und der gebeugte Rücken wurde gerade. Das Mäuschen stand, unsicher, eine Hand vor der Scham. Es war nackt und alle sahen es. Alle wussten es. Der Schmollmund verriet es. Jeder wusste, warum es schmollte.
»Du hast es so gewollt.« Härte lag in der Stimme des Mackers. Geilheit auch.
Die Hand des Mäuschens löste sich von der Scham. Hände und Arme hoben sich, getragen von der Musik. Oder trug es die Musik. Musik und Mäuschen wurden eins, füreinander da und voneinander geschaffen, Mäuschen und Musik durchdrangen sich. Yin und Yang, Yang und Yin, eins in Harmonie.
Das Mäuschen tanzte, sein Leib streckte sich hoch und höher, auf Zehenspitzen, so hoch, dass die Fingerspitzen die Decke zu berühren schienen. Langsam, wie in verlangsamter Zeit, t a n z t e es. Die steinharten Zitzen reckten sich empor, der Arsch schwang träge hin und her. Das Mäuschen tanzte und drehte sich langsam im Kreis und drehte sich im Uhrzeigersinn wie der Zeiger einer Uhr und erneut und auch hier oben zu hören, schlug die Uhr im Haus.
… d o n g …
… d o n g ...
… d o n g …
… d o n g …
… d o n g …
… d o n g …
… d o n g …
Langsam drehte sich der Leib des Mäuschens im Sinne des Uhrzeigers, die Arme hoch erhoben, den Kopf träumerisch gen Himmel und den Blick in unendliche Weiten gerichtet. Langsam drehte sich der enge Spalt zwischen den schlanken Schenkeln im Sinne des Uhrzeigers und mehr als einen Uhrzeiger hielt es in seiner Hose nicht länger auf halb Acht.
… d o n g ...
schlug die Uhr im Haus und es war später als gedacht. Schon Acht. Eine schwere Hand legte sich auf die linke Arschbacke des Mäuschens.